Eversberg. Das berüchtigte Drogenhaus in Eversberg bei Meschede sorgt wieder für Wirbel: Generalbundesanwalt in Karlsruhe ordnet Durchsuchung an.
Angeordnet hat den Einsatz die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe: Das Drogenhaus in Eversberg bei Meschede sorgt wieder für Schlagzeilen im Rahmen eines Polizeieinsatzes - diesmal sogar mit deutschlandweiter Bedeutung.
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Was bislang bekannt ist: Die Polizei hat am Dienstagmorgen das Gebäude an der Oststraße durchsucht. Gegen 6 Uhr führten Beamte der Bereitschaftspolizei aus Bielefeld den Einsatz durch. Auch Suchhunde wurden dabei eingesetzt. Das Landeskriminalamt NRW hatte Ermittler vor Ort – die heimische Polizei war nicht an der Durchsuchung in Eversberg beteiligt. Die Federführung bei dem gesamten Einsatz hatte die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe.
Keine Festnahmen
Die Bundesanwaltschaft verfolgt unter anderem den Terrorismus und Straftaten im Bereich des Staatsschutzes sowie Gewalttaten von besonderer Bedeutung.
Allerdings: Die genauen Details der Aktion teilt die Behörde in Karlsruhe auf Anfrage nicht mit: Eine Sprecherin bestätigt die Durchsuchung des Gebäudes, allerdings habe es keine Festnahmen gegeben. In welchem Zusammenhang die Durchsuchung steht, beantwortet die Bundesanwaltschaft nicht: „Darüber erteilen wir keine Auskünfte.“ Wenn keine Festnahmen erfolgten, würden keine Details mitgeteilt - auch aus Ermittlungsgründen nicht.
Von Filmkulisse mit Heiner Lauterbach zum Drogenhaus
Bisher ist das abgewirtschaftete Gebäude als Drogenhaus negativ bekannt geworden: Darin war in der Vergangenheit zufällig eine riesige Drogenplantage entdeckt worden. Hier sind die Stationen:
2014 gibt es eine erste Zwangsversteigerung des Gebäudes: Für 40.000 Euro wird das heruntergekommene Haus verkauft – allerdings zahlt der Ersteigerer nie den Erlös, zu dem er den Zuschlag bekommen hat.
Im Herbst 2014 ist das Haus die Filmkulisse für den Road-Movie „Letzte Ausfahrt Sauerland“ – die Schauspieler Heiner Lauterbach und Friedrich von Thun sind zu Dreharbeiten hier.
Weil es leer steht, bietet es sich mitsamt der Sauerland-Kulisse an: Lauterbach und von Thun müssen unter anderem für eine Szene wieder und wieder auf das Haus zugehen. Ungeplant ist das Glockengeläut im Hintergrund. Die Filmcrew rückt mit Schminkwagen, diversen Transportern und einer Großraumküche an – es gibt Tafelspitz für die Filmcrew.
Vietnamesen kümmern sich um Marihuana-Plantage
Im April 2015: Anwohner meinen in dem Haus Einbrecher wahrgenommen zu haben – sie rufen die Polizei. Die Überraschung: Tatsächlich findet die Polizei darin über 2000 Marihuana-Pflanzen. Das Gebäude ist in ein riesiges Gewächshaus verwandelt worden. Die Polizei bescheinigt nach den Laborergebnissen später: Hier in Eversberg ist Marihuana in bester Qualität angebaut worden. Der Wert im Straßenverkauf: 500.000 Euro.
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Drei Männer werden festgenommen: Ihre Aufgabe ist es gewesen, die Pflanzen zu wässern, zu düngen, die Wärmelampen auszurichten, die Drogen zu ernten und zu verpacken. Für das Wachstum der Drogenpflanzen ist ein subtropisches Klima erforderlich: Dadurch leidet die Substanz des bereits verkommenen Gebäudes nur noch mehr.
Die drei Männer im Alter von 26, 32 und 33 Jahre kommen aus Vietnam. Sie haben in Europa auf eine bessere Zukunft gehofft. Mit Visa sind sie in die Tschechische Republik eingereist und dort für die Gastronomie im Hochsauerlandkreis angeworben worden – tatsächlich kommen sie aber ins Drogenhaus. Tagsüber ziehen sie sich zurück, nachts arbeiten sie. Jeder von ihnen erhält im Oktober 2015 eine Haftstrafe von drei Jahren. Nach Verbüßung der Hälfte der Strafe werden sie nach Vietnam abgeschoben.
Unbekannte Hintermänner
Die Hintermänner bleiben unbekannt: Der Vermieter des Hauses hatte weiter untervermietet.
Möglicherweise ist das Drogenhaus Teil des Netzwerkes einer niederländischen Drogenbande gewesen. Nach der Entdeckung der Marihuana-Plantage kommt noch ein Auto mit niederländischen Kennzeichen nach Eversberg – möglicherweise, um Drogen abzuholen. Ermittelt werden kann nur: Es war ein Mietwagen, die Personalien der Fahrer waren falsch.
Im Mai 2016: Es kommt zur zweiten Zwangsversteigerung, angeordnet von der Stadt Meschede und einer Bausparkasse wegen Schulden. Das Haus ist inzwischen auf einen Verkehrswert von 1 Euro gesunken – trotz 611 Quadratmeter großem Grundstück und 174 Quadratmeter Wohnfläche. Die Justiz selbst beschreibt den Zustand des Hauses als „Gewächshaus“.
Zuschlag nach Dortmund
Viele Migranten sind unter den Interessenten, weil hier zu einem niedrigen Preis die Chance besteht, Hauseigentümer zu werden. Ein Eversberger, der mitbietet und das Haus abreißen möchte und etwas Neues bauen möchte, wird überboten. Zwei Bieter aus Gelsenkirchen und Dortmund, beide mit türkischem Hintergrund, bieten sich gegenseitig hoch. Am Ende erhält eine Immobilien-Verwaltungsgesellschaft aus Dortmund bei 44.500 Euro den Zuschlag. Die Gesellschaft, stellt sich nachher heraus, hat nur eine geringe Eigenkapitalsumme.
Vorkaufsrecht jetzt bei Stadt Meschede
Im Juli 2020: Die Stadt Meschede zieht Konsequenzen aus dem Fall des Drogenhauses. Das Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert, mit Umbauten aus 1967. Es steht nicht unter Denkmalschutz, unterliegt aber an der Oststraße im Bereich der „Denkmalbereichssatzung“ den Bedingungen für Eversbergs historischen Ortskern. Jetzt wird dieses Gebäude ausdrücklich eine Schrottimmobilie genannt (zusammen mit sechs weiteren Gebäuden in Eversberg).
Für die Eversberger Schrottimmobilien erlässt die Stadt eine neue Vorkaufsrechtsatzung: Sie soll verhindern, dass das Drogenhaus nicht mehr zu überhöhten Preisen verkauft werden darf. Die Stadt könnte ihr Vorkaufsrecht künftig zugunsten interessierter privater Investoren ausüben, die – wie im Fall der Zwangsversteigerung 2016 – ernsthaftes Interesse an einer Entwicklung des Grundstückes hätten. Immer muss ein Wohl der Allgemeinheit die Wahrnehmung des Vorkaufsrechtes rechtfertigen.