Meschede. Warum die Siedlungs- und Baugenossenschaft Meschede 2023 keine neuen Projekte angehen wird, auch wenn Wohnungen dringend benötigt werden.
Die Zeiten sind schwierig im Baugewerbe. So schwierig, dass große Immobilienkonzerne wie Vonovia alle Neubauprojekte stoppen. Und das, obwohl Wohnungen dringend benötigt werden. Auch die Siedlungs- und Baugenossenschaft Meschede muss aktuell vorsichtig agieren und stellt klare Forderungen an Bund und Land.
2023 wird nur ein Planungsjahr
„Gestoppt haben wir noch nichts“, erklärt Vorstand Peter Simon. „Doch auch wir merken natürlich, dass alles teurer wird: Grundstückpreise, Materialkosten, Zinsen.“ Dazu kommen die hohen Baustandards und die Auflagen für den Klimaschutz. „Alles in allem eine Situation, aus der es keinen leichten Ausweg gibt.“ 2023 werde daher für die SBG kein Bau- sondern ein Planungsjahr.
Beispiel-Finnentrop-Bamenohl
Beispielsweise in Finnentrop-Bamenohl: Dort wird das Unternehmen zwei Mietshäuser abreißen, weil ein Neubau günstiger wird als die energetische Sanierung im Bestand. Doch dieser Neubau startet jetzt frühestens 2024. „Wir hoffen, dass sich der Markt bis dahin beruhigt.“
Meschede braucht Rinschen Park 2.0
Simon hat auch eine Idee, was Meschede auf Dauer gut gebrauchen könnte: Ein Projekt Rinschen Park 2.0, also innenstadtnahe, barrierearme Wohnungen. „Vielleicht könnte man dann auch das ein oder andere Neubauprojekt streichen, weil Senioren ihre zu große gewordenen Häuser verkaufen, zu uns ziehen und die Häuser für junge Familien frei werden.“
In Schmallenberg baut SBG „Weitblick“ mit 40 Wohnungen
Genau so eine Anlage baut die Genossenschaft aktuell in Schmallenberg: das Projekt „Weitblick“ mit 40 neuen Wohnungen. „Das konnten und wollten wir nicht mehr stoppen“, erklärt Simon. „Dafür waren die Planungen schon zu weit fortgeschritten.“ Spatenstich war 2021, der Bezug soll in diesem Jahr erfolgen. Doch auch das Projekt ist rund 20 Prozent teurer geworden als geplant. Immerhin: Während Vonovia mit Erstellungskosten von rund 5000 Euro pro Quadratmeter rechnet, schafft es die SBG darunter zu bleiben. Und das, obwohl sie die Nachverhandlungen der Handwerker - „der Partner“, wie Simon immer betont - verursacht durch Energiekrise und Ukrainekrieg, zum Großteil akzeptiert hat.
Öffentlich geförderter Wohnungsbau wäre dringend nötig
„Wir wollen deutlich unter 4000 Euro pro Quadratmeter bleiben und gehen weiter davon aus, dass wir mit dem Bezug die Kaltmiete für den Neubau unter acht Euro pro Quadratmeter halten können.“ Doch bei Weitblick handelt es sich nicht um öffentlich geförderten Wohnungsbau. Der wäre aber aktuell angesichts steigender Bevölkerungszahlen und der Unterbringung von Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dringend nötig. Allein in Meschede hatte ein Gutachten zuletzt einen Bedarf von 100 Wohnungen festgestellt.
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„Aber für die Summen, die der Staat bereit ist zu zahlen und bei den Anforderungen, die er gleichzeitig stellt, ist das nicht möglich“, sagt Peter Simon, der gerade von einem Treffen der Wohnungsbaugenossenschaften aus der Region zurückgekehrt ist. „Für eine Miete von 5,90 Euro je Quadratmeter, die aktuell in Meschede erhoben werden darf, können wir nicht bauen.“ Die staatliche Förderung müsse deutlich angepasst werden. Wohnungsbaugesellschaften bräuchten eine verlässliche, zeitgemäße und finanzstarke Förderung.
Bestandswohnungen müssen saniert werden
Denn daneben muss die SBG auch ihre 1800 Bestandswohnungen ertüchtigen. „In Deutschland haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt“, zählt Simon auf: „Bis 2035 sollen Strom und Wärme komplett aus erneuerbaren Energien kommen und bis 2050 wollen wir einen nahezu klimaneutraler Gebäudebestand.“ All’ das koste viel Geld, brauche Partner, Handwerker und Ingenieure, „und geht auch bei uns nicht ohne Anpassung der Mieten“, sagt Simon. Um sogleich zu betonen: „immer sozialverträglich, so dass unsere Mieter, die ja auch Mitglieder der Genossenschaft sind, sich das auch leisten können.“ Bisher jedenfalls habe im Büro der SBG noch niemand darum gebeten, angesichts der Preissteigerungen, die Miete zu stunden. Nur vereinzelt seien Mieter in kleinere, grundsanierte Wohnungen umgezogen.
Mieter sparen 20 Prozent der Gaskosten
Ein Vorteil für die 700 der 1800 genossenschaftlichen Mieter, die in einer Wohnung mit Zentralheizung wohnen, besteht darin, dass die SBG bis Ende 2023 einen Gasliefer-Vertrag mit der Hochsauerland-Energie abgeschlossen hat. Trotzdem profitierten auch diese Mieter bereits von der Dezemberhilfe der Bundesregierung. Peter Simon fürchtet, dass das Problem nur verlagert wird. „Wenn wir im Spätsommer die neuen Ausschreibungen machen, können wir sagen, wie teuer die Heizkosten in Zukunft werden.“
Allerdings haben die 700 SBG-Mieter schon bewiesen, dass sie sparen können. Eine kurze Abfrage beim Kollegen überrascht auch den Vorstand: Die Mieter haben ihren Verbrauch im vergangenen Jahr um rund 20 Prozent reduziert. „Da sind wir jetzt doch einigermaßen stolz, dass unsere Empfehlungen Früchte tragen. Wir haben die Mieter in unserer Genossenschaft erreicht.“
>>> Hintergrund
Die Siedlungs- und Wohnungsbaugenossenschaft (SBG) hält in der Region insgesamt 1786 Wohnungen in 285 Häusern.
Diese verteilen sich auf den ehemaligen Kreis Meschede und umfassen daher die Kommunen Eslohe, Bestwig, Meschede, Schmallenberg und Finnentrop.
Außerdem verwaltet die SBG 134 Wohnungen für fremde Eigentümer, davon 109 Wohnungen nach Wohnungseigentumsgesetz.