Meschede. 3,2 Millionen Euro an Fördergeldern für den Sozialen Wohnungsbau wurden 2019 im HSK nicht abgerufen. Warum, das erklären Vertreter der SBG.

3,2 Millionen Euro standen 2019 im HSK als Fördermittel für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Abgerufen wurde davon - nichts. Und das, obwohl kleine, bezahlbare Wohnungen in der Region fehlen. Ein Erklärungsversuch mit Peter Simon und Josef Lumme von der Siedlungs- und Baugenossenschaft Meschede.

Bezahlbaren Wohnraum schaffen

Gründungsgedanke der Siedlungs- und Baugenossenschaften war es, aus der genossenschaftlichen Idee heraus, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Doch selbst die SBG nutzt heute keine öffentlichen Fördermittel mehr. Der Grund: An eine öffentliche Förderung sind bestimmte Auflagen geknüpft. So dürfen in Meschede Neuvermietungen dann nur maximal 5,35 Euro kosten, die Mieter müssen einen Wohnberechtigungsschein nachweisen und die Vermieter viele Standards einhalten. „All‘ das schränkt unsere Arbeit ein“, erklärt Peter Simon und betont: „Mit 5,35 Euro Miete können wir einen Neubau nicht wirtschaftlich betreiben. Dafür brauchen wir 7,30 bis 7,50 Euro. Denn letztlich müssen wir unsere Tätigkeit ja auch gegenüber den Genossen verantworten.“

Vorstand Josef Lumme (links) und Peter Simon von der Siedlungs- und Baugenossenschaft erklären, warum der öffentlich geförderte Wohnungsbau so zurückgeht. 
Vorstand Josef Lumme (links) und Peter Simon von der Siedlungs- und Baugenossenschaft erklären, warum der öffentlich geförderte Wohnungsbau so zurückgeht.  © Ute Tolksdorf

Nur noch 157 Wohnungen mit Wohnberechtigungsschein

Doch 7,50 Euro Miete ist deutlich zu hoch für den sozialen Wohnungsmarkt. Nur noch 157 Wohnungen hat die SBG, die einen Wohnberechtigungsschein erfordern, von insgesamt 1800. „Früher waren das mal deutlich mehr“, weiß Josef Lumme, Vorstand der SBG. Diese fielen aber nach und nach aus der Förderung. Auch die Zahl der Mieter, die einen solchen Schein erhalten, sinkt. Lumme: Die Löhne sind gestiegen, aber die Einkommensgrenzen nicht angepasst worden.“

Wirtschaftlich gut aufgestellt

Hinzu kommt: Die Siedlungs- und Baugenossenschaft braucht die öffentlichen Kredite nicht. „Wir sind wirtschaftlich gut aufgestellt“, bestätigt Lumme. Und wenn die SBG Geld brauche, erhalte sie das zinsgünstig auch am freien Markt. Geld auf der hohen Kante liegen zu lassen, mache dagegen gar keinen Sinn: „Dann zahlen wir Strafzinsen.“ Für Rinschen Park, einem Wohnprojekt für gemeinschaftliches Wohnen, hatte die SBG nur kurzfristig ein Darlehen über 2,5 Millionen aufgenommen. Lumme: „Das ist bereits zurückgezahlt. „Öffentliche Förderung haben wir da nur als KfW-Mittel für den Ausbau der Energiestandards in Anspruch genommen.“

Keine steuerlichen Vorteile für die Genossenschaft

Ein weiterer Grund: Eine Genossenschaft zahlt keine Steuern. Sie kann daher auch Gewinne aus Mieteinnahmen und Verluste aus Zinszahlungen nicht gegenrechnen. „Für Private rechnet sich dagegen die Inanspruchnahme öffentlicher Fördergelder.“

Trotzdem ist der Bedarf nach bezahlbaren Wohnungen vorhanden, aber viele Menschen seien auch bereit, mehr zu zahlen, wenn das Umfeld stimmt. Der Rinschen Park, ein SBG-Mietshaus, in dem gemeinschaftliches Wohnen und gegenseitige Hilfe gewollt und gefördert und lebenslanges Wohnen garantiert wird, stehen 35 Interessenten auf der Warteliste, bei 44 Wohnungen. Hier kostet die Grundmiete 7,50 Euro.

Folge des demografischen Wandels

„Bis in die 70er-Jahre haben wir vor allem preisgünstig gebaut“, berichtet Josef Lumme. „Wir stellen aber heute fest, dass die Mieter mehr Qualität erwarten.“ Die SBG biete in ihren 1800 Wohnungen eine bunte Mischung. „Wir haben zurzeit eine Durchschnittsmiete von 4,87 Euro ohne Nebenkostenanteile. Aber auch Mieter, die erklären: Acht Euro Kaltmiete zu zahlen, fällt mir nicht schwer“, sagt er und schiebt nach: „Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass das Wohnen im Esloher Kurhaus oder im Rinschen Park so beliebt ist.“ Für ihn auch ein Zeichen des demografischen Wandels.

>>>Hintergrund

Insgesamt ist die Zahl der erteilten Wohnberechtigungen pro Haushalt in Meschede rückläufig.

2019 gab es 53 Familien und Einzelpersonen, die von der Stadt einen Wohnberechtigungsschein erhalten haben. 2009 waren es noch 77.

Die öffentlich geförderten Mietwohnungen sind in Meschede entweder planmäßig nach Ablauf der Förderfrist zurückgezahlt worden oder aber vorzeitig vollständig abgelöst worden. Bei der vorzeitigen Rückzahlung sind die Mietwohnungen noch zehn Jahre in der Bindung, das heißt ein Wohnberechtigungsschein muss vorliegen.

Danach sind die Wohnungen wie frei finanzierte Wohnungen zu handhaben. Der Vermieter kann die Miete erhöhen und die Wohnung an jede Person vermieten, die sie nehmen möchten.

Auch in denNachbarkreisen verzichten Investoren auf Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau: Der Kreis Olpe hat 2019 2,3 Mio Euro nicht abgerufen. Hagen hätte 3,8 Mio abrufen können. Im Märkischer Kreis standen 5,2 Mio Euro bereit.

Allein der Kreis Siegen-Wittgenstein hat Fördergelder im Jahr 2019 in Anspruch genommen - von 8,3 Millionen, 460.000 Euro - sechs Prozent.