Meschede. Wie Metzger, Bäcker und Schlemmerstübchen in Meschede auf das Mehrweggesetz reagieren: mit Pfand-Geschirr, Bio-Schalen und eigenen Behältern.
Ein neues Jahr, ein neues Gesetz: Wer Essen zum Mitnehmen verkauft, muss seit Januar die Produkte sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen anbieten oder aber den Kunden ermöglichen, sie in eigenen Dosen mitzunehmen. Was Mescheder Betriebe davon halten.
Fleischerei Brüggemann
Für Franz Brüggemann ist das nichts Neues: Vor Jahrzehnten begann der Fleischermeister Wurst und Fleischwaren sowie die Angebote aus dem Mittagstisch in mitgebrachte Gefäße oder Mehrwegverpackungen zu füllen. „Doch mit Corona war das alles verboten“, sagt er. Schon vor etwa 30 Jahren habe er dafür extra Porzellan-Behälter mit Silikon-Deckeln angeschafft und sie seinen Stammkunden gegen Pfand angeboten. „Das schmeckt doch auch viel besser als aus einem Plastik-Topf“, ist der Seniorchef der gleichnamigen Fleischerei überzeugt.
Manch einer habe das aber abgelehnt, „weil man die Behälter ja spülen muss.“ Trotzdem sind die Schalen jetzt wieder im Angebot, „seit Oktober schon, als die ersten Informationen dazu herauskamen“. Dazu gibt es - auch das schon seit vielen Jahren - eingekochte Fertiggerichte in Pfandgläsern. Mittlerweile ist das Angebot auf 50 Gerichte angewachsen. „Auch diese Gläser nehmen wir natürlich zurück.“
Das alles funktioniere gut, koste aber Zeit, sagt der Fleischermeister. Ein mitgebrachtes Gefäß müsse hinter der Theke aus hygienischen Gründen aufs eigene Tablett und blockiere erstmal die Waage. Mehrweg-Gefäße müssten doppelt gespült werden: „erst beim Kunden und dann bei uns“. Er sei nicht sicher, ob das alles unbedingt umweltfreundlicher sei als recyclingfähige Plastikverpackungen.
Fleischerei Lehnhäuser
Sein Kollege Klaus Lehnhäuser wird kein eigenes Mehrwegsystem anbieten. Er muss es auch nicht, da sein Geschäft mit weniger als fünf Vollzeitmitarbeitern zu klein ist. „Ich habe mich beim Ordnungsamt erkundigt, das für die Kontrolle zuständig ist.“ Dort erklärte man Lehnhäuser, er müsse nur einen Info-Zettel anbringen, aus dem hervorgeht, dass er auch mitgebrachte Behälter befüllt. Das ist mittlerweile geschehen.
Und auch für den Metzer in der Ruhrstraße ist Müllvermeidung bei Verpackungen nichts Neues. „Bis die Corona-Pandemie begann, haben wir das immer gemacht“, sagt er. Er habe bei der Übernahme des Geschäfts 2001 sogar überlegt, ein eigenes Mehrwegsystem einzuführen. „Aber dafür hätte ich eine eigene Ausgabestelle oder einen Pfandautomaten einrichten müssen.“ Er selbst hält es für sinnvoll, wenn wieder jeder sein eigenes Gefäß mitbringen kann. „Die Idee ist doch praktisch und es spülen sowieso zu Hause alle sauber mit der Spülmaschine.“
Brasserie „Herz über Kopf“
In der Brasserie „Herz über Kopf“ ist die letzte Entscheidung noch nicht gefallen. „Wir befüllen natürlich mitgebrachte Gefäße“, sagt Iris Schürmann, „und es gibt auch schon Kunden, die sich hier regelmäßig mittags eine Suppe in der eigenen Dose holen.“
Sie überlegt aber auch, sich dem Recup-System anzuschließen.“ Gegen Pfand werden darüber Becher, Suppentassen und Teller aus Kunststoff ausgegeben. „Man zahlt natürlich dann auch noch mal für die Organisation.“ Aktuell verpackt sie im „Herz über Kopf“ Brote in Papier und Suppen in recycelbaren Kunststoff-Behältern.
Raiffeisen-Tankstelle Meschede
Das Recup-System hat aber in Meschede schon einen anderen, langjährigen Abnehmer: die Raiffeisentankstelle an der Warsteiner Straße. „Vor drei Jahren haben wir damit angefangen“, erklärt Tankstellenbetreiber Ingo Brunert. Damals sei das System beim Tanknetzwerk Deutschland vorgestellt worden. „Ich fand das eine gute Idee, um Müll zu vermeiden.“ 1 Euro Pfand zahlt man für den Becher und 1,30 Euro für den Deckel. „Die meisten tauschen nicht, sondern bringen ihren Becher mit und lassen ihn wieder befüllen. Und das geht eben in Meschede wie in Bielefeld.“
Bäckerei Franzes
Die Bäckerei Franzes hat sich für ein System des Anbieters „Meerwert-Becher“ entschieden. Das System funktioniert ähnlich wie das Recup-System. Bei Franzes läuft es seit November. Einen Euro Pfand zahlen Nutzer für den Becher ohne Deckel. Wer seinen Becher abgibt, erhält einen neuen Becher, den er befüllen lassen kann, erklärt Mitarbeiterin Cornelia Wrede-Kotthoff. Der Aufwand sei überschaubar.
Das Schlemmerstübchen
Von der Entwicklung und dem neuen Gesetz gar nicht begeistert, ist Ana Marques vom Schlemmerstübchen. Noch wisse sie nicht genau, ob und wie sie überhaupt betroffen sei. „Man muss den Eindruck gewinnen, dass die Politiker nichts Besseres zu tun haben, als sich solche Gesetze auszudenken“, sagt sie. 2019 schon habe sie auf ökologisch abbaubare Schälchen umgestellt. „Das ist alles sehr teuer.“ Und natürlich befülle sie auch mitgebrachte Behälter. „Erst gestern kam ein junger Kerl, der eine doppelte Portion Bratkartoffeln wollte. Die habe ich ihm dann in seine Dose gefüllt.“ Wer das wolle, könne es natürlich haben, „aber ich bezweifle, dass viele Kunden das mitmachen.“
Hintergrund
Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs verkaufen, sind ab 2023 verpflichtet, ihre Produkte sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Außerdem müssen für alle Angebotsgrößen eines To-go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen, die Mehrwegverpackung darf nicht zu schlechteren Bedingungen angeboten werden als die Einwegverpackung. Es ist erlaubt, ein Pfand zu erheben.
Von der Pflicht ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse, Spätkauf-Läden und Kioske, in denen insgesamt fünf Beschäftigte oder weniger arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Diese Betriebe müssen jedoch ihren Kundinnen und Kunden ermöglichen, eigene, mitgebrachte Mehrwegbehältnisse befüllen zu lassen.
Ketten, wie zum Beispiel Bahnhofsbäckereien, können von der Ausnahme für kleine Unternehmen keinen Gebrauch machen, auch wenn die Verkaufsfläche der einzelnen Verkaufsstellen kleiner als 80 Quadratmeter ist. Wenn im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten, gilt die Ausnahme für sie nicht.