Bestwig. Der Bestwiger Gemeinderat hat entschieden, wie es in der Gemeinde mit der Windkraft weitergehen soll. Was nun geplant ist.

Knapp eine Stunde hat sich der Bestwiger Gemeinderat jetzt erneut mit dem Thema Windkraft befasst. Dabei hat Michael Ahn vom Planungsbüro Wolters und Partner sehr deutlich gemacht, wie massiv sich die Gesetzeslage in kürzester Zeit einmal mehr verändert hat. Inzwischen gehe es weniger um Klimaschutz als vielmehr schlicht und ergreifend um die schnellstmögliche Wiederherstellung der Energiesouveränität des Landes, so Ahn. Daher drücke der Gesetzgeber aufs Tempo.

Und Beschleunigung bedeute, dass man Ballast abwerfe. Als ein Ballast, das müsse man in aller Deutlichkeit sagen, seien in diesem Zusammenhang die Kommunen erkannt worden. Die kommunale Steuerungsplanung sei als eines der wesentlichen Hindernisse identifiziert worden, wenn es darum gehe, die landes- und bundesweit gesetzten Flächenziele für die Windkraft zu erreichen, so Ahn.

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Daher komme man jetzt mit der großen Keule – mit dem Wechsel des Planungsträgers. Denn: Künftig werden nicht mehr die Kommunen zuständig sein, sondern die Bezirksregierung. Diese Entmachtung der Kommunen sei in der Rechtsgeschichte vergleichsweise einmalig, betonte Ahn. Immerhin: Die kommunale Planungshoheit werde, so könne er versichern, wieder hergestellt, sobald die Bezirksregierung ihre Pflicht erfüllt und das Flächenziel für die Errichtung von Windkraftanlagen erreicht habe.

Übergangsregelung möglich

Trotz geänderter Vorzeichen kann und will die Gemeinde Bestwig weiterhin an der Änderung ihres Flächennutzungsplans arbeiten und so die Möglichkeit einer Übergangsregelung nutzen - auch, wenn sie bis 2027 zeitlich befristet ist und dafür ordentlich aufs Tempo gedrückt werden muss. Denn: Spätestens zum 1. Februar 2024 muss der neue Flächennutzungsplan, mit dem die Gemeinde dann immerhin bis 2027 die Windkraft steuern kann, genehmigt und wirksam sein. Gegen die Stimmen der Grünen hat der Rat entschieden, den bislang beschrittenen Windkraft-Weg vorerst weiterzugehen und den Flächennutzungsplan zu ändern.

„Das kann man machen“, so Ahn als Windkraft-Experte. Allerdings müsse man sich dabei einiger Fakten und Umstände bewusst sein. Wichtig sei es zum einen, die Tabukriterien auf ein „klagefestes Minimum“ zu reduzieren. Ferner untermauerte er in diesem Zusammenhang noch einmal, dass die Wirksamkeit bis 2027 zeitlich befristet ist und man müsse akzeptieren, dass bei entsprechendem Gegenwind - und der sei in der Region nicht untypisch - der Zeitplan möglicherweise nicht zu halten sein.

Zudem müsse man akzeptieren, dass im Laufe der Planung die rechtliche Basis für einen 1000-Meter-Vorsorgeabstand aufgehoben werden kann und man müsse es für politisch opportun halten, in diesen Zeiten Windkraftvorhaben mit dem Mittel der Zurückstellung weiter zu verhindern.

Mit einem offenen Plan ins Verfahren

Entsprechend lautete Ahns Empfehlung mit einem „extrem offenen Plan“ ins Verfahren zu gehen, den Umfang und die Intensität der Stellungnahmen abzuwarten und das Verfahren abzubrechen, wenn erkennbar sei, dass die Wirksamkeit des Flächennutzungsplanes bis zum Februar 2024 nicht zu erreichen ist.

Von einer Aufhebung des Verfahrens riet Ahn auf Nachfrage der Grünen ausdrücklich ab. Zumindest zum aktuellen Zeitpunkt. Eine Aufhebung des Verfahrens empfehle er erst dann, wenn das in Aussicht stehende Bürgerenergiegesetz in Kraft getreten sei. Das sei zwar im Koalitionsvertrag bereits sehr exakt beschrieben, allerdings gebe es immer noch keinen Entwurf. „So lange es dieses Bürgerenergiegesetz nicht gibt, gibt es Investmentfirmen, die in die Windkraft investieren, und sich dabei einen Teufel um die Bürgerschaft scheren“, fand Ahn deutliche Worte. Ohne ein solches Bürgerenergiegesetz habe die Kommune keine rechtliche Grundlage, lediglich Vorhaben örtlicher Land- und Forstwirte bzw. örtlicher Investoren zu unterstützen oder auswärtigen Investoren zur Auflage zu machen, die Gemeinde und ihre Bürger mitzunehmen.

Akzeptanz der Bürger im Blick behalten

Wichtig, das betonte SPD-Fraktionschef Paul Theo Sommer, sei es bei aller Eile, die nun geboten sei, um bis Februar 2024 eine rechtsgültige Änderung des Flächennutzungsplanes hinzubekommen, auch die Akzeptanz der Bevölkerung im Blick zu behalten. „Wenn wir schon den Arnsberger Wald für die Windkraft freigeben, können wir nicht die ganze Gemeinde mit Windrädern zupflastern“, so Sommer. Um die Akzeptanz der Bürger machte sich Ahn allerdings weniger große Sorgen.

Er habe festgestellt, dass in der Bürgerschaft mit Blick auf die Strom- und Gasrechnungen ein starkes Umdenken stattgefunden habe. Und ebenso habe er festgestellt, dass es in Regionen, in der jedes Windrad gemeinsam mit den Anwohnern gebaut werde, so gut wie keinen Widerstand gebe. „Sobald eine Teilhabe möglich ist, hat man die Akzeptanz deutlich gesteigert“, so Ahn. Erzwungen werden könne sie aber eben erst durch das Bürgerenergiegesetz.


  • Verzichten wird die Gemeinde zum Einstieg ins Verfahren vorerst auf folgende Tabukriterien: Waldflächen mit Erholungsfunktion Stufe 1, Klimaschutz- und Lärmschutzfunktion; Waldflächen im Biotopkataster; Laubwaldbestände; Wasserschutzgebiete II sowie ungenutzte aber mit Flächennutzungsplan gewerbliche Bauflächen.