Meschede. Machen Sternsinger schwarze Menschen verächtlich, wenn sie sich das Gesicht anmalen? So ordnen Mescheder die Diskussion ums Blackfacing ein.

In den nächsten Tagen ziehen die Sternsinger wieder durch die Straßen Meschedes und sammeln für Kinder in aller Welt. Nach zwei Coronajahren ist das wieder ohne größere Einschränkungen möglich, auch wenn manche Kirchengemeinde noch rät, die Kinder nicht in die Wohnung zu bitten. Eine andere Diskussion erhitzt überregional die Gemüter: das schwarze Anmalen eines Kindes, das so genannte Blackfacing. Wie weit das auch die Menschen vor Ort betrifft, berichten Verantwortliche.

Stephanie Kaiser begleitet als Mutter die Sternsinger.
Stephanie Kaiser begleitet als Mutter die Sternsinger. © Privat

Früher war das Anmalen Pflicht

Traditionell gibt es bei den „Weisen aus dem Morgenland“ immer ein Kind, das sich schwarz anmalt, um so den afrikanischen Kontinent zu symbolisieren. „Als ich noch selbst als Sternsinger in Neheim mitgegangen bin, war das Pflicht“, berichtet Stephanie Kaiser. Die Gemeindereferentin begleitet die Aktion nicht beruflich, wohl aber als Mutter. Auch Anne Ungemach, die die Sternsinger-Aktion in St. Walburga organisiert und selbst als Kind in Mariä Himmelfahrt und St. Franziskus mitging, erinnert sich daran. „Meist musste eine Münze geworfen werden, weil es keiner wollte - oder alle.“

Die Sternsinger aus Remblinghausen im vergangenen Jahr.
Die Sternsinger aus Remblinghausen im vergangenen Jahr.

Kritik des Kindermissionswerkes

Kritiker, darunter auch das Kindermissionswerk als Träger der Aktion, raten vom Schwarzschminken ab: „Wir wissen, dass die Gleichung von Hautfarbe und Herkunft nicht aufgeht. Wenn ein Mensch schwarz ist, bedeutet das eben nicht automatisch, dass er aus Afrika kommt“. Blackfacing, also das Verächtlichmachen von Menschen mit schwarzer Hautfarbe, sei das Schminken jedoch nicht, betonen die Verantwortlichen. „Trotzdem bringen es viele Menschen damit in Verbindung und es ist für sie störend oder verletzend.“

Pfarrer Michael Schmitt verweist auf die Tradition, die aus der kunst entstanden ist.
Pfarrer Michael Schmitt verweist auf die Tradition, die aus der kunst entstanden ist. © Privat

Das sagt Pfarrer Michael Schmitt

Pfarrer Michael Schmitt, der Leiter des Pastoralen Raumes Meschede-Bestwig, kann die Diskussion nicht ganz verstehen. Klar stellt er: „Jedes Kind soll kommen, wie es will und jede Form von Rassismus ist nicht in Ordnung.“ Aber man müsse auch beachten, wo die Tradition herkomme: „Ab dem 15. Jahrhundert wollte man so in der Kunst darstellen, dass alle drei bekannten Erdteile, übrigens auch die drei Lebensalter, sich an der Krippe versammeln.“ Alle seien in königlicher Würde dargestellt. „Das ist doch genau das Gegenteil von Ausgrenzung und Rassismus.“

Tradition wird seltener - Vielfalt nimmt zu

In den vergangenen Jahren, so haben es beide Mescheder Mütter beobachtet, wird die Tradition seltener. Das zeigen auch die Sternsinger-Fotos in unserer Zeitung aus den vergangenen Jahren. Höchstens zwei bis drei Kinder sind noch schwarz angemalt. „Vielfalt erleben sie doch alle täglich in der Schule“, sagt Anne Ungemach. „Für die meisten ist das gar kein Thema.“

In der Vorbesprechung in Mariä Himmelfahrt hätten die Organisatorinnen betont, dass es keine Pflicht zum Schminken gebe, dass sie es auch begrüßen würden, wenn es nicht gemacht würde, dass aber jeder frei in seiner Entscheidung sei, berichtet Stephanie Kaiser.

Wie das Missionswerk setzen die Mescheder auf Vielfalt: „Wir wünschen uns, dass alle am besten so zum Sternsingen kommen sollten, wie sie sind: vielfältig in ihrem Aussehen“, sagt Anne Ungemach.

Thaksan Sothinathan aus Meschede.
Thaksan Sothinathan aus Meschede. © Darius Ramazani

Echte Vielfalt abbilden

Thaksan Sothinathan ist Mescheder, Hindu und schwarz. „POC - People of Color“, wie er selbst sagt. Der 30-Jährige war zwar selbst kein Sternsinger, besuchte aber das katholische Gymnasium der Benediktiner. „Ich bin sogar mal gefragt worden, ob ich als Sternsinger mitgehen wollte, das passte aber zeitlich nicht.“

Den Segensspruch aufschreiben zu lassen und zu spenden - das sei dagegen für seine Familie normal gewesen. Wie steht er zum Schminken der Sternsinger? „Ich finde es wichtig, dass man sich zumindest bemüht hat, die Vielfalt abzubilden. So wie ich damals ja auch gefragt wurde.“ Wenn sich dann immer noch niemand findet, sieht er es als mögliche Alternative - nicht als bevorzugte Lösung, „jedoch steht das Abbilden der Diversität für mich an oberster Stelle.“

Christopher König, Referent für Jugend und Familie im Dekanat Hochsauerland-Mitte hofft auf spannende DIskussionen.
Christopher König, Referent für Jugend und Familie im Dekanat Hochsauerland-Mitte hofft auf spannende DIskussionen. © Privat

Spannende Diskussion in den Gemeinden

Christopher König, Dekanatsreferent für Familie und Jugend, will da den Verantwortlichen keine Vorgaben machen. „Das soll die Gemeinde vor Ort entscheiden.“ Er findet, das biete Anlass für eine spannende und sehr praktische Diskussion, wie jede Gemeinde sich darstellen wolle: „Sind wir eher traditionell und autoritär oder modern und achtsam? Nehmen Rücksicht auf Gefühle, selbst wenn wir in unserer Gruppe aktuell niemanden wahrnehmen, den das Schwarzmalen ärgert oder verletzt.“ Schließlich sei das auch ein Auftrag Jesu: Auf die Schwachen zu achten, auf die, die nicht gehört würden.

Zahl der Sternsinger geht zurück

Viel mehr als das Schwarzmalen belastet manche Gemeinde die Sorge, dass sich nur schwer Kinder finden, die den Segen spenden wollen. In St. Walburga können nicht alle Bezirke besetzt werden, so dass Spenden auch in den Gottesdiensten und an einem Stand in der Kirche möglich sind. Es fehle an Unterstützung durch die Eltern, ist Anne Ungemach überzeugt. Denn dass die Aktion bei Kindern beliebt ist, davon sind alle Beteiligten überzeugt. „Kinder lieben es, sich zu verkleiden und so Geld für andere Kinder zu sammeln, denen es schlechter geht als ihnen. Das ist für alle ein großer Spaß“, sagt Stephanie Kaiser.

Anne Ungemach kümmert sich um die Sternsinger in St. Walburga.
Anne Ungemach kümmert sich um die Sternsinger in St. Walburga. © WP | Privat

Dabei würden die Gruppen längst nicht mehr überall mit offenen Armen empfangen. „Und das hat nichts mit Hautfarbe oder Religion zu tun“, betont die Mutter, die auch erlebte, wie ihren Kindern im vergangenen Jahr die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. „Es gab muslimische Haushalte, die zwar den Segen „Christus mansionem benedicat - Christus segne dieses Haus“ nicht auf ihren Türen geschrieben haben wollten, aber gern für die Aktion gespendet haben.“

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Hintergrund

In diesem Jahr soll der Ertrag der Sternsinger-Aktion nach Südostasien gehen. „Unter dem Motto Kinder stärken, Kinder schützen – in Indonesien und weltweit steht der Kinderschutz im Fokus der Aktion. Im Coronajahr 2022 haben die Sternsinger deutschlandweit mehr als 38 Millionen Euro gesammelt. Der Spendenschwerpunkt war da die Gesundheitsversorgung von Kindern in Afrika.

Ein Bild der Sternsinger in St. Walburga aus dem Jahr 2019 - damals engagierten sich rund 60 Kinder. Schwarz angemalt waren da schon nur wenige.
Ein Bild der Sternsinger in St. Walburga aus dem Jahr 2019 - damals engagierten sich rund 60 Kinder. Schwarz angemalt waren da schon nur wenige. © Privat