Meschede. In der Notfallambulanz am Walburga-Krankenhaus in Meschede brennt noch Licht, wenn’s ansonsten dunkel ist. Welchen Notfällen dort geholfen wird.

Wenn nachts in ganz Meschede die Lichter ausgehen, dann bleibt es hier hell. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, stehen in der Notfallambulanz am St.-Walburga-Krankenhaus Pflegekräfte für Patienten bereit. Was dort Probleme bereitet und warum trotzdem niemand weggeschickt wird, berichten Iris Lücke, die stellvertretende pflegerische Leitung, und Leiter Dr. Detlef Drüppel für unsere Adventsserie zum Thema Licht.

Wenn der Notdienst der Haus- und Fachärzte endet

In der Notfallambulanz am St.-Walburga-Krankenhaus werden Patienten auch dann noch versorgt, wenn sich der Notdienst der Haus- und Fachärzte um 22 Uhr aus dem Präsenzdienst verabschiedet hat. Ab 16 Uhr werden am Krankenhaus chirurgische und internistische Notfälle in der Notfallambulanz im Erdgeschoss gemeinsam versorgt. Zwei Pflegekräfte und je ein chirurgischer und ein internistischer Assistenzarzt sind dann vor Ort. „Ein Oberarzt hat dazu Hintergrunddienst“, erklärt Detlef Drüppel, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie. Patienten mit diffusen Bauch- und Brustschmerzen, Gallenkoliken, Knochenbrüchen, Atemnot und anderen Symptomen stellen sich dort vor.

Dr. Detlef Drüppel und Iris Lücke in einem der Behandlungsräume der Notfallambulanz. Nur für die Aufnahme haben beide Mitarbeiter des Klinikums die ansonsten verpflichtende  FFP2-Maske abgesetzt. 
Dr. Detlef Drüppel und Iris Lücke in einem der Behandlungsräume der Notfallambulanz. Nur für die Aufnahme haben beide Mitarbeiter des Klinikums die ansonsten verpflichtende  FFP2-Maske abgesetzt.  © WP | Ute Tolksdorf

Triage ist Tagesgeschäft

Die Triage, die Behandlung der Patienten nach der Schwere ihrer Erkrankungen, ist Tagesgeschäft. „Hier geht es nicht nach der Reihenfolge des Eintreffens“, sagt Drüppel. Und wer nur leicht verletzt oder erkrankt ist, muss eben schon mal warten. „Dabei bemühen wir uns aber immer allen gerecht zu werden“, betont Iris Lücke. Auch wenn es schon mal schwerfalle, wenn ein Patient um 24 Uhr erklärt, er habe schon seit Wochen Rückenschmerzen, brauche aber gerade jetzt ein verschreibungspflichtiges Schmerzmittel. „Da können wir auch gar nicht helfen“, erklärt die Kranken- und Gesundheitspflegerin, denn Medikamente verschreiben, darf die Notfallambulanz nicht. Andere geben bei bester Laune freimütig zu, dass sie nachts kommen, weil sie hoffen, dass sie dann nicht so lange warten müssen. Da könne man schon mal sauer werden, so Drüppel. Denn das sei schließlich nicht der Sinn einer Notfallambulanz.

Personell am Limit

Treffen viele solcher nächtlichen Fälle gleichzeitig ein, kann dies auch die Notfallambulanz personell an ihre Grenzen bringen. „Die Tagdienste sind immer noch gut zu besetzen“, sagt Drüppel. „Probleme bereiten die Nächte und die Wochenenden. Diese Dienste sind unbeliebt.“ Er selbst, so schätzt er auf Nachfrage, werde neben den regulären Diensten alle zwei bis drei Wochen aus dem freien Wochenende oder dem Feierabend geholt.

 Durch diese Tür gelangt man in die Unfallchirurgische Ambulanz im Walburga-Krankenhaus in Meschede.
Durch diese Tür gelangt man in die Unfallchirurgische Ambulanz im Walburga-Krankenhaus in Meschede. © Ilka Trudewind

„Nächstes Jahr kommt zudem ein neues Arbeitszeitgesetz“, sagt der Chefarzt, „dann dürfen Ärzte nur noch maximal vier Dienste machen, es sei denn sie erklären sich freiwillig bereit, mehr zu leisten.“ Drüppel lobt sein engagiertes Team ausdrücklich: „Ich bin froh, dass ich es habe!“ Aber es sei schwer, junge Ärzte zu finden. Es werde in Deutschland einfach zu wenig ausgebildet „und die verbliebenen sind oft nicht bereit, zu diesen Bedingungen zu arbeiten.“ Der Chefarzt erinnert sich gut an das Blitzeis Silvester 2019. „Da haben wir bis zum Neujahrsmorgen um 2 Uhr im OP gestanden.“

Ausgebrannt auch durch Corona

Der Fachkräftemangel begleitet das Krankenhaus, auch wenn das Klinikum Hochsauerland laut Pressesprecher Richard Bornkeßel die Gesamtzahl der Vollbeschäftigten im Pflegedienst seit 2018 fast verdoppelt hat. „Wir hatten durch Corona schwere Zeiten“, weiß der Chirurg. Hohe Infektionszahlen auch unter den Mitarbeitern sorgten dafür, dass Dienste schwer zu planen waren und die verbliebenen Ärzte und Pflegekräfte einspringen mussten. Kollegen seien auch deswegen abgewandert.

Regionales Traumazentrum am St.-Walburga-Krankenhaus

Rund 15.000 Patientenkontakte hat die Notfallambulanz im Jahr. Vom Kind, das vom Rad gestürzt ist, bis zum Senior, der Anzeichen eines Herzinfarktes zeigt. Und sie kommen lange nicht nur aus Meschede, „aus Winterberg, Warstein, Olsberg und Brilon bis nach Sundern“, erklärt Drüppel. „Und wenn sich die Kollegen aus Arnsberg beispielsweise für den Schockraum abgemeldet haben, fahren die Rettungswagen uns an.“ Dafür gibt es am Schederweg dann ein medizinisches Expertenteam bestehend aus einem Anästhesisten, einem chirurgischen und einem internistischen Assistenzarzt und dem diensthabenden Oberarzt, einer OP-Schwester, einer Röntgenassistentin und einem Pfleger aus der Ambulanz. Das Team kommt bei Polytraumata, beispielsweise bei schweren Unfällen zusammen, dafür ist die Klinik als regionales Traumazentrum der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie zertifiziert.

Das St.-Walburga-Krankenhaus bei Nacht. Auch wenn es dunkel wird in der Stadt, brennt hier weiter Licht.
Das St.-Walburga-Krankenhaus bei Nacht. Auch wenn es dunkel wird in der Stadt, brennt hier weiter Licht. © Ute Tolksdorf | Ute Tolksdorf

Warum der Notdienst der Haus- oder Fachärzte nicht genutzt wird

Viele Bagatellerkrankungen dagegen wären eigentlich ein Fall für den Haus- oder Facharzt und nach 17 Uhr oder an Wochenenden für den Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung, erreichbar über die Telefonnummer 116117. „Aber Patienten sagen uns, sie hätten dort niemanden erreicht“, erfuhr Iris Lücke. „Oder sie haben kein Auto, um zum hausärztlichen Notdienst nach Bad Fredeburg ans MVZ, nach Sundern oder ans Warsteiner Krankenhaus zu fahren.“ Das System sei auch nicht einfach zu verstehen. „Wer hier auf jeden Fall richtig ist“, so Drüppel „sind alle schweren Unfälle, Schnittwunden, komplizierte Brüche, akute Bauchschmerzen und Schmerzen in der Brust.“ Auch die übrigen würden nicht weggeschickt. „Aber sie müssen halt schon mal ein bisschen länger warten.“

Das Team um Dr. Drüppel blickt verständnisvoll auf seine Patienten. „Die wenigsten kommen ohne Not und viele Sauerländer tragen den Kopf quasi schon unterm Arm und entschuldigen sich dann noch, dass sie nachts kommen“, erzählt der Chefarzt schmunzelnd. Das schönste Lob? „Ein gemaltes Kinderbild, ein herzliches Dankeschön und vor allem zu sehen, dass es schwerstverletzten Patienten wieder gut geht, wenn sie das Krankenhaus verlassen.“

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