Meschede. Die ersten Grippe-Fälle sind im Hochsauerlandkreis gemeldet worden. Welcher Schutz ist nötig? Ein Interview mit dem Leiter des Gesundheitsamts.

Die ersten Grippe-Fälle sind im Hochsauerlandkreis aufgetreten. Folgt nach den Corona-Jahren eine besonders ausgeprägte Influenza-Saison? Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Impfung? Darüber und über Belastungen für die Kliniken haben wir mit Dr. Klaus Schmidt gesprochen, dem Leiter des Gesundheitsamtes im Hochsauerlandkreis.

Viele Experten erwarten in diesem Jahr eine heftigere Grippe-Welle als in den Vorjahren. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Dr. Klaus Schmidt: Ich glaube, das lässt sich nicht vorhersagen – dieses Jahr nicht wie auch in den vergangenen Jahren nicht. Die letzten heftigen Grippewellen gab in den Jahren 2017/2018. Warum sollte ausgerechnet jetzt eine ähnliche auftreten? Es bleibt nur abzuwarten. Entscheidend ist es auch, wie gut die Impfstoffe an die vermuteten vorherrschenden Varianten angepasst worden sind.


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Bisher elf Fälle im HSK gemeldet

Gibt es bereits Grippe-Fälle im Hochsauerlandkreis?

Unsere Zählung beginnt immer mit dem Sommer und endet im nächsten Frühjahr. Bis Anfang November gab es elf gemeldete Fälle im Hochsauerlandkreis.

Dr. Klaus Schmidt ist Leiter des Kreisgesundheitsamtes in Meschede.
Dr. Klaus Schmidt ist Leiter des Kreisgesundheitsamtes in Meschede. © WP | Ute Tolksdorf

Das ist nicht besonders viel, auch wenn die tatsächliche Zahl höher sein wird. Es gibt eine Dunkelziffer, weil nur bestätigte Fälle erfasst werden. Bundesweit gibt es ein Netz ausgewählter Praxen, die bei jedem Verdacht auf das Grippevirus testen. So sind Hochrechnungen durch das Robert-Koch-Institut zur Verbreitung der Grippe möglich.

Auf die Kliniken im Hochsauerlandkreis hatten die bisherigen Grippe-Fälle keine Auswirkungen, auch in den vergangenen Jahren war das so. Nur bei der letzten größeren Welle kamen heimische Kliniken tatsächlich an den Rand ihrer Belastungen, und es gab teilweise Abmeldungen, das heißt, es konnten keine Patienten in einzelnen Abteilungen mehr aufgenommen werden. Kurz darauf war die Welle aber schon wieder vorbei.

Aktuell der passende Zeitpunkt für Impfung

Wann ist der beste Zeitpunkt für die Grippeschutz-Impfung?

Jetzt! Oktober und November sind die passenden Zeitpunkte. Sicherlich geht es auch noch danach, ein zu spät gibt es nicht. Aber es ist ja sinnvoll, sich frühzeitig zu schützen, und die Impfung hält mindestens während der Grippe-Saison. Außerdem wird unterstellt, dass die jährliche Grippeschutz-Impfung für eine Grundimmunität gegenüber vielen Variante sorgt.

Sind Sie selbst auch geimpft?

Ja, seit Ende Oktober.

Wie gefährlich ist eine Infektion mit der Grippe?

Das lässt sich ein bisschen mit dem Coronavirus vergleichen. Vorerkrankte und alte Menschen sind besonders gefährdet. Die wirkliche Grippe, wir reden nicht über einen grippalen Infekt, ist eine schwer krank machende Infektion. Sie tritt schlagartig auf und führt dazu, dass die Betroffenen ein sehr spürbares Krankheitsgefühl haben. Je vulnerabler, also vorerkrankter und gefährdeter, ein Mensch ist, desto gefährlicher ist die Grippe für ihn, zumal unter Umständen weitere Erkrankungen im Sinne einer Komplikation hinzukommen können.

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Corona-Zahlen derzeit moderat

Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Grippeschutz-Impfung eher für ältere oder gefährdete Personen, aber nicht für die Allgemeinheit. Ist es dennoch sinnvoll, wenn sich auch Jüngere diese Impfung holen, zum Beispiel bei den Angeboten in Betrieben?

Ja, das kann sinnvoll sein. Allein um diese unangenehme Erkrankung nicht zu bekommen - auch wenn sie diesen Altersgruppen eher nicht gefährlich wird.

Belastet eigentlich das Coronavirus noch den Alltag im Gesundheitsamt und in welcher Form?

Jein, Corona ist immer noch Thema, weil es sich weiterhin um eine meldepflichtige Erkrankung handelt. Die Daten eines jeden Einzelfalls müssen mit einem gewissen Aufwand übertragen werden. Hinzu kommt das Ausbruchsmanagement in Einrichtungen. Aktuell sind die Zahlen aber moderat Die Beratung bindet uns darüber hinaus: Bei jeder Änderung der Corona-Schutzverordnung oder des Infektionsschutzgesetzes gibt es viele Fragen, sowohl aus der Bevölkerung als auch aus Einrichtungen. Corona ist weiterhin ein sehr präsentes Thema für uns, aber wir haben auch wieder Zeit für unsere anderen Aufgaben.

Immer noch hohe Belastung im Gesundheitssystem

Erwarten Sie zusätzlich zu Grippe-Infektionen noch hohe Fallzahlen durch Corona in diesem Winter und damit erhebliche Auswirkungen auf die Kliniken?

Auch die Entwicklung der Corona-Fallzahlen ist ein Blick in die Glaskugel. Es hätten alle nicht erwartet, dass wir im Sommer so eine Welle bekommen. Aber die Fallzahlen sind ja nicht mehr entscheidend, wir haben eine ganz andere Lage. Die Frage ist: Wie hoch ist die Krankheitslast? Und da sieht es so aus, dass das Coronavirus krank macht, aber in der Regel nicht schwer krank.

Die Belastung des Gesundheitssystems ist immer noch hoch, entsteht aber eher an anderer Stelle: Durch immer noch verschärfte und aufwändige Hygienemaßnahmen und durch Quarantänen, wenn Personal positiv getestet wurde. Da ist eine hohe Belastung – aber nicht durch die Schwere der Infektionen. Ob es diesen Winter doch noch einmal weitere Einschränkungen geben wird, ist letztlich eine Frage an die Politik: Welche Entwicklungen will man tolerieren und welche nicht?