Meschede. Corona spielt kaum noch eine Rolle - aber Herbst und Winter nahen. Wie schätzt das HSK-Gesundheitsamt die Lage ein? Gibt es noch mal Probleme?

Corona scheint in diesen Tagen weit weg, auch wenn Herbst und Winter näher rücken. Wird diese Infektionskrankheit überhaupt noch einmal zu einem großen Problem oder wird sie wie die jährliche Grippe-Welle verlaufen und betrachtet werden? Ein Interview mit Dr. Klaus Schmidt, dem Leiter des Gesundheitsamtes im Hochsauerlandkreis.

Nach der offiziellen Statistik haben sich bereits knapp 40 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohner im Hochsauerlandkreis mit Corona infiziert. Wie hoch schätzen Sie die Dunkelziffer ein?

Eine Zahl kann ich nicht nennen, eine solche Schätzung ist aus meiner Sicht seriös nicht möglich. Aber: Die Dunkelziffer ist nicht zu unterschätzen! Es gehen ja nur positiv PCR-getestete Infizierte in die Statistik ein. Wer nur einen Schnelltest gemacht hat oder sich gar nicht testen lässt und ein paar Tage daheim bleibt, wird nicht erfasst. Die Zahl der tatsächlich Infizierten wird im Hochsauerlandkreis also deutlich über den 40 Prozent liegen. Auch das Robert-Koch-Institut geht bundesweit von einer hohen Dunkelziffer aus.

Dr. Klaus Schmidt, Leiter des HSK-Gesundheitsamts.
Dr. Klaus Schmidt, Leiter des HSK-Gesundheitsamts. © HSK

Ist es angesichts einer hohen Immunität überhaupt möglich, dass wir vor einer wirklich hohen Welle im Herbst stehen werden?

Ich weiß nicht, ob es als Welle ablaufen wird. Im dritten Corona-Jahr wissen wir aber, dass im Herbst und Winter deutlich mehr Infizierte als im Sommer geben wird. Das wird künftig jedes Jahr so sein. Das Virus ist gekommen, um zu bleiben. Die entscheidende Frage ist daher: Wie krank werden Menschen, die sich infizieren? Auf der einen Seite haben wir inzwischen eine hohe Grundimmunität, Impfungen und Omikron mit milderen Verläufen. Auf der anderen Seite können auch bereits Geimpfte und Genesene unabhängig von der Ausprägung einer Symptomatik erneut positiv getestet werden. Es ist auf jeden Fall mit deutlich mehr Ansteckungen als momentan zu rechnen.

Hat dem Gesundheitssystem im Hochsauerlandkreis während der gesamten Pandemie jemals eine tatsächliche Überlastung gedroht?

Zu Beginn der Pandemie hatten wir durchaus schwere Verläufe, die langwierig und aufwendig behandelt werden mussten. Die Belastung für das Gesundheitswesen war nicht zu unterschätzen. Es geht aber dabei auch nicht nur um die reinen Fallzahlen, sondern auch um die Belastungen für das Personal durch erhöhte Schutzmaßnahmen und Personalausfälle durch Quarantänemaßnahmen.

>>> Lesen Sie auch: Gas-Abschläge von 1800 Euro im HSK - Das können Sie tun <<<

Wie sind die Erfahrungen mit Omikron: Liegen mehr Menschen mit oder wegen der Virusvariante in den heimischen Kliniken?

Aktuell liegen nach Aussage der Krankenhäuser von den positiv Getesteten eher mehr mit als wegen Corona im Krankenhaus.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt die anpasste Impfung für Menschen, die über 60 Jahre alt sind, vorerkrankt sind oder viel Kontakt mit Gefährdeten haben. Erwartet das Gesundheitsamt des HSK hier noch Änderungen und wäre genug Impfstoff vorhanden, wenn weitere Altersgruppen hinzukämen?

Eine Prognose zur Entwicklung der Empfehlungen der Stiko ist nicht möglich. Zuletzt war die Nachfrage nach den Impfungen im Hochsauerlandkreis nicht so groß. Wenn bald der angepasste Impfstoff an die Varianten BA4 und BA5 kommt, bleibt es abzuwarten wie es wird. Die Risikogruppen sollten sich boostern lassen.

Das RKI empfiehlt bezüglich FFP2-Masken bei „mittlerer Arbeitsschwere“ eine Tragezeit von 75 Minuten mit folgender 30-minütiger Pause. Ist hier nicht ein Widerspruch, wenn Menschen im Hochsauerlandkreis lange im Fernverkehr unterwegs sind?

Die Pause ist eine Vorgabe aus der Arbeitswelt, für Nutzer von Bahnen gilt diese nicht. Es ist sicherlich so, dass eine FFP2-Maske die Atmung ein Stück weit beeinträchtigt. Welche Auswirkungen ein stundenlangen Tragen im Fernverkehr hat, dazu gibt es keine Studien.

Eine schwierige Prognose: Ist die Pandemie in Deutschland im Frühjahr endgültig vorbei?

Die Pandemie ist letztlich eine Endemie im Großen, der Virus wird überall lokal und vermutlich dauerhaft bleiben, die letztlichen Fragen bei einem dauerhaften Verbleiben sind: Was macht das Virus mit uns im Sinne der Krankheitsschwere, gibt es immer wieder ansteigende Fallzahlen über ein „Grundrauschen“ hinaus und wie gehen wir mit der Situation um.

>>> Wöchentlich blickt die Redaktion auf die Corona-Zahlen im Hochsauerlandkreis. Hier ist die Übersicht.