Grevenstein. Bei der Brauerei Veltins in Meschede-Grevenstein fallen Millionensummen durch teure Energie an. Es gibt einen Alarmruf.
Es ist ein Alarmruf der gesamten Getränkewirtschaft in Deutschland: Sie fordert von der Bundesregierung in einer gemeinsamen Aktion, die bezahlbare und sichere Versorgung mit Gas und Strom sicherzustellen. Die Brauerei Veltins in Meschede-Grevenstein unterstützt das ausdrücklich. Sie hat gegenüber dem Vorjahr Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe bei der Energie.
Seite an Seite
Die Brauereien stehen jetzt Seite an Seite etwa mit der Fruchtsaftindustrie und den Mineralwasser-Produzenten. Veltins ist als Mitglied des Deutschen Brauer-Bundes dabei. So unterschiedlich die Branche ist: Sie vereint die Sorge um Kostensteigerungen bei Gas und Strom, aber auch bei Agrarrohstoffen, Verpackungen oder der Logistik.
Die ganze Branche verlangt wirksame Hilfen – sonst seien hunderte Betriebe und tausende Mitarbeiter in ihrer Existenz bedroht: „Es ist nicht akzeptabel, wenn Unterstützungsmaßnahmen mit der Begründung versagt bleiben, diese würden den Anreiz mildern, Energie zu sparen und unabhängiger von Gas zu werden“, heißt es in dem Schreiben auch an die Bundestagsabgeordneten. Die Unternehmen hätten bereits größte Anstrengungen unternommen, Energie einzusparen – wie bei Corona seien sie jetzt unverschuldet „in eine akute Notlage geraten“.
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Wie in anderen Ländern, müsse es auch in Deutschland Obergrenzen bei Strom- und Gaskosten geben, „um das Überleben der Wirtschaft zu sichern“. In den Notfallplänen müsse bei Versorgungsengpässen sichergestellt sein, dass die Lebensmittel- und Getränkeproduktion als systemrelevant mit Energie versorgt werde .„Es geht um den Erhalt der Infrastruktur“, sagt auch Veltins-Sprecher Uli Biene: „Wir tragen die Forderungen alle mit.“ Für Veltins besonders wichtig: „Es geht uns um berechenbare Rahmenbedingungen, was die Verlässlichkeit der Energieversorgung angeht.“ Bis heute gebe es vom Wirtschaftsministerium keine verlässlichen Rahmenbedingungen, was im Fall der Fälle geschehe, wenn man auf Energie verzichten müsse.
Produktion verteuert
Für die Unternehmensplanung auch bei Veltins sei es „unabdingbar“, zu wissen, in welche Richtung die Energiepreise gehen: „Wir brauchen berechenbare Energiekosten, das ist eklatant wichtig. Das ist definitiv aus dem Ruder gelaufen.“ Bei Veltins hat sich die Produktion enorm verteuert: Die Gaspreise haben sich verachtfacht, beim Strom versechsfacht – das bedeutet insgesamt Mehrkosten im zweistelligen Millionenbereich für Veltins.
Auch die Kapitaldecke bei der Brauerei sei so dünner geworden, allerdings habe man eine weiterhin ausgeglichene, hohe Eigenkapitalquote. „Wir haben Steuerungsmodelle, als Unternehmen stehen wir gefestigt in dieser Krisensituation da. Aber es gibt andere, die sind angeschlagen. Für viele ist es Existenz bedrohend.“ Mit seiner „soliden Finanzplanung über Jahre hinweg“ sei Veltins gut aufgestellt, so der Sprecher.
Investitionen in Grevenstein
Unverändert würden deshalb die Investitionen am Standort in Grevenstein vorgenommen: „Das wird weiter vorangetrieben und auch 2024 abgeschlossen sein.“ Aktuell laufen die Arbeiten für die erste neue Abfüllanlage, die zweite soll zur Jahreswende kommen. „Das sind alles mehrjährige Maßnahmen, die vor der Ukraine- und vor der Energiekrise begonnen haben: Sie jetzt zu stoppen, würde keinen Sinn machen. Wir brauchen diese Anlagen.“
Bei allen Planungen würde man sich jetzt konzeptionell Gedanken machen über die zukünftige Energieversorgung der Brauerei Veltins. Es gibt Erfolge: Vor acht Jahren wurde das neue Sudhaus gebaut, das heute im Ergebnis 30 Prozent bei der Energie effektiver sei. Bei anderen Brauereien ist ihr Sudhaus weiterhin der größte Verbraucher. Bei Veltins fällt heute der größte Verbrauch im Abfüllbereich an, wo Flaschen rund um die Uhr bei hohen Temperaturen gereinigt werden.
Windkraft oder Solar
Denkverbote gebe es keine in der Brauerei – auch nicht über Windkraft oder Solarenergie: „Da ist vieles denkbar. Wir prüfen alles, was möglich ist.“ Auch über Biogas sei schon nachgedacht worden: Bei Veltins fällt zum Beispiel Treber aus der Vergärung an, mit der Methangas produziert und ins Netz eingespeist werden könnte – „aber wir sind da erst in den Anfängen“. Auch in der Anlagentechnik werde geschaut, was sich mit Blick auf Energieeinsparungen lohnen könnte: „Denn Energie wird ja auf Dauer teuer bleiben.“ Wenn man irgendwann auf 2022 zurückblicken werde, würde man dann vermutlich sehen: „Das war das Jahr der Energiewende auch für Veltins.“