Meschede. Bei Hochwasser drohen in Meschede nicht nur Gefahren an Ruhr und Henne. Hausbesitzer im ganzen Stadtgebiet sollen sich dafür vorbereiten können.
Das gute Wetter aktuell darf nicht darüber hinwegtäuschen, wie schnell auch wieder ein anderes Extrem kommen kann. Die Stadt bereitet sich im Hintergrund dafür vor.
Jeder Bürger kann künftig überprüfen, ob sein Grundstück im Ernstfall von einem Hochwasser bedroht sein könnte. Ganz Meschede und alle Ortsteile sind dafür auf mögliche Gefahren hin untersucht worden – eine beispiellose Analyse, die es bisher für das gesamte Stadtgebiet nicht gab.
Statt Reaktion jetzt auch Vorbeugung
2006 in Wehrstapel, 2011 in Mülsborn, 2021 in Berge – auch das Stadtgebiet ist immer wieder von Starkregen und Hochwasser betroffen. Immer wieder konnte darauf aber dann auch nur reagiert werden. Mit den neuen Daten soll künftig auch vorgebeugt werden können. Experten der Dr. Pecher AG aus Gelsenkirchen, spezialisiert auf Fragen rund um die Wasserwirtschaft, haben dafür das Stadtgebiet kartiert und untersucht – hinuntergerechnet bis zum kleinsten Geländeraster von einem Meter: „Wir kennen jetzt alle Wassertropfen, die ihren Weg durch Meschede nehmen“, so Dr. Holger Hoppe im Ausschuss für Nachhaltigkeit.
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Und das „kommunale Starkregenrisikomanagement“, wie es offiziell heißt, wird allen helfen. „Den Menschen in Berge brennt das Thema zum Beispiel unter den Nägeln“, sagt Michael Klauke, Fachmann bei der Mescheder Stadtverwaltung für das Thema Hochwasser, nach den schlimmen Erfahrungen des letzten Jahres. Wo genau sind die Gefahren? Für wen? Wie breitet sich das Wasser exakt aus? Steht ihm etwas im Weg?
Karten bis ins kleinste Detail
Ab dem Spätherbst 2022 werden dazu die entsprechenden Karten öffentlich für jedermann einsehbar sein. Die Karten werden dynamisch sein: Sie können dann anzeigen, wie sich das Wasser in welchen Fällen auf ein Grundstück zubewegt. In die Untersuchungen ist sogar das Kanalnetz mit einbezogen worden – aus guten Gründen. Denn Michael Klauke kennt den allerschlimmsten Fall: „Im worst case kann Wasser gleich von drei Seiten auf einen zukommen“ – durch einen Rückstau im Kanal, den Niederschlag des Starkregens und die Wassermassen eines Baches. „Hochwasser steigt langsamer an als lokaler Starkregen“, sagt Dr. Holger Hoppe.
In der Vergangenheit ist im Stadtgebiet klassisch vor allem auf die Ruhr und Henne geschaut worden. Gerade Bäche aber sind bislang in den Betrachtungen zu einem möglichen Hochwasser nie so genau wie jetzt betrachtet worden: Jetzt taucht auch ihr enormes Risiko-Potenzial erstmals auf. In Köln etwa, so Experte Hoppe, kann man sich lange darauf einstellen, wenn ein Rhein-Hochwasser komme – das aber sei in Mittelgebirgsregionen ganz anders, wo viele Bäche schnell in Flüsse einfließen.
Auch Hindernisse sind eingefügt
Traditionell, sagte Hoppe, seien es immer subjektive Eindrücke gewesen, wo es zu Hochwasser kam. Der Blick von außen sorgt jetzt für genaue wissenschaftlich-fundierte Analysen. Dafür wurde unter anderem ermittelt, wo sich Wasser sammelt, wo es versickern kann. Mehrere hundert potenzielle Hindernisse wie Brücken oder Durchlässe, an denen Hochwasser sich staut, werden in die Karten eingefügt.
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Allerdings: Das Vorliegen der Karten ist dann nur die Vorarbeit, die die Stadt geleistet hat – es ist der Aufruf zur Selbsthilfe für jeden Hausbesitzer, tätig zu werden. Denn Vorsorge muss jeder für sich selbst treffen. Das genaue Raster der Hochwasserkarten erlaubt künftig, dass auf jedem Grundstück selbst Kellerschächte oder Garageneinfahrten sichtbar werden – und ob dort Wasser hineinlaufen könnte. Reicht dann zum Beispiel ein einfaches Schott aus, um sich abzusichern? Oder müsste sogar höher gemauert werden? „Jeder kann dann selbst mit offenen Augen um sein Gebäude gehen, schauen, wo sich etwas ändern sollte und sich dafür womöglich dann Hilfe holen“, sagt Dr. Holger Hoppe.
Kritische Infrastruktur schützen
Die Stadt selbst ermittelt jetzt durch die Karten ihre kritische Infrastruktur – wo etwa wäre die Stromversorgung oder das Handynetz durch Starkregen gefährdet? Wo müsste die Feuerwehr womöglich Unterführungen zum Beispiel absperren? Dazu soll zum Jahresende ein Handlungskonzept vorgelegt werden. Die Stadt legt ihre Hochwasserkarten auch Unternehmern ans Herz und will sie sensibilisieren. Denn die Experten der Pecher AG haben herausgefunden, dass sich im Sauerland viele Betriebe an den tiefsten Punkten angesiedelt haben – womöglich liegen dann aber zum Beispiel immer noch Lager mit wasserlöslichen Stoffen in einer Hochwassernähe.
>>> HINTERGRUND <<<
In Berge hatte sich im Juli 2021 die Wenne beim Hochwasser ein zweites Flussbett durch den Ort geschaffen – dabei lief in Häusern das Wasser durch Küchen und Wohnzimmer.
Die Stadt Meschede errechnete für sich einen Schaden von 250.000 Euro im öffentlichen Bereich. Unter anderem kostete die Beseitigung von Geröll 90.000 Euro.
Als Konsequenz schaffte die Stadt unter anderem weitere Pumpen für die Feuerwehren an, um Schmutzwasser schneller beseitigen zu können.