Meschede. Wenn die Schützen im HSK feiern, steigen auch die Coronazahlen. In manchen Orten stärker als in anderen. Doch wie dramatisch ist das wirklich?

Kaiser und Königinnen trifft es, dazu angeblich halb Eversberg und Heringhausen. Die Corona-Zahlen schnellen nach jedem Schützenfest in die Höhe. Aber sind sie so dramatisch, wie mancherorts erzählt wird? Ja und nein.

St. Georg Meschede

„Ich würde wieder so feiern“, sagt Schützenhauptmann Andreas Wrede. Dass es nach dem Schützenfest seiner Mescheder St.-Georgs-Bruderschaft einzelne Corona-Fälle gab, weiß er. Aber er kennt ausschließlich milde Verläufe. „Und die meisten sagen im Nachhinein: ,Dafür hätte ich das Fest nicht missen wollen.’“ Er hätte sich ein paar mehr Besucher gewünscht. „Wer aber da war, der hatte absolut Lust zu feiern.“ Und dass mancher erkrankt war, das sei dann eben aufgefallen, weil er im Festzug gefehlt habe.

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Kreisschützenbund Meschede

Frank Schröder, Geschäftsführer des Kreisschützenbundes Meschede
Frank Schröder, Geschäftsführer des Kreisschützenbundes Meschede © Mustafa Amet

So ähnlich sieht das auch Frank Schröder, der Geschäftsführer des Kreisschützenbundes war in den vergangenen Wochen auf vielen Schützenfesten zwischen Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg unterwegs. „Wir mussten ja zwei Jahre Ehrungen nachholen.“ Er habe sich nirgendwo angesteckt, aber mit Amüsement und Ärger festgestellt, dass beim Thema Corona-Zahlen und Schützenfest manches Mal „Stille Post“ gespielt würde. „150 Erkrankte in Heringhausen? Die muss mir erstmal jemand zeigen.“ Und dann das Gerücht, dass sich die Viren über die Spülmaschine verbreitet hätten - hält er für Quatsch. Warum nur dort? „Beim Dorfjubiläum in Velmede habe ich von keinen Ansteckungen gehört.“ Auch da sei schließlich gespült worden.

Trotzdem wurde auch bei den Mescheder Nord-Schützen am vergangenen Wochenende extra auf den Flaschenausschank hingewiesen.

Absage-Grund: Urlaub und Corona-Sorgen

Frank Schröder versteht, dass mancher Ältere ängstlich zu Hause bleibt, auch dass diejenigen, die kurz drauf in den Urlaub starten, lieber Abstand halten. Das erklärten auch die Umsatzeinbußen zwischen 10 und 20 Prozent, von denen Vereine berichten. Trotzdem freut er sich, dass die Jugend die Hallen rockt. „Wir sind endlich auf dem Weg zur Normalität.“

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Und auch, wenn es Ansteckungen gebe, wichtig sei doch, dass die Intensivbetten nicht belegt seien, dass die Menschen meist milde Verläufe, manche nur einen Schnupfen hätten. „Wir sind alle geimpft, auch das schützt uns.“ Er habe noch keinen auf dem Schützenfest gesprochen, der anschließend erkrankt war.

Die Musikkapelle Eversberg mit ihrem Dirigenten Gregor Wagner rechts - ein Bild aus dem Jahr 2019.
Die Musikkapelle Eversberg mit ihrem Dirigenten Gregor Wagner rechts - ein Bild aus dem Jahr 2019. © Musikkapelle

Musikkapelle Eversberg

Das kann Gregor Wagner, Dirigent der Musikkapelle Eversberg, so nicht unterschreiben. Über Fronleichnam, vom 15. bis zum 17. Juni, hätte er gern in seinem Heimatort Schützenfest gefeiert, doch er war Corona-positiv. Nicht schlimm erkrankt, aber er blieb wehmütig zu Hause. „Wo ich mich angesteckt habe? Ich weiß es nicht.“ Auch er war mit seiner Musikkapelle in Heringhausen gewesen. „Ich bin aber gar nicht mit in die Halle reinmarschiert.“ Die Überlegung findet er außerdem müßig, „das kann überall passiert sein.“ Mittwoch nach dem Fest gab es die ersten Erkrankungen in der Musikkapelle. „Und ab Samstag mit Geschwindigkeit. Ständig blinkten die Nachrichten auf: Ich bin auch positiv!“ Bei Wagner dauerte es dann bis Montag.

Und so ging es dann auch in Eversberg weiter: „Nach unserem Schützenfest lag fast das halbe Dorf flach. Das war hier echt gewaltig. Fast jeder, der in der Halle war, war anschließend positiv.“ Allerdings kennt auch er in Eversberg ausschließlich milde Verläufe, keine Krankenhausaufenthalte.

Zahlen in den Kliniken

Das bestätigen auch die Angaben des Kreisgesundheitsamtes. Während die Zahl der Patienten in den Kliniken zunimmt, bleibt die Zahl der intensivmedizinisch Betreuten relativ konstant. Meist so hatten zuletzt Kreisgesundheitsamt und Klinik-Pressesprecher betont, würden Patienten erst bei der Aufnahme positiv getestete. Die Erkrankung sei gar nicht Ursache des Krankenhaus-Aufenthalts. Platt gesagt, wer einen Beinbruch hat oder eine neue Hüfte bekommt und bei der Aufnahme Corona-positiv getestet wird, zählt als Corona-Kranker. So lagen am 23. Juni zwar 55 Corona-Patienten stationär in Kliniken des Kreises, davon wurden aber nur sechs intensivmedizinisch betreut und zwei beatmet. Eine Woche später waren es 70 Patienten, davon drei intensiv und einer wurde beatmet. Donnerstag, 7. Juli, waren es dann 92 Patienten, davon 6 intensiv, und einer wurde beatmet.

„Hallenfeste bergen einfach ein erhöhtes Risiko“ ist Gregor Wagner überzeugt. Aber auch im Gimmental, das zuletzt für ein Freiluftfest vermietet war, hätten sich Leute angesteckt. „Entscheidend ist doch, dass die Verläufe schwach sind und keine Langzeitfolgen bleiben.“ Ansonsten sei es nämlich ein wunderschönes Fest gewesen. Das weiß er, obwohl er nicht dabeisein durfte. „Alle haben mir Fotos und Videos geschickt.“

Freitesten nach fünf Tagen - klappt nicht

Und was er auch mit Bedauern feststellte, sich nach fünf Tagen - zum Vogelschießen - freitesten zu wollen, das blieb ein frommer Wunsch. Acht bis elf Tage, so seine Erfahrung dauere es, bis der zweite Strich verschwinde. „Beim DRK haben sie mich gefragt, ob ich Lotto spiele. Denn wenn ich heute, nach fünf Tagen, schon negativ wäre, sollte ich das anschließend direkt versuchen.“ Mit solchen Ideen oder der neuesten: „Freitesten nach drei Tagen“ mache man doch nur die Leute kirre.

Schade wird das Ganze jetzt für die späteren Veranstaltungen. In Borgeln im Kreis Soest war das Fest abgesagt worden, weil der größte Teil des Vorstands erkrankt war. Und manch einer, der jetzt die Geschichten von den anderen Schützenfesten hört, wird sicher lieber wegbleiben. Ein Risiko, das jeder für sich abwägen muss. Viele haben ja auch trotz allem ein tolles Fest.