Föckinghausen. In einem ARD-Bericht werden Vorwürfe gegen das Künstlerdorf in Föckinghausen erhoben. Angeblich handelt es sich um eine Parallel-Gesellschaft.

Entsteht im ehemaligen Ferienpark Hollandia in Föckinghausen gerade eine Parallel-Gesellschaft aus System-Kritikerin und Corona-Leugnern? Diesen Eindruck erweckt zumindest ein Bericht des Report Mainz. Explizit genannt wird darin zwar weder der Ferienpark noch der Ort Föckinghausen. Angesichts der gezeigten Bilder ist die Örtlichkeit allerdings eindeutig.

In seinem ARD-Bericht befasst sich der Report Mainz mit der Bildung einer „heterogenen Mischszene“, in der sich laut Bundeskriminalamt eine staatskritische bis staatsfeindliche Haltung verfestige. Darin geht es um ein Projekt in Hessen und eben auch das Projekt in Föckinghausen, das sich Ende des vergangenen Jahres als „Künstlerdorf“ der Öffentlichkeit präsentiert hatte. In dem Beitrag klingt das allerdings ein wenig anders: „Mitten im Wald in Nordrhein-Westfalen eine Siedlung voller Aussteiger und Corona-Skeptiker. Mehr als 20 Menschen sollen hier leben“, heißt es, während Luftaufnahmen des Ferienparks zu sehen sind.

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Noch immer steht das Schild des Ferienparks an der Einfahrt zum Künstlerdorf.
Noch immer steht das Schild des Ferienparks an der Einfahrt zum Künstlerdorf. © Ilka Trudewind

Als Beleg werden versteckte Aufnahmen gezeigt, die Anfang des Jahres bei einem Schnuppertag für potenzielle Mitbewohner entstanden sein sollen. An jenem Tag habe es auch einen Vortrag gegeben. Dessen Inhalt wird jedoch nicht im Original, sondern lediglich als Gedächtnisprotokoll wiedergegeben. Demnach sei der Grund für die Gründung „der eigentliche Corona-Wahnsinn“ gewesen. Nur mitbekommen solle das am Besten niemand. Man wolle nicht als das neurechte Dorf für Verschwörungstheorien bekannt sein und sich möglichst unter dem Radar aufhalten. Die Polizei komme nicht so einfach rein. Schließlich handele es sich um Privatgelände. Außerdem, so heißt es in dem Beitrag, seien eine eigene Schule und ein Gesundheitszentrum geplant, in dem die Impfung keine Rolle spiele und man denke sogar über eine eigene Währung nach.

Vorwürfe zurückgewiesen

Udo Nießen ist einer der Bewohner des Künstlerdorfes, der der Bitte unserer Zeitung um eine Stellungnahme nachgekommen ist. Man sei enttäuscht von dem Bericht, sagt er, weist die Vorwürfe zurück und spricht von Fantasterei. Da er nicht von Anfang dabei gewesen sei, könne er zwar nicht ausschließen, dass über derlei Dinge bei Infotreffen vielleicht irgendwann einmal gesprochen worden sei. „Seitdem ich hier lebe war all das das jedenfalls nie ein Thema“, sagt er. Und auch davon, dass man sich abkapsele und in einer Parallel-Gesellschaft lebe, die lieber unter dem Radar bleiben wolle, wie es in dem Beitrag formuliert wird, könne nicht die Rede sein. So bemühe man sich stets um Kontakt und bringe sich schließlich auch beim 950-jährigen Dorfjubiläum mit ein, argumentiert er. „Hier leben Menschen aus dem Querschnitt der Gesellschaft“, so Nießen.

In einer eigenen Welt

Fakt ist: Weder der Polizei noch der Gemeinde Bestwig sind bislang Auffälligkeiten aus Föckinghausen bekannt. Das haben sowohl Bestwigs Gemeindesprecher Jörg Fröhling als auch Polizeisprecherin Laura Burmann gegenüber unserer Zeitung bestätigt. „Die Menschen, die nach unserem Wissen jetzt den früheren Ferienpark bewohnen, leben sicherlich ein Stück weit in ihrer eigenen Welt. Es liegen aber keinerlei Erkenntnisse vor – auch nicht aus der Ortsgemeinschaft von Föckinghausen - dass an dieser Stelle etwas stattfinden würde, was nicht unseren Gesetzen und rechtlichen Vorgaben entsprechen würde – und das ist letztlich das, was für eine Einschätzung entscheidend ist“, sagt Bürgermeister Ralf Péus.

In Föckinghausen selbst sprechen Anwohner vielmehr von positiven Begegnungen und Erfahrungen, die man mit den Bewohnerinnen und Bewohner bislang gemacht habe.

Auch Ortsvorsteher Martin Bracht haben die Informationen aus dem Beitrag überrascht. Ihm sei in diese Richtung nichts bekannt. Letztlich könne man zwar nichts zu hundert Prozent ausschließen. Bracht warnte allerdings vor einer Vorverurteilung und verwies darauf, dass der Beitrag, was Föckinghausen angehe, doch sehr vage bleibe.

„Gesellschaft für angewandte Zukunftsträume“

Dass das Künstlerdorf ausgerechnet im beschaulichen Föckinghausen entstanden ist, war nach Angaben der Verantwortlichen das Ergebnis einer längeren Suche:
Dass das Künstlerdorf ausgerechnet im beschaulichen Föckinghausen entstanden ist, war nach Angaben der Verantwortlichen das Ergebnis einer längeren Suche: © Ilka Trudewind

Geboren worden war die Idee für das Föckinghauser Künstlerdorf seinerzeit im Kreise von Malern, Schauspielern, Musikern, Kunsthandwerkern, Goldschmieden, Therapeuten, Yoga-Lehrern und Lebensberatern rund um Witten, Dortmund, Bochum und Wuppertal. Um das Projekt auf solide Füße zu stellen, folgte die Gründung des gemeinnützigen Vereins „Gesellschaft für angewandte Zukunftsträume“ und die Gründung der Genossenschaft „Die ZukunftMacher“.

Gestemmt hatten die Künstlerinnen und Künstler den Kaufpreis nach eigenen Angaben letztlich durch das Zusammenwerfen ihrer Ersparnisse, durch Spenden sowie durch Genossenschaftsanteile. Dass sie für das Anwesen 1,6 Millionen Euro gezahlt haben, war bei der Vorstellung des Projektes im vergangenen Jahr zwar nicht offiziell bestätigt worden. Die Summe gilt in der Gemeinde allerdings als ein offenes Geheimnis.

Ergebnis einer längeren Suche

Dass dieses Dorf ausgerechnet im beschaulichen Föckinghausen entstanden ist, war nach Angaben der Verantwortlichen das Ergebnis einer längeren Suche: eine leerstehende Suchtklinik in Essen sei zu baufällig, eine Tagungsstätte in Witten zu klein gewesen. Und dann sei bei der Recherche im Internet plötzlich der Ferienpark Hollandia aufgetaucht. Bei der gemeinsamem Besichtigung habe man sich „direkt verliebt“, hieß es bei der Vorstellung des Projektes, das zum Ziel haben solle mit unterschiedlichen Angeboten das kulturelle Leben der Region zu bereichern. Damit werde der Ferienpark hoch über Bestwig auch zu einem Kulturzentrum mitten in der Natur.

Inzwischen gibt es weitere Vorwürfe gegen die Bewohner des Künstlerdorfes. Demnach soll es sich um eine rechte Öko-Bewegung handeln. Die Bewohner streiten das ab. Bei der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Arnsberg ist das Föckinghauser Projekt allerdings bereits bekannt. Mehr dazu lesen Sie hier.