Meschede. Von Affenpocken bis zur Energiewende: Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz stellt sich im Berufskolleg Meschede Fragen von Schülern.

Europa ist hier nicht wegzudenken. Auch in diesem Jahr machen rund 100 Schüler und Schülerinnen des Berufskollegs Meschede wieder Auslandspraktika im Rahmen des Erasmus-Austausches. Seit 2007 organisiert das Berufskolleg auch immer einen eigenen Europatag mit prominenten Gästen. Diesmal kam Friedrich Merz, der CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer im Bundestag, dabei mit den jungen Leuten ins Gespräch.

Schulleiter Carsten Placht sagte, am Montag nach den Osterferien seien plötzlich am Berufskolleg die ersten drei ukrainischen Schüler aus Kiew, Odessa und dem Donbass erschienen – dies habe es ihm viel greifbarer als in den Nachrichten gemacht, dass Frieden in Europa „kein selbstverständlicher Zustand“ sei. Friedrich Merz hatte seine politische Karriere 1989 als damals jüngster deutscher Europaparlamentarier begonnen: Er hielt auch vor 200 Berufsschülern ein Plädoyer für die europäische Integration – und dem Aufruf „Lernt Englisch!“, weil das im Berufsleben für sie unabdingbar sei.

Affenpocken und Quarantäne

Die erste Frage allerdings überraschte auch ihn – nicht zu Europa, nicht zur Ukraine, sondern ob man mit Quarantäne wegen der Affenpocken rechnen müsse. „Ich habe vor ein paar Tagen das erste Mal von Affenpocken gehört“, bekannte Merz. Er gehe davon aus, dass man „keine größeren Problemen damit bekommen werde“, die Erkrankten seien alle streng isoliert worden: „Ich gehe sowohl bei Corona als auch bei dieser Form der Infektion davon aus, das wir keine umfassende Quarantäne in den nächsten Wochen und Monaten brauchen.“

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Ukraine, Putin und Bundeswehr

Merz sprach sich für die weitere Unterstützung der Ukraine mit Waffen aus, er sprach von einem „verbrecherischen Angriffskrieg“ durch Russland: „Die einzige Bedrohung, die für Putin von der Ukraine ausgeht, war durch Demokratie und Freiheit“.

Friedrich Merz mit Schülern des Berufskollegs Meschede. 100 Schüler und Schülerinnen nutzen allein in diesem Jahr die Chance, Auslandspraktika im Rahmen des Erasmus-Projektes zu machen.
Friedrich Merz mit Schülern des Berufskollegs Meschede. 100 Schüler und Schülerinnen nutzen allein in diesem Jahr die Chance, Auslandspraktika im Rahmen des Erasmus-Projektes zu machen. © Jürgen Kortmann

Deutschland müsse „der ukrainischen Armee helfen, diese Aggression Russlands zu stoppen und wenn möglich Russland auch wieder zurückzudrängen.“ Würde Putin nicht gestoppt, „dann macht er weiter. Man kann das alles lesen bei Putin. Es ist kein Geheimnis: Russland oder die Sowjetunion, so wie sie mal war, soll in den Augen von Putin wieder entstehen.“ Wenn er das mit militärischer Gewalt versuche, „muss man dem etwas entgegen setzen“. Deshalb müsse auch die Bundeswehr besser aufgestellt werden: „Die Bundeswehr ist in keinem besonders guten Zustand“ Selbstkritisch bekannte er, auch er persönlich habe einen Anteil daran: „Wir haben geglaubt, wir brauchen die Bundeswehr nicht mehr.“

Rente und Lebensarbeitszeit

Wissen wollten die Schüler auch, was gegen Armut unternommen werde. Merz sagte: „Armut ist immer relativ: In diesem Land wird keiner verhungern. Jeden wird geholfen. Die entscheidende Frage ist: Haben wir ein auskömmliches Einkommen und später eine auskömmliche Altersvorsorge?“ Merz sprach sich für die Verlängerung der Lebensarbeitszeit aus: „Ich bin der Meinung, dass wir das in der Perspektive tun müssen. 67 wäre das Ziel, das wir wirklich erreichen müssen.“

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Angesichts sinkender Beitragszahler für die Rente gehöre es auf die politische Tagesordnung, die Vermögensbildung bei Arbeitnehmern schon während ihres Berufslebens zu stärken – wie andere Länder das machten: „Deutschland hat 30 Jahre verloren. Wir hätten das viel früher machen sollen. Im Grunde genommen hätten wir nach der deutschen Einheit damit anfangen sollen.“

Energiewende

Merz sagte, er sei „kein Freund von Kaufprämien“ – der Kaufpreis bei Elektroautos solle der Wirtschaft überlassen werde. Er glaubt nicht, dass sich nur die Elektromobilität durchsetzen werde, er hofft dabei und insgesamt bei der Energiewende auf die Wasserstoff-Technologie. Auch er sagt: „Wir müssen uns alle darauf einstellen, dass die Energiekosten steigen.“

Schwarz-grün in NRW

Bei der Frage der künftigen Landesregierung in NRW geht Merz von einer schwarz-grünen Koalition aus: „Es wird eine solche Regierung zustande kommen. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt.“

Impfkritik und Medien

„Es gibt keine Demokratie und keine freie Gesellschaft ohne freie Presse“, sagte Merz. Damit wies er Äußerungen eines Schülers zurück, in Medien werde „viel verdreht“, es finde Zensur statt: Die will dieser im Zusammenhang mit Impfkritik wahrgenommen haben. Merz sagte: „Wenn Sie Zensur sehen wollen, müssen Sie nach China reisen.“ In Deutschland kann man „noch so abwegige Meinungen“ veröffentlichen, die Grenze seien falsche Tatsachenbehauptungen. Mit Blick auf Corona sagte Merz: „Wir haben an keiner Stelle ein Defizit an Informationen gehabt.“

>>> HINTERGRUND <<<

2300 Schüler und Schülerinnen besuchen das Berufskolleg des HSK in Meschede.

Die Schule freut sich darüber, dass sie bis 2027 wieder eine Akkreditierung im Rahmen des Erasmus-Projektes der EU hat.

Als Gastgeschenk fertigte das Berufskolleg für Friedrich Merz ein Mensch-ärger-dich-nicht-Spiel in seinen Metallwerkstätten an – zum Abschalten vom politischen Alltag.