Meschede. Von Kurzarbeit bis Produktionsstopp: Diese Optionen bleiben den heimischen Unternehmen aus Meschede bei einem russischen Gas-Embargo.

Seit die russische Regierung ein Gas-Embargo gegen die EU-Staaten Polen und Bulgarien verhängt hat, ist die Bedrohung durch die Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine auch in Deutschland und der wirtschaftsstarken Region rund um Meschede noch mal deutlich geworden. Zwar gibt es aktuell keine Hinweise darauf, dass ein solches Gas-Embargo kurzfristig auch Deutschland betreffen könnte, die Situation in Polen und Bulgarien zeigt jedoch: Es kann schnell gehen. Wie sich Unternehmen aus Meschede und Umgebung auf ein mögliches Gas-Embargo vorbereiten.

Brauerei Veltins

Die Situation um Gas-Emargos in Osteuropa triebt Veltins-Unternehmenssprecher Ulrich Biene tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Zur Produktion der verschiedenen Biersorten ist die Firma auf große Mengen Gas angewiesen, etwa um das Kesselhaus des Unternehmens mit Heißdampf zu beheizen. Für den Fall eines russischen Gas-Embargos ist die Produktion jedoch trotzdem weitgehend gesichert.

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Pressesprecher Ulrich Biene von der Veltins-Brauerei in Grevenstein vor einem Braukessel.
Pressesprecher Ulrich Biene von der Veltins-Brauerei in Grevenstein vor einem Braukessel. © WP | Jürgen Kortmann

Biene erklärt: „Für den absoluten Ernstfall könnten wir unsere Produktion auch mit Heizöl sichern. Durch einen Umbau besteht hierzu die Möglichkeit. Wir verfolgen die Situation daher natürlich auch mit Sorge, sehen dabei aber nicht tatenlos zu, sondern haben schon durch verschiedene Umbaumaßnahmen gehandelt und wollen auch weiter investieren, um unabhängiger von Gaslieferungen zu werden.“

Dem Unternehmenssprecher zufolge sei die Brauerei darum bemüht, alternative Energieträger weiter auszubauen, um auch künftig nicht auf Gas als alleinigem Energieträger angewiesen zu sein. „Wir bereiten uns nicht erst seit heute auf darauf vor, unabhängig zu sein, sondern schon seit geraumer Zeit. Durch die Modernisierungen in den vergangenen Jahren wären wir jetzt auch in der Lage, die Produktion mit Heizöl fortzusetzen. Und auch in Zukunft wollen wir weitere Schritte einleiten, die uns unabhängiger von fossilen Brennstoffen machen.“

Demzufolge würde ein Gas-Embargo die Produktion in der Mescheder Brauerei zwar kurzfristig umstellen, nicht jedoch zum Erliegen bringen. „Wir könnten weiter produzieren – dann eben nur mit Heizöl statt Gas“, erklärt Biene.

Ewers Karosserie- und Fahrzeugbau

Meinolf Ewers vom gleichnamigen Karosseriebau aus Meschede macht ein mögliches Gas-Embargo große Sorgen.
Meinolf Ewers vom gleichnamigen Karosseriebau aus Meschede macht ein mögliches Gas-Embargo große Sorgen. © WP | Jürgen Kortmann

Gravierender wäre ein Gas-Embargo hingegen für den Karosserie- und Fahrzeugbau Ewers in Meschede. Ohne Gas können die vier auf dem Firmengelände gebauten Lackierhallen nicht geheizt werden. Geschäftsführer Meinolf Ewers erklärt: „Wir brauchen die Prozesswärme. In unserer Produktion müssen wir die Karosserien aus verschiedenen chemischen Gründen bei genau 25 Grad lackieren. Nach dem Lackieren läuft es in der Regel so ab, dass die Lackierhalle auf 65 Grad erhitzt wird, damit die zuvor lackierten Teile aushärten können.“

Eine Lackierhalle hat dabei eine Heizleistung von rund 1.200 Kilowatt – ohne Gas aus Russland wüsste Ewers keine andere Lösung, als die Produktion vorübergehend einzustellen. „Es geht nicht anders. Ohne Gas können wir nicht produzieren. Deshalb hoffe ich jetzt, dass die deutsche Politik nach Alternativen schaut, damit die Wirtschaft am Laufen bleibt. Wir haben keinen Plan B in der Tasche, sondern können jetzt nur hoffen, dass Lösungen gefunden werden. Die Situation treibt uns natürlich sehr um und beschäftigt uns, das können wir nicht anders sagen“, so Ewers.

Kunststofftechnik Nölle

Peter Wiesenberg, Prokurist bei Kunststofftechnik Nölle.
Peter Wiesenberg, Prokurist bei Kunststofftechnik Nölle. © WP

Weniger abhängig von russischen Gaslieferungen ist das Kunststofftechnik-Unternehmen Nölle aus Meschede. Die dort verwendeten Spritzgießmaschinen zur Anfertigung von Kunststoffteilen werden allesamt elektrisch betrieben. „Darüber können wir angesichts der bedrohlichen Situation sehr froh sein“, erklärt Peter Wiesenberg, Prokurist Rechnung und Finanzen, auf Nachfrage dieser Redaktion.

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Die Büro- und Hallenräumlichkeiten der Firma würden zwar mit Gas beheizt – die Produktion sei durch ein mögliches Embargo jedoch nicht gefährdet, erklärt Wiesenberg. „Klar sind wir auf Gas angewiesen, was das Heizen unserer Büros und Produktionshallen anbetrifft, darüber hinaus stehen wir da aber glücklicherweise in keinem Abhängigkeitsverhältnis“, so der Nölle-Prokurist.

Lausberg Kunststofftechnik

Kai Lausberg, Geschäftsführer der der gleichnamigen Kunststofftechnik-Fabrik in Meschede
Kai Lausberg, Geschäftsführer der der gleichnamigen Kunststofftechnik-Fabrik in Meschede © WP

Ähnlich sieht es im Unternehmen Lausberg aus, die ebenso wie die Firma Nölle Kunststofftechnik betreiben. „Auch wir haben Spritzgießmaschinen im Einsatz, die sehr stromintensiv sind. Abhängig von Gas sind wir aber weniger, weil die Maschinen in unserer Halle eine solch hohe Abwärme generieren, dass wir vor allem im Frühling und Herbst kaum heizen müssen, um die Halle warm zu bekommen“, erklärt Geschäftsführer Kai Lausberg.

Trotzdem muss die Firma im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine mit Mehrkosten kalkulieren. Der Unternehmer erklärt: „Monatlich haben wir 14.000 bis 15.000 Euro mehr Stromkosten als noch vor wenigen Jahren. Trotzdem sind wir froh, nicht von Gaslieferungen in unserer Produktion abhängig zu sein und auch im Fall eines Embargos die Produktion weiter durchführen zu können.“