Meschede. Ständig wechselnde Jobs ist sie leid – deshalb entscheidet sich Ute Schmidt zu einer Umschulung zur Lkw-Fahrerin. Welche Chancen sie nun hat.

Ob bei der Post, im Einzelhandel oder im Schwimmbad – Ute Schmidt hat beruflich „schon fast alles durch“, wie sie selbst scherzhaft über ihre bisherige berufliche Laufbahn sagt. Mit den ständig wechselnden Jobs sollte aber endlich Schluss sein. Vor rund einem Jahr fasst die 51-Jährige einen Entschluss: Sie will einen Kindheitstraum wahr machen – und hinters Lkw-Lenkrad.

Heute, fast sechs Monate intensiver Ausbildung liegen hinter ihr, steigt die 51-Jährige mit einem breiten Grinsen aus dem Führerhaus ihres Betonmisch-Lkws. Eine lange Theoriephase hat sie in der Mescheder Fahrschule Schnier und Voss hinter sich gebracht, dazu viele Fahrstunden bei Lehrer Matthias Tschimmel absolviert. „Das war schon eine heftige Zeit“, sagt sie. Am Ende steht jedoch die Erkenntnis: „Es hat sich in jedem Fall gelohnt. Ich würde es immer wieder so machen.“

Theorie bereitet meiste Sorge

Was zur Umschulung neben den ersten Stunden hinter dem Lenkrad eines 40-Tonners ebenfalls dazu gehörte – und Schmidt im Vorfeld am meisten Sorgen bereitete -- waren die Theoriestunden. Nicht nur die Tatsache, dass sie in der Fahrschul-Klasse die mit großem Abstand älteste Fahrerin war, sondern auch die Angst davor, die komplizierten Inhalte nicht verstehen zu können, bereiteten ihr Sorge.

Das Trucker-Schild haben ihre Kinder Ute Schmidt  zu Weihnachten geschenkt.
Das Trucker-Schild haben ihre Kinder Ute Schmidt  zu Weihnachten geschenkt. © Joel Klaas | Joel Klaas

„Mit über 50 verarbeitet das Gehirn gewisse Informationen ja nicht mehr so schnell wie mit Anfang 20. Da hatte ich schon großen Respekt vor muss ich sagen“, blickt sie auf die vergangenen Monate zurück. Neben ihr im (teilweise virtuellen) Klassenraum fand sich die 51-Jährige plötzlich mit Männern und Frauen wieder, die ihre Kinder hätten sein können. „Wenn man aber offen ist und locker auf die Leute zugeht, ist das eigentlich nicht so das Problem. Klar ist es im ersten Moment ein bisschen komisch. Mit der Zeit fallen die Bedenken aber weg und man hat nur noch das gemeinsame Ziel vor Augen: den Führerschein zu schaffen“, erklärt sie.

Geringe Gefahr arbeitslos zu werden

Dass sie sie noch einmal die Schulbank drücken würde, hätte sich die lebensfrohe Sauerländerin vor einigen Jahren noch nicht vorstellen können. „Ich habe 10 Jahre lang im Olsberger Schwimmbad gearbeitet, danach war ich dann bei der Post“, erklärt sie. Dort wurde nach zweijähriger Tätigkeit ihr Arbeitsvertrag nicht mehr verlängert. „Daraufhin habe ich mir dann Gedanken gemacht. Ich wollte nicht wieder in die Situation kommen, unsichere Arbeit zu haben und alle zwei Jahre neu schauen zu müssen, was ich mache“, erklärt sie.

>>> Lesen Sie auch: Kostet der Döner in Meschede bald 7,50 Euro und mehr? <<<

Die Lösung: Der Lkw-Führerschein. Speditions- und Bauunternehmen suchen händeringend nach geeigneten Fahrerinnen und Fahrern. „Ich habe mir gedacht: Da ist die Gefahr, arbeitslos zu werden, mit Sicherheit extrem gering. Und darüber hinaus wollte ich sowieso immer schon mal Lkw fahren. Also bin ich zum Jobcenter gegangen und habe gesagt, dass ich eine Umschulung zur Lkw-Fahrerin machen möchte.“

Umschulung kostet rund 16.000 Euro

Gesagt – getan. Schmidt fackelte nicht lang und beantragte die Umschulung. Die Kosten von rund 16.000 Euro übernahm das Jobcenter in Form eines sogenannten Bildungsgutscheins. „Ich habe einige Zusatzqualifikationen gemacht. Ich darf jetzt also alles fahren, außer Benzin. Ich bin extrem dankbar für die Möglichkeit und freue mich, alles bestanden zu haben.“

Momentan befindet sich die 51-Jährige in den letzten Zügen ihrer Ausbildung, zu der auch ein mehrwöchiges Praktikum hinterm Steuer gehört. Für die Firma Ruhrtal Beton in Ostwig fährt sie nun Beton durch das gesamte Sauerland. „Die Arbeit macht unglaublichen Spaß. Die Kollegen sind sehr nett und haben mich super aufgenommen. Ich bin auf jeden Fall dankbar dafür, dass ich hier aufgenommen wurde“, erklärt sie.

Lkw-Fahrer werden gesucht

Nach Ende des Praktikums in wenigen Wochen hat Schmidt dann auch gleich einen Arbeitsvertrag bei ihrem aktuellen Praktikumsgeber in der Tasche. „Der Vertrag läuft dann erstmal nur für ein halbes Jahr, weil der Chef nicht weiß, wie die Situation dann wegen der aktuellen Umstände so aussieht. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich auch dann noch einen Job finde, sollte es nicht mit einer Weiterbeschäftigung klappen“, sagt sie.

Die Berufsaussichten für Lkw-Fahrer in Deutschland sind aktuell besser denn je. Laut Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), fehlen derzeit 80.000 Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer. Diese Zahl erhöhe sich jedes Jahr um 15.000. In der Regel gingen 30.000 Mitarbeitende in Ruhestand, aber nur 15.000 neue kämen hinzu.