Meschede. Fortsetzung im Skandal um die Pensionskasse der Caritas: Der Mescheder Stadtrat bezieht klar Position. Es geht um 482.000 Euro über 60 Jahre.

Die Stadt Meschede greift den Elternvereinen Freienohl und dem Mescheder Verein „Eltern für Kinder“ finanziell unter die Arme. Sie betreiben den Regenbogenkindergarten bzw den Filippo-Neri-Kindergarten. Der Beschluss im Stadtrat fiel einstimmig. Deutlich spürbar aber: Bei allen Ratsmitgliedern fiel dieser Beschluss mit geballter Faust in der Tasche.

Die Stadt Meschede muss jetzt aus ihrem Haushalt bis zum Jahr 2082 insgesamt rund 482.000 Euro an Ausgleichszahlungen für das Personal der beiden Kindergärten leisten. Doch nicht die beiden Elternvereine sind daran schuld: Die Schuld liegt bei der Pensionskasse der Caritas, die die Vereine zur betrieblichen Altersvorsorge nutzen.

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Bei der Pensionskasse aber entstand 2017 wegen niedriger Zinsen und Misswirtschaft eine Deckungslücke von 123 Millionen Euro. Nach und nach wurde dieses Ausmaß bekannt, das hinter dem Skandal steckt – und der eben bis hinunter zu den Freienohler und Mescheder Elternvereinen reicht: Als Arbeitgeber müssten sie eigentlich bei der Unterdeckung in der Finanzierung einspringen, können das aber natürlich nicht.

Auch nüchterne Gründe sprechen für Unterstützung

Um sie vor der Insolvenz zu bewahren, springt nun die Stadt ein. Wobei das auch nüchterne, praktische Gründe hat, sagte Bürgermeister Christoph Weber. Denn der Bedarf an den Kindergartenplätzen bleibe ja vor Ort erhalten. Würden beide Vereine insolvent sein, müsste ein neuer Träger gefunden werden, der die Einrichtungen übernehme. Als Rechtsnachfolger müsste der neue Träger aber dann die finanzielle Belastung übernehmen – unter diesem Gesichtspunkt werde sich doch niemand finden. Also müsse die Stadt das Problem lösen: „Es fällt uns sonst immer wieder in den Schoß zurück.“

Wieder wurde heftige Kritik an dem Konstrukt der Caritas geübt. Wie berichtet, hatten Vertreter des Diözesancaritasverbandes aus Paderborn betont, die Caritas-Pensionskasse habe nur dem Namen nach etwas mit Caritas zu tun. Rechtlich eigenständig, geben sich die Verbände in der Caritas untereinander keine Unterstützung. Deshalb habe Meschede auch keine finanzielle Hilfe zu erwarten. „Gruselig“, nannte Maria Gödde-Rötzmeier (UWG) das Konstrukt: Die katholische Kirche nutze „das Konglomerat für gute Zeiten, in schlechten Zeiten hat sie nichts damit zu tun“.

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Jürgen Lipke (SPD) zog diesen Vergleich: Wenn sich in Meschede ein „SPD-Autohaus“ gründe, würde er eine Abmahnung schreiben, weil es den Namen missbrauche. „Die Caritas versucht, uns Reibungswärme als Nestwärme zu verkaufen“, sagte Lipke. Ingrid Völcker (FDP) sprach von „solchen Luschen“ im Vorstand der Pensionskasse, die nicht gewusst hätten, dass es seit 30 Jahren Pensionssicherungsvereine gebe, die Risiken abgesichert hätten. Wolfgang Schröter (Grüne) sprach von einem „Wirtschaftsunternehmen, das eiskalt am Markt agiert“.

Einigkeit: „Wir können die Träger nicht hängen lassen“

Einig ist sich der ganze Rat, die gute Arbeit der beiden Vereine unterstützen zu wollen. „Wir können die Träger nicht hängen lassen“, sagte Josef Sommer (CDU). Nicht durchsetzen konnte sich die Idee, zunächst für ein paar Jahre erst einmal Hilfe zu gewähren. Dieses Signal könne missverstanden werden, so Kämmerer Jürgen Bartholme: „Das erzeugt eine gewisse Unsicherheit“ – denn das könnte ja bedeuten, dass womöglich in der Zukunft die Hilfe ausbleibe. Und neue Vorstände würden sich dann auch nicht finden.

Dr. Jobst Köhne (FDP) regte an, vorsorglich Rückstellungen für den Fall zu bilden, dass auch andere Vereine oder Beratungsstellen in Probleme kämen. Das lehnte der Kämmerer ab: Rückstellungen müssten begründbar sein, nicht hypothetisch. „Wenn andere Vereine Probleme hätten, werden es immer Einzelfallentscheidungen sein“, so Bartholme.

>>> HINTERGRUND <<<

Die Stadt will in dem Fall eine Rechtsberatung einholen: Sie will, dass mögliche Schadensersatzzahlungen der ehemaligen Vorstände mitverrechnet werden. Jährlich soll die Stadtverwaltung über den Fall den Rat informieren.

Die Stadt will die Wirtschaftsentwicklung der Pensionskasse beobachten, falls sich auch daraus mögliche geringere Zahlungen für sie ergeben könnten. Die Pensionskasse führt bestehende Verträge fort, nach deren Auslaufen wird es die Kasse nicht mehr geben. Sie ist in der Phase der Liquidation. 2020 meldete sie, es sei gelungen, das Eigenkapital zu stärken und drei Millionen Euro als Jahresüberschuss zu erzielen.

Unter Kontrolle der Bankenaufsicht Bafin musste die Pensionskasse einen Sanierungsplan erarbeiten.

Erst seit 2021 ist die Mitgliedschaft in einem Pensionssicherungsverein verpflichtend.