Meschede. In Meschede hat wieder ein so genannter „Corona-Spaziergang“ stattgefunden - mit einem Nachspiel später für einen Restaurant-Betreiber.
Kritiker der Corona-Maßnahmen haben am Mittwochabend einen gemeinsamen „Corona-Spaziergang“ durch Meschede unternommen. Rund 120 Menschen aus dem ganzen Hochsauerlandkreis nahmen daran teil - so viele wie noch nie. Alles verlief friedlich. Im Anschluss an den Spaziergang allerdings kam es zu einem Nachspiel an einem Restaurant - mit gravierenden Folgen für die Betreiber.
Buntgemischte Protestgruppe
Schon seit Februar, sagen Teilnehmer des „Spazierganges“, treffen sie sich mittwochs auf dem Stiftsplatz zu einem stummen Protest.
Anfangs sei es eine Handvoll gewesen, die Zahl der Teilnehmer wuchs danach stetig an. Punkt 18 Uhr kamen aus allen Richtungen am Mittwoch plötzlich Menschen auf den Stiftsplatz an der St.-Walburga-Kirche. Die Gruppe ist bunt: Männer und Frauen jeden Alters und Berufs, einige auch von kleinen Kindern begleitet, manche vom Hund. Ausdrücklich, betonen sie, seien keine Rechtsextremen unter ihnen. Polizei und Ordnungsamt beobachten das Treffen, weisen auf die Beachtung der Corona-Regeln hin.
Die Gruppe setzt sich dann in Bewegung, ihr Weg führt durch die Ruhrstraße, durch den Henne-Ruhr-Markt, über den Von-Stephan-Platz zurück zum Stiftsplatz. Gerufen oder skandiert wird nichts, es gibt keinerlei Transparente, einige Teilnehmer tragen Kerzen. „Das sind alles Leute aus der Mitte der Gesellschaft“, sagt ein jüngerer Teilnehmer - und sagt selbst von sich, er sei auch geimpft. Sein Grund für die Teilnahme: „Irgendwann reicht es mit den Corona-Maßnahmen.“
Ein anderer kritisiert: „Die Corona-Maßnahmen haben den Kindern geschadet.“ Ein Älterer: „Wir sind mit den ganzen Maßnahmen nicht einverstanden. Das Grundgesetz wird ausgehöhlt.“ Er sagt, in der Kita müssten die Kinder Maske tragen, die Politiker im Bundestag nicht. Eine Frau sagt, sie sei dabei, weil der Chef eines Verwandten dem gerade gedroht habe, er werde ihn „jagen, bis er geimpft ist“ - „das geht doch nicht“, sagt die Frau.
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Am Stiftsplatz applaudiert man sich gegenseitig, die Kerzen werden am Ehrenmal abgestellt und zu einem Herzen geformt. Nach einer halben Stunde ist scheinbar alles vorbei. Jetzt ermahnt die Polizei die Teilnehmer, dass sie nächstes Mal „angesichts der Größe der Veranstaltung“ diese Versammlung anmelden müssten - und dann müsse es auch einen Versammlungsleiter und Ordner geben, wie bei anderen Veranstaltungen - das diene der Sicherheit aller:
Auch wenn nur von einem Spaziergang die Rede sei - „es ist eine Versammlung, machen wir uns nichts vor“. Notfalls werde die Polizei jemanden vor Ort zum Versammlungsleiter ernennen. Bislang gab es keinen offensichtlichen Ansprechpartner.
Für die Ermahnung jetzt suchte sich die Polizei einen Mann als Ansprechpartner heraus, der ihrer Meinung nach auf dem Weg der Gruppe durch die Stadt die Zeichen gegeben habe, in welche Richtung man gehen solle. Es werde aber schwierig, heißt es aus der Gruppe, einen Versammlungsleiter zu finden: Alle Teilnehmer seien schließlich im HSK berufstätig und hätten Sorge vor Repressalien, wenn ihre Namen genannt würden. Gleichzeitig ist zu erfahren, dass man sich für nächsten Mittwoch zum nächsten Treffen in Meschede verabrede.
Teilnehmer wollen sich bei Glühwein aufwärmen
Mit Auflösen des Treffens auf dem Stiftsplatz gingen die meisten Teilnehmer gemeinsam in Richtung Rebell, am Restaurant De Luca wollte man sich mit Glühwein wieder aufwärmen.
Das Restaurant wirbt aktuell offensiv mit einem „Freidenker“-Plakat draußen, zuletzt hing auch das Bild und der Spruch der NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl hier: „Der größte Schaden entsteht durch die schweigende Mehrheit, die nur überleben will, sich fügt und alles mitmacht.“ Jetzt allerdings betreten zu viele Besucher auch ohne Schutzmaske das Restaurant. Auch das beobachten Polizei und Ordnungsamt. Nach einer Weile verbieten sie den Zugang in das Restaurant.
Dann kommt die Ansage nach draußen: Wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung werde das Restaurant mit sofortiger Wirkung von der Stadt Meschede geschlossen, der weitere Betrieb auf der Stelle untersagt. Die Polizei leistet in diesem Fall Amtshilfe für die Stadt, die für die Einhaltung der Corona-Schutzverordnung zuständig ist.
Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes holt Verstärkung, der wiederum bringt direkt rote, amtliche Siegel (offiziell: „Ordnungsbehördliche Versiegelung“) mit. In Gegenwart der „Corona-Spaziergänger“ wird die Eingangstür mehrfach versiegelt. Laut wird den Spaziergängern mitgeteilt, wer das Siegel breche, dem drohen Haftstrafen bis zu fünf Jahren. Die Stimmung wird wütend: Es gibt Pfiffe, sarkastischen Beifall, Protestrufe.
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Familie De Luca meldete sich noch am Abend auf Instagram und zeigte ein Foto von der versiegelten Eingangstür und schrieb: „Heute wurde uns geschlossen. Wir danken allen Gästen, für die Unterstützung“. Eine Anfrage unserer Zeitung blieb unbeantwortet.