Bestwig. Im Bestwiger Gemeinderat ging es kurz vor Weihnachten wenig besinnlich zu. Die Grünen sorgten für eine lange Debatte mit ungewohnter Schärfe.

Der Bestwiger Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung des Jahres den Haushaltsplan für das kommende Jahr verabschiedet - gegen die Stimmen der zweiköpfigen Grünen-Fraktion. Der Abstimmung war eine längere Debatte vorausgegangen, die von einer für Bestwiger Verhältnisse ungewohnten Schärfe geprägt war. Grund waren Aussagen von Grünen-Fraktionschef Matthias Scheidt in seiner Haushaltsrede sowie mehrere Anträge seiner Fraktion.

Matthias Scheidt, Fraktionsvorsitzender der Grünen.
Matthias Scheidt, Fraktionsvorsitzender der Grünen. © Unbekannt | Cathrin Meyer

Scheidt hatte der Verwaltung im Zusammenhang mit den Planungen für ein interkommunales Gewerbegebiet eine mangelhafte Information des Rates vorgeworfen und von einem fragwürdigen Vorgehen gesprochen. Spätestens im Gemeindeentwicklungsausschuss hätte Scheidt sich entsprechende Informationen gewünscht.

Der allerdings war abgesagt worden, weil es zu wenig entscheidungsreife Punkte gab. „Besonders schade finde ich die Absage, weil ich Sie kurz vorher noch darum gebeten habe, unseren Antrag aus der letzten Haushaltsrede zur Evaluierung der Wirtschaftsförderung auf die Tagesordnung zu nehmen und über die aktuelle Arbeit der Wirtschaftsförderung zu berichten. Ein Schelm, wer da einen Zusammenhang sieht“, giftete Scheidt in Richtung Bürgermeister Ralf Péus.

Reaktion auf Vorwürfe

Einen Vorwurf den Péus scharf zurückwies - ebenso wie Scheidts Vorschlag, den Gemeindeentwicklungsausschuss auch dann tagen zu lassen, wenn es nichts zu entscheiden gibt. Gerade in der Corona-Zeit sei es geboten, auf unnötige Sitzungen zu verzichten, so Péus. „Nur eine reine Show-Veranstaltung, in der es nichts zu entscheiden gibt, werden wir ihnen nicht vorschlagen“, stellte er klar. Zumal es Informationen zu den Planungen für das interkommunale Gewerbegebiet sehr wohl gegeben habe - allerdings zu einem Zeitpunkt, als die Grünen noch nicht dem Rat angehörten. Seitdem habe es beim Sachstand keine dramatischen Veränderungen gegeben.

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Das ziemlich große Misstrauen gegenüber dem Bürgermeister und der Verwaltung, das er aus Scheidts Rede herausgehört habe, finde er „ehrlich gesagt unpassend“, gab Péus dem Grünen-Fraktionschef mit auf den Weg. „Wir sind bisher immer gut miteinander umgegangen und klargekommen. So eine Schärfe haben wir nie gebraucht.“ Aber vielleicht sei man ja einfach noch nicht in der Realität angekommen, so Péus mit einem gewissen Zynismus.

Kritik von CDU und SPD

Deutliche Kritik übten CDU und SPD an den Anträgen der Grünen. Dabei ging es allerdings weniger um deren Inhalt, als um den Zeitpunkt der Antragstellung. „Bereits im letzten Jahr haben wir und auch die SPD angemerkt, dass es wenig zielführend ist, Anträge so kurzfristig zu stellen, dass den Fraktionen keine Zeit bleibt, ausführlich darüber zu diskutieren“, erinnerte Christdemokrat Markus Sommer. Leider nichts gelernt, könne man da nur sagen. Und das sei schade.

Alexander Brockhoff, Fraktionsvorsitzender der CDU.
Alexander Brockhoff, Fraktionsvorsitzender der CDU. © Unbekannt | Archiv

In den Anträgen der Grünen geht es unter anderem um eine Erweiterung des Wohnbauflächenkonzeptes um soziale Aspekte sowie um das Vorgehen bei der Vergabe von gemeindeeigenen Grundstücken, für die mehrere Interessenten vorliegen. Außerdem fordern sie vom Bürgermeister das Aufstellen einer langfristigen Planung aus der hervorgehen soll, mit welchen Maßnahmen die strukturelle Haushaltslücke mittelfristig geschlossen werden kann. „Die Aspekte in den Anträgen mögen ja zum Teil vielleicht gar nicht so verkehrt sein“, formulierte es SPD-Fraktionschef Paul Theo Sommer.

Aber das kurzfristige Vorlegen solcher Anträge sei ein Miteinander, das - vor allem nach den Hinweisen aus dem vergangenen Jahr - nicht gehe. Auch, wenn es rechtlich natürlich erlaubt sei. „Ohne eine Diskussion in den Fraktionen können wir nicht darüber zu entscheiden“ stellte er klar. Und die soll nun möglich werden. Nach einer von der SPD beantragten Sitzungsunterbrechung einigte man sich darauf, die drei Anträge in die jeweiligen Fachausschüsse zu verweisen.

Weitgehend Einigkeit

Was den eigentlichen Haushalt für 2022 angeht, herrschte indes weitgehend Einigkeit. Mit der Verabschiedung des Zahlenwerks billigte der Rat gleichzeitig Investitionen in Höhe von 6,2 Millionen Euro. Damit wird die Gemeinde im nächsten Jahr 2,1 Millionen Euro mehr investieren als im vergangenen Jahr. Angesichts einer gewissen Zurückhaltung in den vergangenen Jahren müsse das auch so sein, wie CDU-Fraktionschef Alexander Brockhoff in seiner Haushaltsrede betonte. Investitionen in die Infrastruktur, in die Straßen, die Feuerwehren, die Schulen und die Sportstätten seien gut und richtig, so Brockhoff. Der Bestwiger Haushalt weist für das kommende Jahre zwar einen Fehlbetrag in Höhe von knapp 250.000 Euro auf und ist durch den erforderlichen Griff in die Ausgleichsrücklage „nur“ fiktiv ausgeglichen. Das aber sei kein Grund, schwarz zu malen so Brockhoff. Allerdings gebe es auch nichts zu verschenken.

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Breiten Raum nahm in allen drei Haushaltsreden die geplante Umwandlung des Valmesportplatzes in eine Breitensportanlage ein, die künftig von allen Vereine und Schulen in der Gemeinde, von Jugendlichen, Kindern und Senioren genutzt werden soll. Die Nachfrage nach Sportmöglichkeiten und die Angebote seien da, jetzt müsse nur noch das Umfeld und die Infrastruktur stimmen, so Brockhoff. Die Hoffnung auf eine 90-prozentige Förderung haben Rat und Verwaltung zwar noch nicht aufgegeben. Aus Sicht von Brockhoff sind die Chancen auf einen Zuschlag aber sehr gering.

„Wenn wir die Förderung bekommen, ist das natürlich super. Aber wenn nicht, dann soll der Sportplatz trotzdem gebaut werden“, betonte Brockhoff für die CDU. Der Zustand sei wirklich grenzwertig. „Wir können nicht mehr so lange warten, bis ein anderes Förderprogramm vom Himmel fällt“.

Paul Theo Sommer, Fraktionsvorsitzender der SPD.
Paul Theo Sommer, Fraktionsvorsitzender der SPD. © Unbekannt | Cathrin Meyer

Auch Paul Theo Sommer von der SPD hob die enorme Bedeutung des Projektes hervor. Dieser gemeindeeigene Sportplatz werde auch künftig dringend benötigt und als Gemeinde müsse dafür Sorge getragen werden, dass der Platz von seiner Beschaffenheit den Anforderungen für Training und Spiel gerecht werden kann.

Sanierung dringend notwendig

„Wir sind der Meinung, dass ein solcher Platz gerade für die Bestwiger Kinder- und Jugendmannschaften und auch für den Schulsport gebraucht wird und die dringend notwendige Sanierung nicht jahrelang aufgeschoben werden kann“, fand Sommer ähnliche Worte wie Brockhoff. Sommers Vorschlag: Sobald Klarheit über „Förderung oder nicht“ bestehe, soll sich der Rat mit dem Thema beschäftigen - mit dem Ziel das Projekt Kunstrasenplatz umzusetzen.

Grundsätzlichen Handlungsbedarf sehen zwar auch die Grünen. „Aber nicht unbedingt in Form eines Kunstrasenplatzes“, so Scheidt. Immerhin sei der finanzielle Bedarf in Höhe von 650.000 Euro für eine kleine Gemeinde wie Bestwig alles andere als unerheblich. Bevor es final an eine mögliche Vergabe ohne Förderbescheid geht, wünschen sich die Grünen einen runden Tisch zur Klärung des tatsächlichen Bedarfs.

Keine Steuererhöhungen

Sowohl SPD auch als CDU betonten in ihren Haushaltsreden den Verzicht auf eine Steuererhöhung im kommenden Jahr. „Das ist gerade in der heutigen Zeit mit den massiven Erhöhungen der Energiepreise das richtige Zeichen, dass nicht alles teurer werden muss“, so Paul Theo Sommer von der SPD. Auch er hob, ebenso wie Brockhoff, die Bedeutung der Investitionen in Schulen und Feuerwehren hervor. Außerdem ging er einmal mehr auf die Unterstützung der Vereine ein: Ein Beispiel, dass Vereine Unterstützung bräuchten, sei im Juni der Antrag des TV Ostwig auf Gewährung eines gemeindlichen Zuschusses gewesen, um nach einem Sturmschaden eine neue LED-Flutlichtanlage errichten zu können. „Die Zustimmung ist für uns die Botschaft, dass wir bei der Notwendigkeit einer Unterstützung unsere Vereine nicht im Regen stehen lassen und im entsprechenden Rahmen finanzielle Unterstützung gewähren“, so Sommer.