Meschede/Hochsauerlandkreis. Unter den Antragstellern für eine Corona-Soforthilfe waren auch Betrüger. Oberstaatsanwalt Thomas Poggel aus Meschede nennt dreiste Beispiele.
Corona hat auch kriminelle Energie geweckt. Denn unter den Antragstellern, die sich in der Krise um eine finanzielle Soforthilfe bewarben, waren auch Betrüger. Die Staatsanwaltschaft in Arnsberg kennt bislang 186 Fälle: Sie laufen unter Subventionsbetrug.
Die Höhe der Soforthilfe war im vergangenen Jahr von der Betriebsgröße abhängig: Für bis zu fünf Beschäftigte gab es 9000 Euro, für bis zu zehn Beschäftigte 15.000 Euro; jeweils aus Bundesmitteln. Das Land NRW wiederum stockte auf: Für zehn bis 50 Beschäftigten wurden 25.000 Euro gezahlt. Alle Anträge wurden über die Bezirksregierung Arnsberg abgewickelt.
Soforthilfe für eine Fantasie-Gaststätte
Hinter den 186 Fällen versteckt sich keine Schusseligkeit, bei der womöglich Anträge aus Unwissenheit falsch ausgefüllt wurden: „Das sind alles echte Straftaten“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Poggel (Meschede). Er nennt auch Beispiele. Da wurde Soforthilfe für eine Fantasie-Gaststätte beantragt, die es überhaupt nicht gab, und die angeblich auch noch sechs Beschäftigte haben sollte: „Das ist so passiert.“
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Bedingungen für die Soforthilfe war, ein Unternehmen musste vor der Corona-Krise wirtschaftlich gesund gewesen sein. Durch die Krise wiederum mussten sich die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert haben, der Betrieb war auf Anordnung geschlossen worden oder die vorhandenen Mittel reichten nicht aus für die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen – es konnten also keine Mieten oder Leasingraten bezahlt werden. Unter den Antragstellern auf Soforthilfe waren aber auch frühere Firmeninhaber, deren Unternehmen bereits wegen Insolvenz gelöscht war und die es gar nicht mehr gab: „Es gab viele Verfahren, bei denen schnell klar geworden ist, dass der Betrieb gar nicht mehr bestanden hat – oder nie bestanden hatte“, sagt Thomas Poggel.
Verdachtsanzeigen durch Banken und Sparkassen
Außerdem war Bedingung für die Auszahlung der Soforthilfe, dass der Antragsteller den Betrieb auch hauptberuflich führte. Auch dabei stellte sich manchmal das Gegenteil heraus: „Für nebenberufliche Tätigkeit gab es keine Soforthilfe. Wo nachzuweisen war, dass jemand bewusst Soforthilfe beantragt hat, obwohl er wusste, dass es nur ein Nebenberuf war, dann war das auch eine Betrugstat.“
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Aufgefallen sind die Betrüger nicht nur bei der Bezirksregierung, sondern auch bei den Banken und Sparkassen. Denn die sind nach dem Geldwäschegesetz verpflichtet, so genannte Verdachtsanzeigen abzugeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass Geld auf Konten aus Straftaten kommt. Oberstaatsanwalt Poggel nennt so ein Beispiel: „Da fiel auf, dass Geld auf einem Konto war, obwohl es ein Pfändungsschutzkonto ist.“ Da war jemand insolvent und hätte nur Gelder bekommen dürfen, die er für seinen Lebensunterhalt beziehen darf: „Und auf einmal kommen dann 6000 Euro auf das Konto.“
Bisher 80 Verfahren zu den Betrügereien sind bereits über Strafbefehle oder durch Anklagen vor Gericht erledigt. In der Regel sind Geldstrafen fällig: Meist 90 Tagessätze, deren jeweilige Höhe sich nach dem Gehalt richtet – außerdem muss natürlich die Soforthilfe zurückgezahlt werden. Je nach Vergangenheit des jeweiligen Beschuldigten kann auch eine Haftstrafe drohen – der Paragraf 264 im Strafgesetzbuch sieht dafür bis zu fünf Jahre Gefängnis vor.
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Nicht zählen kann Thomas Poggel jene Anzeigen, die es auch in seiner Staatsanwaltschaft gegen die Corona-Maßnahmen gegeben hat. Mangels Anfangsverdacht seien sie eingestellt worden – Poggel weiß, dass diese Anzeigen flächendeckend über alle Staatsanwaltschaften in Deutschland gestellt wurden: „Die Absender waren häufig sogar dieselben.“ Die Anzeigen hätten sich zum Beispiel gegen Mitarbeiter der Gesundheitsämter und der Impfzentren gerichtet, auch gegen Mitglieder der Landes- und Bundesregierung, selbst gegen den prominenten Virologen Christian Drosten.
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Eingestellt worden sind im Bereich der Staatsanwaltschaft Verfahren gegen zwei Corona-Testzentren, sagt der Oberstaatsanwalt: Dort gab es Vorwürfe im Zusammenhang mit vermeintlich gefälschten Coronatests.
Die Ermittlungen hätten allerdings ergeben, dass es dabei nachweislich Bedienungsfehler gegeben hätte – unabsichtlich, weil beim Üben aus Versehen zum Beispiel echte Ausdrucke gemacht wurden.