Bad Fredeburg. Die Booster-Impfung wird für Senioren über 70 Jahren empfohlen. In Schmallenberg ist sie offenbar nur schwer zu bekommen.

Alle über 70-Jährigen, bei denen die zweite Impfung mehr als ein halbes Jahr zurückliegt, sollen sich erneut gegen Covid19 impfen lassen. Eine solche „Booster-Impfung“ empfiehlt die Ständigen Impfkommission. Deshalb suchte auch Armin Hennecke aus Bad Fredeburg jemand, der seine Mutter impft, sie über 80 Jahre alt. Doch das gelang erstmal nicht.

„Das war gar nicht so einfach“, erzählt er. Der Hausarzt der alten Dame erklärte ganz klar, er impfe nicht. Das sei neben dem normalen Geschäft nicht zu schaffen. Auch Henneckes Geschwister, die bei ihren Ärzten fragten, fanden in Schmallenberg keinen Mediziner, der auf absehbare Zeit einen Impftermin anbieten konnte. „Die nächsten Termine lagen im Februar.“ Hennecke hat Verständnis: „Wir haben in Schmallenberg einfach zu wenig Ärzte.“ Langsam begann er sich aber Sorgen zu machen.

Ärger über lange Wartezeit

Willi Benzel ist weniger besorgt als verärgert. Auch der 75-Jährige hat versucht in Bad Fedeburg einen Termin für die Booster-Impfung zu bekommen. „Bei meinem Hausarzt schimpfte die Mitarbeiterin über die Politik, die ihnen diese Sache nun neben dem normalen Tagesgeschäft aufgebürdet habe.“ Einen Termin bekam er für den 8. März 2022, das halbe Jahr Abstand, das für die Booster-Impfung empfohlen wird, wäre bei ihm am 4. Dezember vorbei.

Impfbus als Ausweichmöglichkeit

Hennecke wollte auf einen solch späten Termin nicht warten. „Bei meiner Mutter ist die Zweitimpfung schon jetzt acht Monate vorbei.“ Er suchte nach einer Alternative und fand sie im Kreis Olpe. Googelt man nämlich Impfung oder Booster-Impfung und Kreis Olpe landet man auf den Zeiten des Impfbusses, der regelmäßig die Ortschaften des Kreisgebietes abfährt. Versucht man das mit den Stichworten „Impfung und Hochsauerlandkreis“ - landet man erst mal auf Informationen zum geschlossenen Impfzentrum. „Für mich war nicht ersichtlich, wo es eine solche Möglichkeit im HSK gibt.“ Hennecke fuhr also mit seiner Mutter nach Kirchhundem. „Etwa 20 Menschen haben dort mit uns gewartet. Das Ganze dauerte nicht länger als eine halbe Stunde.“ Hennecke fragt sich nun, warum das nicht auch im Hochsauerlandkreis möglich ist.

Ortsnahe Lösung gefordert

Benzel allerdings befürchtet, dass das auf Dauer auch keine gute Idee ist, wenn sich alle Älteren am Impfbus anstellen. Dafür sei der doch gar nicht ausgelegt. „Sollen wir dann alle draußen warten? Schon das Impfzentrum habe den Andrang am Anfang nur schwer bewältigt. Er fordert eine koordinierte ortsnahe Lösung.

Im Impfbus  des HSK Krankenschwester spritzt Ivonne Klaucke dem Mescheder Suayid Cetin eine Dosis Biontech. Im Hintergrund zieht die pharmazeutisch technische Assistentin Kristina Schulte-Cramer schon die nächste Spritze auf.
Im Impfbus des HSK Krankenschwester spritzt Ivonne Klaucke dem Mescheder Suayid Cetin eine Dosis Biontech. Im Hintergrund zieht die pharmazeutisch technische Assistentin Kristina Schulte-Cramer schon die nächste Spritze auf. © WP | Benedikt Schülter

Neuorganisation beim HSK geplant

Dazu erklärt Martin Reuther, Pressesprecher des HSK, auch im HSK sei Impfbus unterwegs ist, zuletzt in Arnsberg, Meschede und Neheims. Kurzfristig wurden weitere Termine in Brilon und Marsberg ergänzt. Aktuell plane der Kreis eine Neuorganisation der mobilen Impfungen, weil es für den Bus schlicht zu kalt werde. Man sei in Gesprächen, erklärte Reuther.

Praxen müssen Impfangebot organisieren

KVWL nennt Wartezeiten Dass Bürger Schwierigkeiten haben, einen Termin für eine Drittimpfung auszumachen sei „ärgerlich“, schreibt Vanessa Pudlo, Pressesprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) auf Nachfrage dieser Zeitung, „und sollte so auch nicht vorkommen.“ Grundsätzlich sei der Hausarzt dafür zuständig. Wenn die KVWL von Schwierigkeiten vor Ort erfahre, suche sie den Kontakt zum ärztlichen Regionalleiter und zur KVWL-Bezirksstelle, um eine Lösung im Sinne der Patienten zu finden.

Natürlich könne es vereinzelt zu Wartezeiten in den Praxen kommen, denn diese müssten den Impfstoff auch mit einer Vorlaufzeit von zwei Wochen bestellen, Zeitfenster zum Impfen einrichten und gleichzeitig noch den normalen Praxisalltag koordinieren. „Da der Impfschutz aber nicht auf Knopfdruck verschwindet ist es legitim, wenn die Praxen die Drittimpfungen terminieren und strukturiert abarbeiten.“ Sie rät den Patientinnen und Patienten deshalb, sich frühzeitig um einen Termin zu kümmern.

Der dritte Aufkleber der Impfung gegen Covid-19 befindet sich in einem Impfbuch eines älteren Mannes nach seiner Auffrischungsimpfung in einem temporären mobilen Impfzentrum. In Schmallenberg ist dieser Aufkleber offenbar gar nicht so einfach zu bekommen.
Der dritte Aufkleber der Impfung gegen Covid-19 befindet sich in einem Impfbuch eines älteren Mannes nach seiner Auffrischungsimpfung in einem temporären mobilen Impfzentrum. In Schmallenberg ist dieser Aufkleber offenbar gar nicht so einfach zu bekommen. © dpa | Daniel Karmann

KVWL verweist auf die Hausärzte

Sollte der eigene Hausarzt nicht impfen, so verweist sie auf die KVWL-Webseite auf der Praxen aufgelistet seien, die auch praxisfremde Patienten impfen. Dort findet man aber nur Dr. Wojciech Wiazel in der Schmallenberger Bahnhofstraße. Es folgen Ärzte in Winterberg, Lennestadt und Meschede.

Grundsätzlich, so Pudlo, sollten Drittimpfungen in erster Linie nicht bei mobilen Impfteams, sondern in den Praxen stattfinden. „Die mobilen Teams übernehmen in der Regel die Erst- und Zweitimpfungen. Dass es hier aber zu Überschneidungen kommen kann,“ so Pudlo, „lässt sich im Einzelfall kaum vermeiden - und auch nicht kontrollieren.“

Armin Hennecke sieht das ähnlich, findet aber auch, dass KVWL und Kreis in der Pflicht sind: „Es muss doch für die Älteren, die nicht in Heimen leben und noch Kontakte zu Kindern und Enkeln pflegen wollen, eine zeitnahe und praktikable Möglichkeit geben zum dritten Mal geimpft zu werden.“ Und Willi Benzel findet das Ganze schlicht skandalös. „Da kann man doch wirklich das Vertrauen in die Politik verlieren.“

>>>HINTERGRUND

Ursprünglich war ein öffentlicher Impftermin in Schmallenberg am 8. November im Alexanderhaus geplant. Dieser ist nun verschoben worden, da der Montag kein regulärer Termin für den Bus sei, außerdem erhofft man sich an einem anderen Tag mehr Impfwillige.

Als neue Impftermine in der Region sind nun laut Auskunft des HSK geplant: Donnerstag, 11. November, zwischen 11 und 17 Uhr und Freitag, 17.Dezember, von 11 bis 17 Uhr im Alexanderhaus. Beide Termine laufen ohne vorherige Anmeldung. Mitzubringen sind der Impfausweis und der Personalausweis.

Verantwortlich ist das Mobile Impfteam, die Termine werden - wie der Impfbus - vom Kreis organisiert.

+++Lesen Sie auch Das Nordhaus: Ein neues Geschäft bereichert Bad Fredeburg+++

Wer sich jetzt impfen lassen darf und sollte

Gemäß der STIKO-Empfehlung vom 18. Oktober können aktuell folgende Personengruppen eine dritte Impfung gegen Corona erhalten:

•Personen im Alter von mehr als 70 Jahren

•Bewohner und Betreute in Einrichtungen der Pflege für alte Menschen. Aufgrund des erhöhten Ausbruchspotenzials sind hier auch Bewohner im Alter von unter 70 Jahren eingeschlossen.

•Pflegepersonal und andere Tätige mit direktem Kontakt mit den zu Pflegenden in ambulanten, teil- oder vollstationären Einrichtungen der Pflege für alte Menschen oder für andere Menschen mit einem erhöhten Risiko für schwere COVID-19-Krankheitsverläufe

•Personal in medizinischen Einrichtungen mit direktem Patientenkontakt

Die dritte Impfung kann frühestens sechs Monate nach der zweiten Impfung verabreicht werden. Außerdem können Personen, die den Impfstoff von Johnson und Johnson erhalten haben, eine weitere Impfung nach vier Wochen erhalten, um ihren Impfschutz zu optimieren. Auch Personen über 60 Jahre können – laut Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz – nach ärztlichem Ermessen eine Auffrischungsimpfung erhalten.