Bestwig. Anwohner des Schulzentrums Bestwig leiden unter Zechgelagen von Jugendlichen. Jetzt ist ein Maß erreicht, das sie sich nicht mehr bieten lassen.

Der Frust sitzt tief bei den Anwohnern des Bestwiger Schulzentrums. Zu acht haben sie sich versammelt, um von den Zuständen zu berichten, die sie seit Jahren und Jahrzehnten ertragen müssen. Und es wäre ein Leichtes gewesen, noch mehr leidgeplagte Nachbarn zusammenzutrommeln, da sind sie sich sicher.

Ihre Botschaft ist eindeutig: „So kann und darf es nicht mehr weitergehen!“ Alles, was sie sich wünschen: Eine Rückkehr der Ruhe in den Abendstunden und in der Nacht. Mal wieder in Ruhe auf der Terrasse sitzen zu können. Beim Zubettgehen nicht die Sorge haben zu müssen, schon wieder aus dem Schlaf gerissen zu werden. Das aber scheint nicht allzu einfach zu sein. Seit einer gefühlten Ewigkeit leiden sie inzwischen unter Zechgelagen von Jugendlichen auf dem benachbarten Schulgelände.

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Niemand von ihnen hat gezählt, wie lange das schon so geht. Und irgendwann haben sie auch aufgehört zu zählen, wie oft sie schon die Polizei gerufen und das Bestwiger Ordnungsamt verständigt haben. Einer von ihnen hat jedenfalls schon als Kind die leeren Schnapsflaschen und den Müll der Jugendlichen aufgesammelt. Heute ist er erwachsen. Es habe zwischendurch immer mal wieder Zeiten gegeben, in denen es nicht ganz so schlimm gewesen sei. In der jüngsten Zeit sei es aber immer schlimmer geworden. „Und nun ist ein Maß erreicht, an dem wir uns das nicht mehr gefallen lassen“, sagen sie unisono. „Es reicht! Wir lassen uns nicht länger abspeisen!“

Was die Jugendlichen von der Polizei halten, haben sie auf dem Schulgelände verschriftlicht. Die Treppe ist in den Abend- und Nachtstunden ein beliebter Treffpunkt für ihre Zechgelage.
Was die Jugendlichen von der Polizei halten, haben sie auf dem Schulgelände verschriftlicht. Die Treppe ist in den Abend- und Nachtstunden ein beliebter Treffpunkt für ihre Zechgelage. © Frank Selter

Niemand von ihnen hätte etwas dagegen, wenn sich die Jugendlichen auf dem Schulgelände treffen und in Ruhe quatschen würden. Aber es wird gegrölt. Es wird harter Alkohol getrunken. Es werden Schnapsflaschen zertrümmert. Und es dröhnt unerträglich laute Musik aus den Boxen. Und das nicht nur einmal in der Wochen, sondern mehrfach. Nicht nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche. Nicht nur ein paar Stunden, sondern bis früh in den Morgen.

Schlafend in den Büschen

Eine der Anwohnerinnen erinnert sich noch mit Grauen an einen der vergangenen Samstage zurück. Da habe sie um 1.15 Uhr in der Nacht die Polizei angerufen, weil ihr Kind vor lauter Lärm nicht habe schlafen können. Ob die Beamten diesmal tatsächlich vor Ort waren, wagt sie zu bezweifeln. Denn gefeiert worden sei auf dem Schulgelände bis 4.15 Uhr in der Früh. „Aber das ist auch schonmal bis 8 Uhr morgens so gegangen“, ergänzt einer der Nachbarn. Und manchmal liege ein Teil der Jugendlich dann sogar schlafend im Gebüsch. Was dort sonst noch so „getrieben“ werde, wolle man erst gar nicht wissen. Fakt sei jedenfalls auch, dass viele Spaziergänger den Grabweg wegen der Zustände inzwischen meide.

All das wisse das Ordnungsamt auch. Und auch beim Bürgermeister höchstpersönlich sei man bereits gewesen. „Wir kümmern uns“, sei ihnen im Rathaus immer wieder versprochen worden. Getan habe sich allerdings nichts. Zwar seien irgendwann mal Videokameras installiert worden. Die kritischen Bereiche, um die es den Anwohnern in diesem Fall geht, haben sie allerdings nicht im Blick.

Aufenthalt ab 22 Uhr untersagt

Das provisorische Schild, das darauf hinweist, dass der Schulhof zur Eindämmung der Corona-Pandemie aktuell geschlossen ist, ist inzwischen so verblichen, dass es kaum noch lesbar ist. Aber selbst wenn es deutlich zu lesen wäre, würde sich vermutlich keiner der Jugendlichen daran halten. Schließlich wird auch das Blechschild ignoriert, auf dem sehr gut leserlich darüber informiert wird, dass der Aufenthalt auf dem Schulhof ab 22 Uhr untersagt ist.

Das Schild, das auf die Sperrung der Anlage hinweist, ist so verblichen, dass es kaum noch zu lesen ist.
Das Schild, das auf die Sperrung der Anlage hinweist, ist so verblichen, dass es kaum noch zu lesen ist. © Frank Selter

Die Kritik der Anwohner richtet sich in erster Linie gegen die Gemeinde. Es sei eine Schande, dass dort nicht gehandelt werde. Eine denkbare Lösung könnte aus Sicht der Anwohner etwa ein hoher Zaun ums Schulgelände sein. Den gebe es schließlich in anderen Orten auch. Und das wäre dann eben eine Sache für den Rat und die Gemeindeverwaltung. Vorstellen können sie sich auch den Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes - so wie ihn Eslohe. Dort läuft ein Sicherheitsdienst nach ähnlichen Anwohner-Beschwerden aus dem Bereich des Kurparks regelmäßig Streife.

Zumindest aber, so die Forderung der Anwohner, müsste die Gemeindeverwaltung dafür sorgen, dass die Polizei in den Abend- und Nachtstunden am Schulzentrum kontrolliere - wenn schon das eigene Ordnungsamt nichts unternehme. „Langsam aber sicher kommen wir uns schon doof vor, uns immer wieder bei der Polizei zu melden“, sagen sie.

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Dabei könne man gegen die Beamten wirklich nichts sagen, betonen sie. „Die kommen in den allermeisten Fällen, wenn wir angerufen haben“. Das Problem sei aber, dass die Jugendlichen schon beim Anblick der Scheinwerfer die Beine in die Hand nehmen und verschwunden sind, bevor die Polizisten überhaupt aussteigen. Und wenn die Beamten mal einen Teil der Jugendlichen erwische, zeige der sich wenig beeindruckt. „Sonst würden die ja nicht immer wieder kommen!“

Hoffnung aufgegeben

Die Hoffnung, dass es mit den nun sinkenden Temperaturen ruhiger wird, haben die Anwohner inzwischen aufgegeben. Es ist schließlich nicht der erste Herbst und Winter, den sie mitmachen. „Bevor die sich irgendwo im Warmen treffen, legen sie lieber auf dem Schulhof noch einen Zapfen drauf, damit sie nicht frieren“, sagt einer der Anwohner und schiebt hinterher: „Wir könnten inzwischen ganze Bücher schreiben“. Nun wollen sie mit Nachdruck dafür sorgen, dass endlich das letzte Kapitel geschrieben werden kann.

  • Auf Bitten eines Anwohners hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Paul Theo Sommer das Thema in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates angesprochen. Zumindest die neuesten Entwicklungen waren dabei für Ordnungsamtsleiterin Claudia Schmitten neu. Sie verwies darauf, in engem Kontakt mit der Polizei zu stehen.
  • Aufgrund der Personalressourcen sei es für das Ordnungsamt schwierig, an den Wochenenden und in den Nachtstunden zu kontrollieren, so Schmitten. Gleichwohl wolle man der Sache nachgehen.
  • Zudem wolle man den neuen Kontaktbeamten Thomas Becker bei seiner Vorstellung im Rathaus und Wachleiter Norbert Sapp für das Thema sensibilisieren.
  • Eines, so betonte Bürgermeister Ralf Péus, müsse allerdings festgehalten werden: „In den vergangenen Jahren hatten wir viel größere Probleme - auch an verschiedenen anderen Orten. Sei es auf dem Rathausplatz oder an der Ruhr.“ Insgesamt, so der Bürgermeister, sei die Situation bereits ruhiger geworden.