Bestwig. Der Bestwiger Unternehmer Jochen Schmelter ist sauer auf die Gemeinde. Hintergrund ist die Anschaffung von Lüftungsanlagen für die Grundschulen.
Die Gemeinde Bestwig will vor dem Hintergrund der Corona-Krise in den Klassenzimmern ihrer Grundschulen moderne Lüftungsanlagen einbauen lassen. Eigentlich eine gute Nachricht für Kinder, Eltern und Lehrer. Als heimischer Unternehmer empfindet Jochen Schmelter sie jedoch als Schlag ins Gesicht, wie er sagt. Die Entscheidung sei aber auch für ihn als Bürger und Vater nicht nachvollziehbar.
Hintergrund seines Ärgers: Schmelters Unternehmen „Schmelter LED-Technology“ mit Sitz im Gewerbegebiet Wiemecker Feld produziert ein Gerät namens „UVCare“, das Viren mit kurzwelligem UV-Licht bestrahlt und so abtöte oder zumindest inaktiviere, wie er sagt. Das Gerät sei der Gemeinde bekannt und deutlich günstiger als die geplante Anschaffung der Raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen).
Förderzusage bereits erhalten
Zum Vergleich: Laut Gemeinde werden für die RLT-Anlagen 20.000 Euro pro Klassenraum fällig. Bei 28 Räumen in den drei gemeindeeigenen Grundschulen in Velmede, Nuttlar und Ramsbeck liegen die Gesamtkosten damit bei 560.000 Euro. Die Gemeinde hat inzwischen bereits eine Förderzusage in Höhe von 448.00 Euro. Damit verbleibt ein Eigenanteil von 112.000 Euro. Beim Einsatz von UVCare komme er bei den 28 Klassenräumen gerade mal auf 61.600 Euro, rechnet Schmelter vor.
Auch interessant
„Damit würden nicht nur knapp 50.000 Euro Eigenanteil weniger anfallen, sondern es wird auch an den Folge- und Betriebskosten gespart“, so der Unternehmer. Aber wenn man so eine Förderung bekommen könne - wer nehme dann nicht die Klimaanlage? „Nur der verantwortungsvolle Politiker würde so etwas ausschlagen. Frei nach der Ansicht: „Nehmen ist seliger denn geben“ werde hier das Geld der Kinder ausgegeben, denn die müssten diese Kosten wohl noch zahlen.
Die vom Bürgermeister angepriesene Lösung sei eine Kombination aus Frischluftzufuhr, Filtertechnik und Klimaanlage. „Extrem aufwendig und teuer in Planung, Installation und Unterhalt und nicht dem heutigen Wissenschaftsstand entsprechend“, kritisiert Schmelter.
Im Rathaus bekannt
Im Rathaus ist Schmelters UVCare tatsächlich bekannt. Für ihre Besprechungsräume hat die Gemeinde nach eigenen Angaben sogar drei solcher Geräte erworben. Für den Einsatz in den Klassenzimmern aber kommen sie für die Kommune nicht in Frage. Das Leistungsspektrum der UVCare-Geräte sei mit dem von raumlufttechnischen Anlagen nicht vergleichbar. „Die RLT-Anlagen sorgen für eine kontinuierliche Erneuerung der Raumluft, bei der frische Außenluft die so genannte ‘Fortluft’ ersetzt“, erklärt Gemeindesprecher Jörg Fröhling.
Das störende und oft kritisierte Stoßlüften während des Unterrichts werde damit komplett überflüssig. Ein Stoßlüften müsse dann nur noch während der kleinen Pausen erfolgen. „RLT-Anlagen decken im schulischen Einsatz ein deutlich breiteres Spektrum ab als reine Desinfektionsgeräte“, so Fröhling. Schmelter selbst habe seinerzeit bei der Vorstellung des Gerätes im Rathaus klargestellt, dass es lediglich eine flankierende Maßnahme zum Stoßlüften darstelle und das Lüften nicht ersetzen könne. Durch die RLT-Anlagen hingegen werde ein annähernd normaler Schulregelbetrieb wieder möglich, betont Fröhling.
Nicht nachvollziehbar
Weil das Leistungsspektrum von RLT-Anlagen und Geräten zur Luft-Desinfektion nicht vergleichbar sei, sei Schmelters Aussage vom „Schlag ins Gesicht eines heimischen Unternehmers“ für die Gemeinde nicht nachvollziehbar. Zudem, auch darauf weist die Gemeinde angesichts der Kritik hin, seien Kommunen gesetzlich verpflichtet, Leistungen ab bestimmten Größenordnungen auszuschreiben. „Selbst wenn die Entscheidung zur Anschaffung von Geräten zur Luft-Desinfektion erfolgt wäre, hätte der Kauf also ausgeschrieben werden müssen“, stellt Fröhling klar und ergänzt: Eine Kommune dürfe also solche Geräte ab einem bestimmten Auftragsvolumen nicht einfach bei einem lokalen Hersteller kaufen.
- Für seinen UVCare ist das Bestwiger Familienunternehmen mit dem weltweit beliebtesten Design- und Innovationspreis „Red Dot Award“ ausgezeichnet worden. Und das gleich in zwei Kategorien. Die Jury war nicht nur vom Design, sondern auch von der Leistungsfähigkeit und der Qualität des Produktes überzeugt. Der Red Dot ist eine Auszeichnung für höchste Designqualität und ist mit dem Oscar in der Filmindustrie vergleichbar. Vergeben wird das begehrte Qualitätssiegel für Produkte, die eine hervorragende Gestaltung aufweisen oder für neuartige, revolutionäre Objekte im technologischen Bereich.
- Für die Anschaffung der RLT-Anlagen lagen bereits kurz nach dem einstimmigen Beschluss im Gemeinderat die Förderbescheide vor. Ziel der Gemeinde Bestwig ist es, die drei Grundschulen sukzessive bis zum Winter mit den Anlagen auszustatten.