Meschede. Miguel Aivado und Thomas Struwe sind Fußball-Fans. Sie berichten, wie sie von Meschede auf die Fußball-EM blicken. Noch fehlt die Euphorie.

Am Samstag spielt die deutsche Mannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft gegen Portugal. Traditionell ist die portugiesische Gemeinschaft vor Ort sehr stark. Doch in diesem Jahr will der Funke zur EM nicht so richtig zünden. Zwei Fußball-Fans, Thomas Struwe vom Mescheder BVB-Fanclub und Miguel Aivado, erzählen, wie sie auf das Spiel blicken.

Miguel Aivado, 50, Arbeiter bei Martinrea Honsel

„Ich schaue das Spiel am Samstag auf jeden Fall mit meiner Frau, vielleicht kommt auch meine Tochter dazu. Sie ist zu Besuch, normalerweise studiert sie in Münster. So verrückt wie vor fünf Jahren zur letzten EM, als Portugal ja dann auch Europameister wurde, bin ich aber nicht mehr. Damals habe ich mir jedes Spiel im portugiesischen Vereinshaus angesehen. Da bin ich jetzt schon viel ruhiger. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir ja gerade erst am Anfang der EM sind, fragen Sie mich in zwei Wochen noch mal.

Dazu kommt: Man denkt doch immer noch an das Virus. Auch das Vereinsheim ist nach dem Lockdown erst seit einer Woche wieder geöffnet. Ich gucke zu Hause, weil es mir einfach sicherer ist. Wenn meine Mannschaft spielt, dann ziehe ich natürlich trotzdem mein Trikot mit der Nummer 20 und dem Namen „Deko“ an, auch wenn die Zahl schon ganz verblasst ist und setzte meine Kappe auf. Das ist Tradition. Eigentlich hatte ich schon vor fünf Jahren gesagt, dass ich mir, falls Portugal Europameister wird, ein neues Trikot gönne, aber irgendwie habe ich das verpasst.

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Ich finde, die ganze portugiesische Mannschaft ist stark, da kann jeder Spieler gefährlich werden, besonders natürlich Cristiano Ronaldo, trotz seiner 36 Jahre. Ich denke, unsere Spieler müssen vor allem auf Thomas Müller aufpassen, der spielt mir Herz und Seele, com coração e alma, wie wir Portugiesen sagen. Ich ergänze gern „com ossos - mit Knochen“, also er gibt wirklich alles. Die Portugiesen verlieren sich schon mal im schönen Spiel - hier noch eine Drehung, da noch ein Dribbeling und dann geht ihnen die Luft aus. Dagegen ist die deutsche Mannschaft vor allem als Team stark, die spielen wirklich zusammen, bis zur letzten Minute. Aber wissen Sie, in diesem Jahr ist der Fußball gar nicht so wichtig. Sie haben noch Arbeit, ich habe Arbeit und wir sind gesund. Das ist wichtig.“

Thomas Struwe, 40, Forstarbeiter

„Als Vorstandsmitglied des BVB-Fanclubs Meschede bin ich eher ein Vereins-Mensch. Ich verfolge zwar die Spiele der Fußball-Nationalmannschaft, aber nicht so leidenschaftlich wie die meines Clubs. Trotzdem werden wir als Familie gemütlich am Samstag das Spiel gucken, entweder an oder bei schlechtem Wetter in der Gartenhütte - meine Freundin, die großen Kinder und ich. Allerdings: echte Vorfreude kommt noch nicht auf. Vielleicht liegt das auch an Corona. Es sind ja längst nicht alle geimpft. Public Viewings gibt es nicht und auch die Kneipen sind da zurückhaltend. Man sieht keine Autofähnchen und kaum Fahnen an den Häusern.

Nach dem ersten Spiel der Deutschen Mannschaft habe ich auch gedacht: Mir fehlt bei euch der Mut, auch mal entschiedener nach vorne zu spielen. Da passierte ja gar nichts. Gut gefallen haben mir da Robin Gosens und Mats Hummels - ja, trotz seines Eigentors. Wenn man das aber mit dem Feuerwerk vergleicht, das die Italiener im letzten Spiel gezeigt haben… Da sah man die volle Leidenschaft, die wollten wirklich gewinnen.

Zu den Portugiesen kann ich noch nicht so viel sagen, allerdings ist Cristiano Ronaldo immer brandgefährlich. Das ist einfach ein sauguter Fußballer, der jede Lücke entdeckt und für sich nutzt. Freistöße - 20 Meter vom Tor entfernt - damit muss man bei ihm immer rechnen.

Ob wir gegen Portugal gewinnen? Mal sehen. Ich denke, wir schaffen es diesmal aber auf jeden Fall eine Runde weiterzukommen. Es kommen ja auch vier Drittplatzierte weiter... Der Fußball ist schon eine schöne Ablenkung in dieser ganzen Corona-Zeit, und es macht auch mehr Spaß zuzusehen, seitdem wieder Zuschauer im Stadion sind. Was mich stört, ist, dass die Spieler dafür trotz Corona durch ganz Europa fliegen. Und auch, wie deutlich geworden, wie viel Geld da im System steckt und was dadurch möglich ist, während der ganze Amateurfußball brach lag.“