Bestwig. 8,5 Kilo Sprengstoff waren nötig, um den alten Wasserturm in Bestwig zu Fall zu bringen. Jetzt ist er weg und das Team Timber froh.

Es ist 14.59 Uhr als eine Explosion die Stille durchbricht. In Sekundenbruchteilen ist der alte Wasserturm auf dem Gelände in der Nähe des Bestwiger Bahnhofs nur noch ein Kapitel in den Geschichtsbüchern der Gemeinde. Verschwunden ist mit ihm nicht nur ein Stück Bahngeschichte, sondern auch ein Schandfleck. Denn wirklich schön war das Bauwerk am Ende nun wirklich nicht mehr.

Während die Sprengung des Schornsteins auf dem ehemaligen Bahngelände, das seit langer Zet in den Händen des Team Timber ist, vor vier Jahren wahre Massen an Schaulustigen angezogen hatte, verirrten sich am Mittwoch gerade einmal rund 30 Menschen in die Nähe des Geländes, um das Schauspiel zu verfolgen. Die Verantwortlichen hatten den Termin bewusst nicht kommuniziert, um in Corona-Zeiten Menschenansammlungen zu vermeiden.

Durch die Wucht wurde der gewaltige Stahlbehälter förmlich zerquetscht.
Durch die Wucht wurde der gewaltige Stahlbehälter förmlich zerquetscht. © Unbekannt | Frank Selter

Einer der ganz nah dran war, war André Michael Schewcow. Als Sprengmeister war er es, der auf den Knopf drückte. Schewcow war es auch, der 2017 den alten Schornstein ins Jenseits befördert hatte. Damals wie diesmal verlief die Sprengung absolut nach der Vorstellung des Experten. 8,5 Kilo Sprengstoff waren diesmal nötig. Für Schewcow eher eine der kleineren Nummern.

Besondere Herausforderung

Nichtsdestotrotz war der Turm auch für ihn eine absolute Besonderheit. Im Prinzip, so sagt er, habe es sich um zwei Bauwerke gehandelt - zum einen das Mauerwerk, zum anderen die Stahlbeton-Stützen-Konstruktion, auf der der riesige Stahlbehälter thronte. „Eine eigenwillige Konstruktion, die ich in dieser Form auch noch nie hatte“, sagt Schewcow. Herausforderung sei es gewesen, beide Bauwerke gleichzeitig zu Fall zu bringen und zu verhindern, dass der eine fallende Teil des Gebäudes den anderen am Fallen hindert. Und genau das ist gelungen. Um 15.05 Uhr ertönten drei kurze Signale: Sprengung erfolgreich beendet.

Wochenlange Vorbereitung

Vor vier Wochen hatte die Deutsche Spreng Union den Auftrag erhalten. Seitdem liefen die Vorbereitungen auf den gestrigen Tag. Involviert war darin neben der Bahn auch die Bezirksregierung und die Gemeinde Bestwig, deren Ordnungsamt dafür sorgte, dass die wenigen Schaulustigen, die gekommen waren, den vom Sprengmeister vorgegebenen Abstand hinterm Zaun im Bereich des Netto-Marktes einhielten. Denn Sicherheit sei oberstes Gebot, sagt Schewcow. Und im Falle des Bestwiger Wasserturms kam auch noch ein besonderer ökologischer Aspekt hinzu. Denn: Es galt auch zu verhindern, dass Trümmerteile des einstürzenden Turms unkontrolliert in die benachbarte Ruhr schleudern. Auch das ist gelungen.

Sprengmeister André Michael Schewcow (links)  bei der Nachbesprechung nach der erfolgreichen Sprengung.
Sprengmeister André Michael Schewcow (links) bei der Nachbesprechung nach der erfolgreichen Sprengung. © Unbekannt | Frank Selter

Der Bahnverkehr war durch die Sprengung nicht beeinträchtig. Die Verantwortlichen hatten ganz bewusst eine Zugpause genutzt. Es war 14.55 Uhr als zum letzten Mal ein Zug am alten Wasserturm vorbeirauschte. Unmittelbar danach, gab es das Startkommando für die Sprengung.

Beton wird recycelt

Rund eine Woche, so schätzt Bauunternehmer Friedel Tillmann, wird es nun dauern, bis die Stahlteile des Turmes nach und nach abtransportiert werden können. Der verbaute Beton wird recycelt und für die künftigen Arbeiten auf dem Gelände des Team Timber verwendet. Geschäftsführer Dr. Hubertus Weber hatte sich den großen Moment der Sprengung ebenfalls nicht entgehen lassen. Während der ein oder andere Bahn-Begeisterte dem alten Wasserturm möglicherweise nachtrauert, ist er froh, dass das Bauwerk endlich verschwunden ist. Denn: Es stand den Plänen des Team Timber im Weg.

Über das Team Timber kooperieren acht mittelständische Sägewerke aus dem Hochsauerlandkreis. Sie planen, den Güterverkehr auf der Oberen Ruhrtalbahn neu zu beleben und wollen eine Umschlaginfrastruktur auf dem alten Bahngelände errichten. „Ein bedeutendes Projekt nicht nur für die Holzwirtschaft sondern für die gesamte Region“, sagt Weber.

Dort, wo bis zum Mittwochnachmittag der alte Wasserturm stand, wird künftig ein neues Gleis verlaufen. Insofern sei mit der Sprengung zwar ein Kapitel in der Bahngeschichte beendet, dafür werde aber ein neues begonnen, so Weber.

  • Denkmalschützer hatten sich lange gegen den Abriss oder die Sprengung des Turms ausgesprochen. Erst im Sommer 2020 hatten sie eingelenkt.
  • Für eine Sprengung hatten sich die Verantwortlichen bewusst entschieden. Es war die wirtschaftlichste Lösung. Zudem wäre es nahezu unmöglich gewesen schweres Gerät für einen Abriss auf das Gelände zu bekommen.