Meschede. Wenn ein Vermieter in Corona-Zeiten seinem Mieter entgegenkommt, muss er nicht damit rechnen, dass die Stadt Meschede das unterstützt.

Es gibt sie - diese Gesetze, die eigentlich Bürger entlasten sollen und deren Ausgestaltung dann so ist, dass sie die eigentlichen Nutznießer nur noch frustriert. Das empfindet zumindest Gerd König, der als Vermieter in der Mescheder Innenstadt versucht hat, seinen Mieter zu entlasten.

2009 feierte das Geschäftshaus König sein 100. Jubiläum. Über Jahrzehnte hatte die Familie mit ihrem Warenangebot die Stadt versorgt, zuletzt mit Spielwaren, Taschen, Koffern und Babyartikeln.

Gerd König ärgert sich über die Stadt Meschede.
Gerd König ärgert sich über die Stadt Meschede. © WP | Ute Tolksdorf

Spielwaren König schließt im Mai 2018

Das Internet, ein geplanter Babymarkt auf der Grünen Wiese, der sich letztlich nur wenige Wochen hielt, und dann die Drogerie Müller, die als Konkurrent zum Fachhandel ein großes Spielwarensortiment bietet, hinzu kam die Erkrankung seiner Frau - das alles war zuviel für den Unternehmer. Gerd König schloss sein Geschäft im Mai 2018. Er versuchte das Haus zu verkaufen. Doch auch dafür fand sich niemand.

Ein Umbau zu Wohnungen wäre sicher für die Lage attraktiv, aber finanziell nicht darstellbar. „Das ehemalige Wohnhaus ist über Jahrzehnte immer mehr zu einem reinen Geschäftshaus umgebaut worden“, erklärt er. Der Betrieb auf zwei Etagen hat im seitlichen Bereich keine Fenster. Alle Etagen sind nur über das Ladenlokal erreichbar. Also suchte König weiter nach einem Mieter und fand Hüseyin Yusuf. Unter dem Namen „Haci Baba“ investierte der Bestwiger im sechsstelligen Bereich in den Ausbau und eröffnete dort im September 2019 ein Lokal für Burger und Pan-Pizza. Und dann kam Corona.

Hüseyin Yusuf baute das alte Geschäftshaus der Familie König um zu einem Gastronomiebetrieb mit 50 Sitzplätzen. 
Hüseyin Yusuf baute das alte Geschäftshaus der Familie König um zu einem Gastronomiebetrieb mit 50 Sitzplätzen.  © Ute Tolksdorf

Mieter im Lockdown nicht überfordern

König war klar, dass er seinen Mieter nicht überfordern kann. Er erließ ihm die Miete. Er erfuhr, es gibt die Möglichkeit, einen geringen Betrag davon über die Grundsteuer zurückzuerhalten. Für ihn wäre das maximal 624 Euro von 2494 Euro im Jahr. Nicht viel, eine Anerkennung, gerade in Corona-Zeiten, in denen Mieter und Vermieter versuchen zusammenzuhalten. Bis zum 31. März musste er einen formlosen Antrag stellen. Am 26. März kam die Bestätigung, dass sein Schreiben eingegangen ist und die „Anforderung der Unterlagen“ bis zum 16. April. „Diese Anforderungen sind eine Unverschämtheit“, ärgert sich der Vermieter, auch wenn der Termin zur Einreichung in einem zweiten Schreiben in den Mai verlängert wurde. Sie verhinderten, dass man den Antrag überhaupt stelle. So muss König Nachweise über die Größe des Objektes beibringen, über Mietzahlungen, Angaben zum baulichen Zustand, Erläuterungen, wie die leerstehenden Räume genutzt werden sollen und welche Veränderungen zur Verbesserung der Nutzung gemacht wurden. „Wenn ich das alles tatsächlich beibringen würde, müsste ich dafür mehrere Experten, Architekten und Immobilienmakler beschäftigen“, erklärt König wütend. „Deren Gehalt würde die zu erwartenden 624 Euro bei weitem übersteigen.“

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Druck auf den Vermieter ausüben

Aber am meisten hat er sich über eine weitere Forderung der Stadt geärgert: „Ich soll nachweisen, mit welchen Mitteln ich Druck auf meinen Mieter ausgeübt habe, damit er die Miete zahlt. Die Stadt erwartet Mahnbescheide und gerichtliche Schritte.“ Ein Unding, findet er, angesichts der Zeiten, in denen alle aufeinander Rücksicht nehmen sollten. „Ich kann doch einen Existenzgründer, der keinen Umsatz hat, nicht bis aufs Blut ausquetschen“, sagt er. Auch in diesem Jahr hat er daher bisher nur die Nebenkosten berechnet.

Bei der Eröffnung des Restaurants Haci Baba im ehemaligen Geschäftshaus Spielwaren König: Bürgermeister Christoph Weber, Gerd König und Hüseyin Yusuf  (von links). 
Bei der Eröffnung des Restaurants Haci Baba im ehemaligen Geschäftshaus Spielwaren König: Bürgermeister Christoph Weber, Gerd König und Hüseyin Yusuf (von links).  © Mustafa Amet

„Das ganze Gesetz ist eine Farce“, sagt König. Hinzu kommt: Brächte er alle Unterlagen bei, läge es immer noch im Ermessen der Stadt, ob sie die Grundsteuerermäßigung genehmigt. „Für mich ist das Willkür. Die Bürokratie führt das Ganze ad absurdum. Man könnte das Gesetz auch gleich streichen!“

Das sagen Stadt und Land NRW

Auf Nachfrage schreibt dazu die Stadt: Generell handele es sich dabei um ein landeseinheitliches Verfahren, in dem auch geregelt sei, welche Voraussetzungen erfüllt sein und nachgewiesen werden müssten. „Nach den Erfahrungen der Stadt Meschede sind im Regelfall dafür keine Experten nötig.“ Da es sich bei Paragraf 33 Grundsteuergesetz aber um eine Ausnahmevorschrift handelt, sei dieser eng auszulegen. Die Höhe der Summe spiele dabei keine Rolle. Um jedem Einzelfall gerecht zu werden, könnten sich die erforderlichen Nachweise selbstverständlich unterscheiden. „Besondere Regeln für einen Grundsteuererlass gelten in der Stadt Meschede nicht“, schreibt Stadtpressesprecher Jörg Fröhling.

Das Land spielt den Ball zurück: Für die Festsetzung der Grundsteuer sind die Kommunen zuständig, schreibt der Pressesprecher des Finanzministeriums. Dies gilt auch für die Frage eines etwaigen Grundsteuererlasses. „Den allgemeinen Ausführungen der Stadt Meschede ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.“

Das sagt der Bund der Steuerzahler

Markus Berkenkopf vom Bund der Steuerzahler hat kein Verständnis für die Haltung von Stadt und Land. Natürlich müsse man einen solchen Antrag glaubhaft prüfen. „Aber das sollte man in diesen Zeiten möglichst einfach, unbürokratisch und wohlwollend handhaben“, findet er.

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Jedem müsse doch klar sein, dass der Vermieter kein Interesse daran haben kann, seinen Mieter so massiv unter Druck zu setzen. „Dann streckt der doch die Flügel.“ Man müsse in einer solchen Sache auch nicht „totprüfen“, findet er.

In einer Kleinstadt wie Meschede kenne man sich, wisse um die Gegebenheiten. „Ich verstehe die Stadt Meschede nicht, warum sie in einem solchen Fall die Bürokratie-Keule rausholt.“