Wenholthausen. Für ihr Online-Shopping wäre eine Frau aus Wenholthausen fast im Gefängnis gelandet. Die Staatsanwaltschaft wurde ungewöhnlich deutlich.
Viel hat hier nicht gefehlt: Weil eine Frau aus Wenholthausen immer und immer wieder Bestellungen im Internet aufgibt, die sie nicht bezahlen kann und will, wäre sie um ein Haar ins Gefängnis gewandert. Fast fünf Stunden dauerte der Betrugs-Prozess vor dem Mescheder Amtsgericht, an dessen Ende vor allem Staatsanwältin Pia Humpert deutliche Worte fand: „Beim nächsten Mal ist hier für Sie der Ofen aus“, gab sie der 35-Jährigen unmissverständlich mit auf den Weg.
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Denn: Es war keineswegs das erste Mal, dass die Wenholthauserin wegen gewerbsmäßigen Betruges auf der Anklagebank im großen Saal des Amtsgerichtes Platz nehmen musste. Bereits im Mai 2019 hatte ihr das Gericht eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten aufgebrummt, weil sie diversen Versandhäusern nach 45 Bestellungen knapp 9200 Euro schuldig geblieben war.
Bleibenden Eindruck hat die Strafe offenbar nicht hinterlassen: Gerade einmal zwei Monate nach diesem Urteil setzte sie sich wieder an den Rechner, um erneut Bestellungen loszuschicken, die sie bis heute nicht bezahlt hat - und von ihrer Grundsicherung auch gar nicht bezahlen kann: Grabschmuck, Schuhe, Kleidung, Malutensilien. Im aktuellen Fall ging es am Ende zwar „nur“ um vier Fälle und einen Schaden von 679,64 Euro. Wegen der einschlägigen Vorstrafe fielen ihre Taten diesmal aber deutlich schwerer ins Gewicht und hätten sie um ein Haar ohne Bewährung ins Gefängnis geführt.
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Denn: Dass die 35-Jährige an paranoider Schizophrenie leidet und damit möglicherweise schuldunfähig ist, konnte ein Gutachter nicht erkennen. Ebenso wie im ersten Prozess hatte die 35-Jährige die Diagnose als Hintergrund für ihr kriminelles Verhalten ins Feld geführt. Sie sei wie fremdgesteuert - habe immer wieder Stimmen gehört, hatte sie damals erklärt. Dr. Josef Lessman, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie attestierte der 35-Jährigen zwar psychische Probleme, zweifelte die Diagnose paranoide Schizophrenie aber eindringlich an.
Er spreche der Angeklagten einen gewissen Leidensdruck nicht ab. Allerdings vermisse er bei ihr die typischen Grundsymptome der paranoiden Schizophrenie. Es seien maximal Teilsymptome zu erkennen und die, so seine Einschätzung, könnten allesamt auch drogeninduziert sein.
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Teils unter Tränen verfolgte die 35-Jährige den knapp einstündigen Vortrag des Experten, der am Ende zu dem Schluss kam, dass die Angeklagte bei jeder ihrer Bestellungen sehr wohl gewusst habe, was sie tat. Dafür habe letztlich auch ihr zielgerichtetes Vorgehen gesprochen.
Immerhin hatte die 35-Jährige bei ihren Bestellungen immer wieder unterschiedliche Mail-Adressen verwendet. Bei den falschen Personalien hatte sie mal ihren Bruder, mal ihre Mutter und mal ihre Oma angegeben. Auch, dass es ihr nur um den reinen Bestellvorgang gegangen sein soll, nahm Lessmann ihr nicht ab. Denn längst nicht alle Pakete wanderten ungeöffnet in die Ecke. Er könne sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Diagnose paranoide Schizophrenie plakativ ins Feld geführt werde, gab Lessmann dem Gericht seine Einschätzung mit auf den Weg.
Stationäre Therapie
Nur weil die Angeklagte am Ende glaubhaft versichern konnte, sich bereits selbst um Hilfe in einer Fachklinik gekümmert zu haben und als Bewährungsauflage dem Antritt einer stationären Therapie zustimmte, kam sie ein allerletztes Mal mit einem blauen Auge davon: Das Schöffengericht verurteilte sie sie wegen gewerbsmäßigen Betruges erneut zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Nach den mahnenden Worten der Staatsanwaltschaft riet auch Richter Dr. Sebastian Siepe der Angeklagten eindringlich, die vierjährige Bewährungszeit ernst zu nehmen und ein straffreies Leben zu führen: „Mit einer dritten Bewährung dürfen Sie nicht rechnen“.