Nuttlar. Vor einem Jahr hat ein Feuer das Zuhause der Familie Holzapfel in Nuttlar vernichtet. Inzwischen ist das Glück aber größer als der Schmerz.

Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel auf den Dümel in Nuttlar. Arm in Arm stehen Jennifer und Christoph Holzapfel vor der riesigen Grube zwischen dem plätschernden Schormecke-Bach und dem Bahnübergang und beobachten das geschäftige Treiben. Sie sind glücklich! Und wenn jemand Glück verdient hat, dann diese beiden: Denn dort, wo jetzt das Loch in der Erde klafft, hat am 5. November 2019 ein verheerender Großbrand das einstige Zuhause der Familie komplett vernichtet. Die Tage, Wochen und Monate nach diesem schrecklichen Ereignis waren die schlimmsten ihres Lebens. Sie seien durch die Hölle gegangen, sagen sie. „So etwas wünscht man seinem ärgsten Feind nicht“, ergänzt Christoph Holzapfel.

 Das völlig zerstörte Haus nach dem Großbrand im November 2019. 
 Das völlig zerstörte Haus nach dem Großbrand im November 2019.  © Carsten Hirt

So richtig verblasst sind die Erinnerungen zwar immer noch nicht - weil sich die Bilder von den Flammen förmlich ins Gedächtnis gebrannt haben. Inzwischen aber sind Glück und Vorfreude auf das, was kommen wird, größer als der Schmerz, den der Anblick der leeren Fläche am Dümel 1 lange Zeit verursacht hat. Denn jetzt haben endlich - mehr als ein Jahr später - die sichtbaren Arbeiten für das neue Zuhause begonnen.

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Gehofft und gewünscht hatte sich die Familie eigentlich, schon das vergangene Weihnachtsfest im neu aufgebauten Haus feiern zu können. „Aber dieser Wunsch war im Nachhinein betrachtet natürlich utopisch“, sagt Jennifer Holzapfel und lächelt. Bauantrag, Baugenehmigung, Behördengänge, Absprachen und jede Menge Papierkram. Das braucht seine Zeit. Und letztlich sei dann eben auch noch Corona dazwischen gekommen. Die Holzapfels haben all das geduldig ertragen. „Wir hatten letztlich ja auch keine andere Wahl“, sagt Christoph Holzapfel. Gut Ding wolle eben Weile haben.

Die Baugrube am Dümel 1. Hier entsteht endlich das neue Zuhause der Familie Holzapfel.
Die Baugrube am Dümel 1. Hier entsteht endlich das neue Zuhause der Familie Holzapfel. © Frank Selter

Jetzt aber, da die Arbeiten in der Baugrube endlich begonnen haben, seien sie ungeduldiger geworden, schiebt Christoph Holzapfel hinterher und lacht. Seit dem Beginn des Wiederaufbaus in der letzten Februar-Woche hat es keinen Tag gegeben, an dem die beiden auf einen Baustellen-Besuch verzichtet haben.

Und selbstverständlich haben sie den Moment im Bild festgehalten, als sich die erste Baggerschaufel Ende Februar ins Erdreich grub. Schließlich war dieser Moment der Beginn eines neuen Kapitels in der Familiengeschichte.

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Anfang November, so ist es im Vertrag vereinbart, soll das neue Eigenheim fertig sein. Die Holzapfels planen mit einem Einzug am 1. Dezember. Sämtliche Möbel haben sie sich bereits ausgesucht. Weil Christoph Holzapfel bei Tital wegen Corona lange Zeit in Kurzarbeit war, habe man schließlich Zeit gehabt.

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Mit den Spenden, die nach dem Großbrand unter anderem über die Dorfgemeinschaft für die Familie zusammengekommen waren, hat die Familie ganz bewusst gehaushaltet. „Davon haben wir uns damals wirklich nur das Allernötigste gekauft“, sagt Jennifer Holzapfel. Dazu hätten unter anderem Elektrogeräte für ihre Übergangsbleibe in der Kirchstraße und Kleidung gehört. Das gesamte restliche Geld habe man sich für den Neuanfang aufbewahrt.

Und so durften sich dann auch die Kinder Quentin und Jonathan voller Glückseligkeit ihre neuen Zimmer aussuchen. „Nach dieser schweren Zeit, sind die beiden das Letzte, an dem wir sparen wollen“, sagt Jennifer Holzapfel. Die beiden hätten sich bei der Auswahl ihrer Zimmer bewusst austoben dürfen, ergänzt sie.

Immer noch überwältigt

Noch immer sind die Holzapfels dankbar für die Spenden- und Hilfsbereitschaft, die sie nicht erst nach, sondern bereits während des Brandes im November erfahren durften. In all der Verzweiflung, die jener Tag für die Familie mit sich gebracht hat, gab es dadurch auch viele Momente, die den Holzapfels ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben. Immer wieder hatte an den Tagen nach dem Brand das Handy geklingelt. Verwandte, Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen - sie alle wollten helfen. Die Kleiderkammer der Caritas hatte sich angeboten und am Tag nach dem Brand brachte ein Mann von der Tafel unangekündigt zwei große Tüten mit Lebensmitteln vorbei.

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Noch während die Löscharbeiten liefen, kamen bei einer spontanen Sammlung in Nuttlar 1400 Euro zusammen, damit die Familie das Nötigste besorgen konnte. Die Dorfgemeinschaft richtete am Tag danach ein Spendenkonto ein - innerhalb von nur 24 Stunden waren dort bereits 150 Überweisungen eingegangen. „Die Menschheit ist nicht schlecht“, sagt Jennifer Holzapfel. „Zumindest nicht bei uns auf dem Dorf.“ Das habe sie nach dem Brand erfahren dürfen. Sie und ihr Mann seien nach wie vor überwältigt und unendlich dankbar für diese Hilfe.

Den Neustart erleichtert

„Sie hat uns den Start in das neue Leben wirklich enorm erleichtert“, sagen die Holzapfels, die durch den Brand damals wirklich alles verloren hatten. Lediglich eine Schublade mit ein paar Fotos und den wichtigsten Dokumenten konnte damals aus den Flammen gerettet werden. Und die alte Haustür haben sich die Holzapfels vor dem Komplett-Abriss des Hauses noch gesichert. Sie wird eine Zukunft am Nebeneingang des neuen Hauses bekommen. Als Erinnerung an das alte Zuhause, dass die Holzapfels so geliebt haben...