Meschede. Jochem Hunecke, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, ärgert sich darüber, wie wenig der Staat Selbstständigen in der Corona-Pandemie hilft.

Gerade hat Jochem Hunecke noch eine Video-Konferenz mit den Friseuren abgehalten. „Sie sehen endlich Licht am Ende des Tunnels“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Endlich! Doch was in den vergangenen Wochen mit ihnen und auch mit anderen Selbstständigen gelaufen sei, das empfindet er als „Augenwischerei“. „Wer mit der Bazooka schießen will, der muss sie auch mit Munition laden!“, echauffiert er sich.

Jochem Hunecke, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.
Jochem Hunecke, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. © WP | Privat

Noch immer keine Unterstützung erhalten

Hunecke spielt damit auf die versprochene Unterstützung an. Bis Mitte Februar hatten beispielsweise die Friseure noch keinen Cent gesehen. „Da wurde gerade erst die Überbrückungshilfe III als Unterstützung für den zweiten Lockdown freigeschaltet. Leben Sie mal drei Monate vom Ersparten!“

Ihn macht das sehr wütend. „Das sind Leute, die als Selbstständige ihr Leben lang gearbeitet haben, die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, viele Jugendliche ausgebildet haben und die nun nicht arbeiten dürfen, weil es ihnen der Staat verbietet. Dafür werden sie auf Grundsicherung verwiesen und damit unter Hartz-IV-Niveau abgespeist.“ Das sei nicht okay. „Und in der Politik schiebt es einer auf den anderen.“ Im jüngsten Gespräch mit den Friseuren allerdings spürte er trotz allem einen Hoffnungsschimmer. „Im Hintergrund bimmelten die Telefone. Kunden riefen an und machten Termine fest.“

Auch interessant

Wer neben den Friseuren stark betroffen ist

Die Friseure sind sicherlich unter allen Handwerkern, die die Kreishandwerkerschaft vertritt, diejenigen, die wirtschaftlich am meisten unter den Corona-Auflagen leiden. Aber es gibt andere, die man nicht sofort im Blick hat. Hunecke zählt auf: „Bäckereien und Konditoreien, die zusätzlich einen Café-Betrieb haben, Metzger, die sich ein zweites Standbein im Catering-Geschäft aufgebaut haben.“ Das Geschäft liege seit Beginn der Krise völlig brach. „Daneben sind es die Kfz-Betriebe, die zwar Autos reparieren, aber keinen Kunden in ihre Hallen lassen dürfen, um sie beim Autokauf zu beraten.“ Hunecke steht nicht hinter all’ diesen Maßnahmen. „Mir ist kein Hotspot beim Einkaufen in den Discountern bekannt - warum sollte es dann einen geben, wenn man Autos kauft?“

Auch interessant

Corona-Maßnahmen im Handwerk

Dem Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft ist klar: „Das alles kostet Geld. Nehmen Sie den Transport der Handwerker von einer Baustelle zu nächsten. Das geht nur in kleineren Gruppen.“ Auch sonst würden die Inhaber schon aus Eigenschutz kleine, feste Teams bilden, damit der Betrieb nicht handlungsunfähig wird, falls einer erkrankt und alle in Quarantäne müssen. Maske zu tragen, sei zudem obligatorisch, obwohl das bei körperlicher Arbeit besonders mühselig sei.

Auch interessant

Insgesamt hofft er, dass sich die Wirtschaft jetzt - mit dem Beginn der Impfungen wieder einpendelt. „Ich weiß, dass es vielen Friseuren wirtschaftlich schlecht geht. Die gehen alle an ihr Erspartes. Und das nicht verdiente Geld ist verloren.“ Noch wisse er aber von keinem Betrieb, der infolge der Corona-Pandemie aufgeben müsse. „Ich hoffe einfach, dass es alle überleben.“

Optimismus für die Zeit danach

Hunecke will Optimist bleiben: „Die Krise kostet Abermilliarden von Euro, aber wir können es schaffen, uns mit Fleiß da wieder rauszuarbeiten. Denn im Gegensatz zu Kriegen oder Naturkatastrophen ist die ganze Infrastruktur bei uns ja weiter vorhanden.“ Wenn wieder Geld verdient werde, hoffe er, dass es die Menschen auch ausgeben. Und bei Handwerksleistungen rät er schon jetzt damit anzufangen. „Die Ausgangslage ist gut. Wer Investitionen plant, sollte sich jetzt ein gutes Handwerksunternehmen suchen.“

>>>HINTERGRUND

Die Kreishandwerkerschaft ist die Dachorganisation der 29 Innungen - von der Bäckerei- bis zur Zimmerer-Innung. Sie vertritt rund 1400 Betriebe.

Die Betriebsgrößen reichen vom Ein-Mann oder Ein-Frau-Friseur-Betrieb mit einem Umsatz von 50.000 Euro im Jahr bis zu den großen spezialisierten Betrieben mit einem Umsatz von mehreren Millionen Euro.

Der Gesamt-Umsatz der Handwerksbetriebe betrug im HSK laut Geschäftsführer Jochem Hunecke im Jahr 2019 „mehr als 2,3 Milliarden Euro.“

Pro Jahr werden in den HSK-Handwerksbetrieben rund 2000 junge Menschen in bis zu 3,5 Lehrjahren ausgebildet.