Meschede. Mitarbeiter von Martinrea Honsel in Meschede berichten von einem Hacker-Angriff auf ihr Unternehmen. Weltweit seien Werke betroffen.
Das Unternehmen Martinrea Honsel ist offenbar von einem Hacker-Angriff betroffen. Wie mehrere Mitarbeiter berichten, sind das werksinterne Buchungssystem und der Mailverkehr beeinträchtigt. Offizielle Informationen durch die Konzernleitung gab es bisher nicht. Eine Anfrage dieser Zeitung blieb unbeantwortet.
Laut Informationen dieser Zeitung soll der Angriff sich gegen den Server der Unternehmenszentrale in Kanada gerichtet haben. Weltweit seien Werke in Mexiko, China, Spanien und Brasilien betroffen und je nach ihrem Digitalisierungsgrad mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen. Es sei nicht möglich, Mails abzuschicken oder Listen auszudrucken, hieß es aus internen Quellen.
Auch Mitarbeiter in der Produktion sind betroffen und bemerken: „Letztes Jahr wurde die Gehaltszahlung schon vor den Weihnachtstagen angewiesen.“ Das sei offenbar in diesem Jahr nicht möglich gewesen. Welche weiteren Folgen die Attacke für die Mitarbeiter hat, ist nicht bekannt, auch nicht, wer weiterarbeiten kann oder ob Teile der Produktion wegen des Angriffs still stehen. Angeblich wurden alle Systeme heruntergefahren, hieß es aus dem Mescheder Honsel-Werk. Die Unternehmensleitung rechne aber wohl nicht damit, dass sich die Aufarbeitung bis ins neue Jahr ziehe. „Die Kollegen in der IT-Abteilung arbeiten Tag und Nacht, damit das Problem schnellstmöglich vollständig beseitigt ist.“
Wenig bekannt über Stand der Ermittlungen
Natürlich war das Thema in Meschede auch verbunden mit dem aktuellen Cyberangriff auf die Funke-Mediengruppe und die Mescheder WP/WR. Auch hier sind zahlreiche zentrale Computersysteme an allen Funke-Standorten in Deutschland betroffen. Die Täter verschlüsselten die Daten auf den IT-Systemen und machten sie so vorerst unbrauchbar. Wer bei Honsel hinter dem Angriff steckt, wurde nicht genannt. Insgesamt beklagen Mitarbeiter, dass die interne Kommunikation mangelhaft sei und man wenig bis nichts über den Stand der Ermittlungen wisse.
Investitionen bei Martinrea Honsel in Meschede
Die Polizei in Meschede war nicht eingebunden. „Das wird daran liegen, dass es sich um einen internationalen Angriff handelt, der zuerst auf Kanada abzielte“, vermutet Sebastian Held, Pressesprecher der Polizei in Meschede. Ansonsten werde die Polizei in einem solchen Fall hinzugezogen. „Bei Cyberangriffen handelt es sich um eine klare Straftat.“ Auch die Funke-Mediengruppe arbeitet eng mit dem LKA zusammen.
2020 war Auto-Zulieferer Gedia betroffen
Erst im Januar 2020 war der Automobilzulieferer Gedia in Attendorn Opfer eines schweren Hacker-Angriffs. Das Unternehmen hatte sich für eine sofortige Systemabschaltung entschieden, „um einen Komplettausfall der IT-Infrastruktur zu verhindern“. Die Abschaltung hatte Folgen für alle Standorte, die an die zentrale IT-Struktur im Sauerland angeschlossen waren: Polen, Ungarn, Spanien, China, Indien, USA und Mexiko.
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Ein Notfallplan stellte damals Produktion, Materialversorgung und die Abwicklung der Kundenbelieferung sicher. Stillstand herrschte aber in der Verwaltung in Attendorn: Weil große Teile laut Unternehmensinformation nicht arbeitsfähig waren, mussten Mitarbeiter vorerst zu Hause bleiben. Gedia wurde laut Angaben der Attendorner WP/WR-Redaktion erpresst. Man vermutete, dass es sich um einen Angriff von Cyberkriminellen aus Osteuropa handelte.
>>>HINTERGRUND<<<
Vor mehr als 100 Jahren gründete Fritz Honsel das Unternehmen in Werdohl. 1917 baute Honsel das erste Werk in Meschede. Seit 1925 ist der Firmensitz offiziell in der Kreisstadt.
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Heute fertigen die rund 3500 Mitarbeiter an elf Standorten in Deutschland, Spanien, Brasilien, Mexiko und China Komponenten aus Aluminium für Motor, Getriebe, Fahrwerk und Karosserie von Pkw und Nutzfahrzeugen sowie den Maschinenbau und andere Anwendungen.
Laut Unternehmensinformationen wird so ein Umsatz von rund 650 Millionen Euro im Jahr erwirtschaftet.