Schmallenberg. Michael Rickert ist Paketzusteller in Schmallenberg. Ein solches Weihnachten hat er noch nicht erlebt. Über Zement-Säcke, Plätzchen und Corona.

Auch wenn es hektisch wird, behält Michael Rickert immer die Ruhe. „Nein, ich lasse mich nicht stressen.“ Dabei hätte er allen Grund dazu. Denn als Paketzusteller erlebt er aktuell ein Weihnachtsgeschäft, „das einfach nur noch Wahnsinn ist.“ Wahnsinnig viel und teilweise auch wahnsinnig schwer. Im Interview spricht er über skurrile Pakete, leckere Plätzchen und ob er selber ein Online-Shopper ist.

Herr Rickert, sind sie nicht eigentlich Schmallenbergs heimlicher Weihnachtsmann?
Michael Rickert: (Lacht). Ja, wenn man so will kann man das so sehen, auch wenn ich keinen Mantel tragen. Zumindest bin ich in vielen Fällen der, der die Geschenke bringt.

In diesem Jahr haben sie besonders viel zutun, oder?
Rickert: Ja, es ist enorm. Im Grunde beginnt das Weihnachtsgeschäft für uns Paketzusteller schon im November. Da merkt man, dass die Mengen an Paketen langsam zunehmen. Dass ist eine Tendenz, die wir aber schon in den vergangenen Jahren erlebt haben. In diesem Jahr kommt die Pandemie noch dazu. Aufgrund der aktuellen Lage und geschlossenen Läden und vielleicht auch, weil sie Angst vor einer Ansteckung haben, bestellen die Leute noch mehr online.

Das Paketlager in Schmallenberg ist gut gefüllt. 
Das Paketlager in Schmallenberg ist gut gefüllt.  © Alexander Lange

Das heißt für sie wahrscheinlich auch, dass sie länger arbeiten müssen, oder?
Rickert: Das kommt immer darauf an, wie viel im Wagen ist. Ich beginne morgens meistens zwischen 7 und 7.30 Uhr.

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Es gibt Tage, da bin ich schon um 14 Uhr fertig, manchmal aber auch bis 17 Uhr unterwegs. Und wenn es gar nicht zu schaffen ist, kann man Touren auch abbrechen. Aber das ist mir noch nicht passiert. Drei volle Wagen mit Paketen bringe ich aber jeden Tag unter die Leute, pro Wagen teilweise über 200 Pakete. Früher reichte uns noch ein Ford Fiesta.

Merkt man auch anhand der Pakete, dass Weihnachten vor der Tür steht?
Rickert: Teilweise ja. Es sind schon Pakete dabei, die hat man zumindest in der Menge im Jahr sonst nicht so. Das sind zum Beispiel einige Fernseher dabei oder auch ein fahrbarer Kinder-Lamborghini. Aber auch sonst im Jahr hat man Pakete, wo man sich fragt, wieso die Leute so etwas im Internet bestellen.

Beispielsweise etliche Fitnessgeräte, weil die Studios geschlossen haben. Tierfutter ist auch viel dabei. Oder Zement-Säcke - die wurden statt sie im Baumarkt zu kaufen, bei Amazon bestellt, damit der Kofferraum nicht dreckig wird. Und ich musste sie dann zur Haustür schleppen.

Wie sind Sie denn eigentlich zur Post gekommen?
Rickert: Ich habe 25 Jahre bei Falke gearbeitet und bin über den Burkhard Schulte dann bei der Post gelandet. Und es macht auch wirklich Spaß, man hat mit vielen Leuten Kontakt, das ist das Schöne. Ich erinnere mich noch an ein Jahr, da habe ich in Arpe ein Paket abgegeben und aus Dank hat mir die Bewohnerin eine Packung Plätzchen geschenkt.

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Die habe ich dann bei der Fahrt gegessen und die waren so lecker, da bin ich noch mal bei ihr vorbei und habe gefragt, ob ich noch ein paar Plätzchen haben dürfe, sie wären schon leer. Und die habe ich auch bekommen (lacht).

Gibt es denn auch Momente, an denen man sich ärgert?
Rickert: Ärgert nicht unbedingt, aber es kostet immer sehr viel Zeit, wenn die Leute nicht zuhause sind. Dann holt man das Paket, klingelt, niemand öffnet. Man klingelt vielleicht beim Nachbarn, da öffnet auch niemand, dann nimmt man das Paket wieder mit. Es ist inzwischen so einfach, uns einen Ablageort zu nennen.

Freuen Sie sich denn trotzdem auf Weihnachten trotz des stressigen Tage?
Rickert: Na klar. Das hier ist zwar ein bisschen Hochleistungssport, aber es gibt auch viele nette Momente. Die Zeit zum Quatschen und Scherzen mit den Kunden, die bleibt auch in der Weihnachtszeit.

Zur Person:

Michael Rickert ist 51 Jahre alt und kommt aus Schmallenberg.

Er arbeitet als Springer bei der Post. Das heißt, dass er keinen festen Bezirk hat, sondern dort eingesetzt wird, wo Bedarf ist.

In Schmallenberg sind feste 45 Zusteller unterwegs sowie einige Studenten. Zum Weihnachtsgeschäft werden drei weitere Kräfte beschäftigt. Aufgeteilt ist Schmallenberg in einen Fußbezirk, 2 Frachtbezirke (Schmallenberg und Bad Fredeburg) und 22 Verbundbezirke (Brief- und Paketzustellung).

Burkhard Schulte ist Standortleiter der Post in Schmallenberg.
Burkhard Schulte ist Standortleiter der Post in Schmallenberg. © Alexander Lange

Eingehende Briefe werden in Schmallenberg auch sortiert, für jeden Haushalt gibt es eigene Fächer. „Da gibt es teilweise auch Hinweiskarten dann wie ‘Achtung, bissiger Hund’, ‘Umgezogen’ oder ‘Briefkasten liegt versteckt’“, sagt Standortleiter Burkhard Schulte.

Kurz und knapp

Wie schwer darf ein Paket eigentlich sein?

Bis 31,5 Kilo, alles andere ist Sperrgut

Bestellen Sie selber auch online?

Ganz selten. Bei den Mengen, die die Leute bestellen, denke ich mir: Irgendwann ist das Haus doch voll oder nicht?

Bis wann geht das Weihnachtsgeschäft?

Wir rechnen den Januar mit den Retouren noch ein. Die Leute behalten ja nur zwei von fünf Paketen.

Infobox:

Die DHL Group rechnet mit Rekordmengen von teilweise 11 Millionen Paketzustellungen pro Tag. Zum Vergleich: An normalen Tagen sind es rund 5,2 Millionen Pakete.

Um den Mengen gerecht zu werden, wurden rund 4000 neue Mitarbeiter und 10.000 zusätzliche Hilfskräfte bei der DHL eingestellt.