Meschede. Polizeidirektor Klaus Bunse nimmt Stellung zu dem Video, das einen Polizisten seiner Behörde zeigt. Dieser tritt gegen das Rad einer Obdachlosen.

Klaus Bunse ist Polizeidirektor der Kreispolizeibehörde in Meschede und damit der Vorgesetzte des Polizeibeamten, der wegen seines Tritts gegen das Fahrrad einer stadtbekannten Obdachlosen in der Kritik steht. Wir haben ihn nach seiner Sicht auf die Dinge gefragt.

Polizeidirektor Klaus Bunse. 
Polizeidirektor Klaus Bunse.  © Polizei

Was war das Problem? Gab es ein Vergehen der Frau? Hätte sie dort nicht einfach weiter stehenbleiben dürfen?

Der Beamte hat sich zu dem Grund seines Einschreitens und seines Vorgehens noch nicht geäußert. Wir wissen, dass er der Leitstelle um 11.33 Uhr einen Einsatz „Hilflose Person“ gemeldet hat und der Leitstelle die Frau als regungslos mit ihrem Fahrrad auf dem Gehweg stehend dargestellt hat. Hieraus entwickelte sich das weitere Vorgehen. Das uns vorliegende Video zeigt vermutlich nicht den Beginn und vollständigen Verlauf des Einsatzes. Daher müssen noch der Ersteller des Videos und weitere Zeugen ermittelt werden. Wir bitten daher Zeugen, sich bei der Polizei zu melden. Die Polizeiwache Meschede hatte schon mehrfach mit der Person zu tun. Sie ist in der Stadt bekannt und wir hatten zurückliegend andere zuständige Behörden über die Lebenssituation der Frau in Kenntnis gesetzt.

Wie schätzen Sie den Vorfall persönlich ein?

Auf dem Video ist zu sehen, wie ein Polizeibeamter im Bereich eines sehr schmalen Gehwegs am Schlotweg in Meschede mehrfach gegen die Räder eines Fahrrads tritt. Auf dem Lenker des Fahrrads stützt sich eine stark nach vorne gebeugte Frau ab. Durch einen kräftigen Stoß gegen das Hinterrad kippt das Fahrrad zur Seite, wodurch die Frau den Halt verliert und auf ihr Fahrrad fällt. Ich bedauere, dass die Frau so behandelt wurde und sogar noch zu Boden stürzte. Glücklicherweise blieb sie augenscheinlich unverletzt. Sie konnte später ihren Weg fortsetzten.

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Fällt das Vorgehen des Beamten für Sie schon unter Polizeigewalt?

Der Begriff Polizeigewalt wird häufig sehr undifferenziert benutzt und ist negativ belegt. Grundsätzlich darf und muss die Polizei als Teil der Exekutive in bestimmten Situationen das so genannte Gewaltmonopol des Staates durchsetzen. Dazu darf sie rechtmäßig körperlichen Zwang gegen Personen oder Sachen anwenden. Dieser muss immer verhältnismäßig, angemessen und geeignet sein. Die Ermittlungen des Polizeipräsidiums Dortmund und der Staatsanwaltschaft Arnsberg werden zeigen, ob der Beamte gegen diese Grundsätze verstoßen und sich durch seine Handlungen strafbar gemacht hat.

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Von Oliver Eickhoff

Wie hätte sich der Beamte, der ja offensichtlich allein war, korrekt verhalten sollen? Wann ist die Situation gekippt?

Sicherlich gibt es immer verschiedene Möglichkeiten, eine schwierige Einsatzsituation zu lösen. Das Video macht einen auf den ersten Blick auf jeden Fall betroffen. Wann die Situation gekippt ist, kann derzeit nicht beurteilt werden, da uns noch nicht bekannt ist, wie die Situation entstanden ist und warum der Beamte gegen die Reifen des Fahrrades getreten hat. Das ist nun Bestandteil der weiteren Ermittlungen.

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Was passierte, nachdem das Video endet. Angeblich sollen weitere Polizisten hinzugekommen sein, die aber auch nicht geholfen haben und die Frau rappelte sich dann allein auf. Können Sie das bestätigen?

Richtig ist, dass wenige Minuten später eine Streifenwagenbesatzung zur Unterstützung eintraf und die Frau nach unseren Erkenntnissen letztlich ihren Weg fortgesetzt hat. Das Verhalten dieser Kollegen ist ebenfalls Bestandteil der derzeit laufenden Ermittlungen.

Das Polizeipräsidium Dortmund hat nun die Ermittlungen aufgenommen. Was schätzen Sie , wie lange es dauert, bis es von dort ein Ergebnis gibt?

Hierzu kann ich leider keine Aussage treffen und bitte die Frage an das PP Dortmund zu richten.

Welche disziplinarrechtlichen Folgen sind grundsätzlich möglich.

In einem solchen Fall wird grundsätzlich ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Über die möglichen Folgen können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben gemacht werden, weil die disziplinarrechtliche Bewertung von den strafrechtlichen Ermittlungen und Ergebnissen abhängig ist. Wir haben den Beamten bis auf weiteres in eine Innendienstfunktion umgesetzt.