Eslohe. Erst schickt ein Esloher (22) eine Droh-Mail an die JVA Attendorn, dann überfällt er zwei Männer mit einem Gewehr. Die Hintergründe zum Urteil.
Wegen eines Überfalls mit einem Sturmgewehr auf zwei Männer am Mescheder Bahnhof muss sich ein heute 22 Jahre alter Mann aus Eslohe vor dem Landgericht Arnsberg verantworten. Jetzt wird bekannt: Dieser Mann hatte auch bereits in der Vergangenheit von Eslohe aus versucht, Chaos in der JVA Attendorn anzustiften. Er schickte Erpressungsmails an das Gefängnis. Die Strafe dafür ist im Nachhinein drastisch reduziert worden, kommt nun heraus.
Störung des öffentlichen Friedens
Im November 2018 hatte der junge Mann seine Drohungen verschickt. In der ersten kündigte er die Explosion einer Bombe in der JVA an, wenn diese nicht 10.000 Euro zahlen würde. Zwei Minuten später korrigierte er sich in einer zweiten Mail: Jetzt forderte er eine Million Euro. Das Vorgehen war dilettantisch bis selten dämlich: Die Mails schickte er von der Adresse und mit dem Namen seines jüngeren Bruders aus. Natürlich wurde er geschnappt.
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Das Tatmotiv: Er hatte Langeweile an diesem Abend gehabt. Er schaut sonst gerne Actionfilme, in denen es darum geht, irgendwie an Geld zu kommen. 2019 stand der Mann vor dem Jugendschöffengericht in Meschede: Die Anklage lautete auf versuchte räuberische Erpressung. Das Gericht folgte im Urteil dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft: Um auf andere Gedanken zu kommen und keine Langeweile mehr zu haben, sollte der Mann 360 Sozialstunden ableisten. Das Gericht ging von einem minderschweren Fall bei der versuchten Erpressung aus. Es erkannte auf eine deutlich eingeschränkte Schuldfähigkeit.
Esloher legt Berufung ein
Gegen dieses Urteil legte der Mann Berufung ein – und zwar erfolgreich. Die Berufungs-Strafkammer am Landgericht Arnsberg milderte das Mescheder Urteil ab, und sah nur eine versuchte Nötigung und Störung des öffentlichen Friedens als erwiesen an. Statt der 360 Sozialstunden wurde er zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt, zahlbar an die Kindernothilfe.
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Hintergrund für das mildere Urteil: Die Berufungskammer sah nur ein „laienhaftes Vorgehen“. Die Richter waren nicht davon überzeugt, dass sich der Esloher tatsächlich mit seiner Erpressung bereichern wollte – er hatte sich überhaupt keine Gedanken gemacht, wie er an die eine Million Euro herankommen würde. Allerdings sahen die Richter eine „Störung des öffentlichen Friedens“: Die Drohung mit einer Bombenexplosion „kann eine allgemeine Beunruhigung verursachen“, wären Insassen der JVA wegen der Drohung verlegt worden, hätte das Sicherheitsgefühl von Bürgern beeinträchtigt sein können.
Mails drei Tage später entdeckt
Hätte, könnte – das alles blieb Spekulation: Denn tatsächlich passierte in dem Gefängnis gar nichts wegen der Droh-Mails. Sie wurden erst drei Tage nach ihrem Eingang entdeckt – im Spam-Ordner der JVA. Die 1500 Euro Strafe erteilte die Berufungskammer als erzieherische Maßnahme. Er hatte bereits drei Eintragungen im Vorstrafenregister: 2013, als 15-Jähriger, war von einer Strafverfolgung nach einem schweren Bandendiebstahl abgesehen worden, 2015 kam er mit einer Verwarnung nach gemeinschaftlichem schweren Diebstahl und Sachbeschädigung, 2017 stand er wegen Sachbeschädigung und falscher Verdächtigung vor Gericht.
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Nach dem Urteil der Berufungskammer zog der Mann aus Eslohe weg, nach Brandenburg. Dort kam er nicht klar – er kehrte wieder zurück ins Sauerland. Und kam dann auf seine nächste kriminelle Idee: Eben den Überfall in Meschede mit dem täuschend echten Nachbau eines Sturmgewehrs. Der psychiatrische Gutachter, Dr. Frank Lindemann (Eickelborn), sieht zwar Entwicklungsdefizite und eine leichte Intelligenzminderung bei dem Mann, aber: „Wir haben keine Hinweise, dass bei der Steuerungsfähigkeit etwas nicht gestimmt hat.“ Der Mann gehe durchaus zielgerichtet vor.