Meschede. Der HSK-Inzidenzwert liegt auf einem Plateau - warum das Hoffnung macht und was die Impfung bedeutet, erläutert der Leiter des Gesundheitsamtes.

Ruhe bewahren! Weniger Aufgeregtheit angesichts der Situation - das vor allem wünscht sich Dr. Peter Kleeschulte, der Leiter des HSK-Gesundheitsamtes, und erklärt, die aktuelle Corona-Lage. Auch die Impfungen, sowohl gegen die Grippe als auch den neuen Coronaimpfstoff sieht er als wichtige Hilfen im Kampf gegen die Pandemie.

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Die Inzidenzzahlen im Hochsauerlandkreis steigen auch zwei Wochen nach dem Lockdown-Light noch weiter. Was sind die Gründe und müssen wir einfach mehr Geduld haben?

Dr. Peter Kleeschulte: Geduld wäre schon mal ein guter Ansatz. Das würde ich mir auch insgesamt wünschen, weniger Aufgeregtheit. Wir befinden uns - nachdem die Zahlen anfangs über einen kurzen Zeitraum stark angestiegen sind - seit zehn Tagen auf einem gleich bleibend hohen Plateau. Die Zahlen sind stabil, nicht steigend. Das macht auch erstmal Hoffnung. Der 7-Tage-Inzidenzwert ist wichtig für die epidemiologische Interpretation in einem Zeitraum von sieben Tagen. Da auf kleinere Schwankungen zu blicken, ist statistisch und epidemiologisch nicht aussagefähig.

Wie sind die Zahlen in den 12 Kommunen? Gibt es dort aktuell regional besondere Ausbrüche, auf die Sie schauen?

Die Zahl der positiv Getesteten zeigt uns, dass es keine Hotspots gibt. Wir haben ein diffuses Ausbruchs-Geschehen in der gesamten Bevölkerung, das geht über alle Altersgruppen und alle gesellschaftlichen Gruppen, wiewohl die Todesfälle weiterhin vor allem die hoch Betagten betreffen.

Dr. Peter Kleeschulte, Leiter Kreisgesundheitsamt
Dr. Peter Kleeschulte, Leiter Kreisgesundheitsamt © Martin Reuther | Martin Reuther

Welche Rolle spielen die Schulen?

Dort gibt es eine deutlich steigende Tendenz, hinsichtlich der Betroffenheit. Oft sind aber nur ein bis drei, maximal hatten wir acht Schüler oder Lehrer, die positiv getestet waren. In den Oberstufen führte das dann aber eben doch dazu, da dort die Schüler nicht im Klassenverband unterrichtet werden, dass wir relativ viele Schüler in Quarantäne schicken mussten.

Es gibt Verunsicherung bei der „normalen“ Grippe-Impfung. Auch angesichts der zeitweilig nicht ausreichenden Zahl der Impfdosen - gilt weiterhin die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko)?

Ich kann diese Verunsicherung nicht feststellen. Wir hatten zeitweilig Engpässe bei der Impfstoff-Lieferung. Das gibt es aber jedes Jahr. Und ja, natürlich gilt weiterhin die Empfehlung der Stiko. Vorrangig sollten sich also Menschen über 60, Risikopatienten, Menschen mit vielen Sozialkontakten und medizinisches Fachpersonal impfen lassen. Aber auch darüber hinaus gilt die Impfempfehlung - und das sollte man dann mit seinem Hausarzt besprechen.

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Könnten Sie den neuen Impfstoff, den Biontec jetzt vorgestellt hat, einmal einordnen? Und welche Risiken sehen Sie?

Der neue mRNA-Impfstoff verändert die Erbinformation des Virus so, dass unsere Immunzellen im Körper in der Lage sind, Antikörper zu produzieren. Das ist Biotechnologie auf hohem Niveau, die uns im Kampf gegen die Pandemie hilft. Besondere Risiken sehe ich derzeit nicht, auch wenn ich die Studie nicht kenne, gehe ich davon aus, dass mit der gleichen Sorgfalt an dem Impfstoff gearbeitet wird, wie an jedem anderen.

Würden Sie sich impfen lassen?

Ja, auf jeden Fall.

Es müssten sich mindestens 60 Prozent der Bevölkerung impfen lassen, um eine Immunität zu erstellen. Was halten Sie von einer Impfpflicht wie bei den Masern?

Das ist ein Thema für die Politik. Auch das Masernschutzgesetz ist vom Parlament beschlossen. Es verpflichtet ja immer noch nicht dazu, dass man sich impfen lassen muss. Es regelt nur, dass man ohne Impfung beispielsweise Kita-Einrichtungen nicht nutzen darf. Da muss die Politik abwägen, inwieweit die Freiheit des Einzelnen für die Gesundheit der Allgemeinheit eingeschränkt werden muss.

Sie sitzen auch im HSK-Krisenstab - was sind da die wichtigsten Themen aktuell?

Dort geht es vor allem um die Situation in den Schulen, die sorgfältige Analyse der aktuellen Lage, die Koordination der Hilfsorganisationen und der Bundeswehr. Auch die Polizei berichtet regelmäßig und hatte - auch das ist doch eine positive Nachricht - in den vergangenen zwei Wochen keine nennenswerten Probleme zu berichten.

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Wie läuft der Austausch mit den Krankenhäusern?

Mit den Geschäftsführern und den Ärztlichen Direktoren der Akut-Krankenhäuser spreche ich regelmäßig. Die Situation dort ist zurzeit stabil. Die intensivmedizinisch zu betreuenden Patienten beanspruchen derzeit unter zehn Prozent der Intensivbetten im HSK.

>>>HINTERGRUND

Der Hochsauerlandkreis muss zwei weitere Todesfälle vermelden. Am Donnerstag, 12. November, verstarben eine 92-jährige und eine 91-jährige Frau aus Schmallenberg. Sie hatten beide erhebliche Vorerkrankungen.

Im Vergleich zum Vortag verzeichnet die Statistik 59 Neuinfizierte und 50 Genesene. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt 172,1 (Stand 13. November, 0 Uhr). Insgesamt gibt es damit aktuell 506 Infizierte, 1777 Genesene sowie 28 Sterbefälle in Verbindung mit einer Corona-Infektion.

Stationär werden 51 Personen behandelt , neun intensivmedizinisch und davon werden vier Personen beatmet. Die Gesamtzahl aller bestätigten Fälle liegt nun bei 2311.

Betroffen sind vier Krankenhäuser, elf Pflegeeinrichtungen, sieben Kindergärten und 37 Schulen bzw. einzelne Klassen und Stufen. Mehr als 3000 Schüler, Lehrkräfte und Schulpersonal befinden sich in Quarantäne.

Die Infizierten verteilen sich: Arnsberg (85), Bestwig (70), Brilon (57), Eslohe (18), Hallenberg (4), Marsberg (25), Medebach (14), Meschede (76), Olsberg (32), Schmallenberg (59), Sundern (18) und Winterberg (48).