Schmallenberg. 30 Jahre arbeitete er im Dienst der Stadt, am Samstag geht er in Ruhestand. Bernhard Halbe über Erfolgsrezepte, Prägungen und die Corona-Zukunft.

Von 1990 bis 1999 Stadtdirektor, danach Bürgermeister. Nach 30 Jahren im Dienst der Stadt Schmallenberg räumt Bernhard Halbe am 31. Oktober sein Bürgermeisterbüro. Dann folgt auf ihn Burkhard König. Im Abschiedsinterview spricht Halbe über Prägungen, Mehrheiten, Erinnerungen und Hoffnungen.


Eine lange Amtszeit geht vorbei. Wie stellen Sie sich den Alltag nach dem Bürgermeisteramt vor?
Bernhard Halbe: Das ist ja wie bei vielen anderen Menschen auch. Der aktiven Lebensphase schließt sich irgendwann die passive Lebensphase an. Es gibt noch viel zu entdecken und zu sehen. Und das habe ich auch vor.


Was wollen Sie denn noch entdecken, wofür während der Amtszeit vielleicht keine Zeit war? Oder ist das Motto jetzt: Ausschlafen, Urlaub und Gartenarbeit?
Ausschlafen: Nein. Urlaub und Gartenarbeit: Ja. Und da kommt noch vielmehr hinzu. Die Familie, Lesen, Waldarbeit, Sport.

Auch interessant

Ich glaube man muss den Ruhestand erst wirklich haben, um sich dann darin zurechtzufinden und bewegen zu können. Ich stand bislang ja noch nie im Ruhestand (lacht).


Wann fiel der Entschluss, nicht noch einmal als Bürgermeister zu kandidieren?
Final fiel der Entschluss im November 2019, vorangegangen war ein langes Hin und Her. Das Umfeld hat am Anfang den Entschluss bedauert, aber nach und nach Verständnis für den Schritt gezeigt.


Was war ausschlaggebend?
Ich mache das ja gerne und war auch immer gerne Bürgermeister. Ich konnte viele Dinge bewegen, das hat dafür gesprochen. Dagegen gesprochen hat diese ewige Anspannung und die ewige Verantwortung, die langen Stunden der Arbeit, die am Ende auch den Platz für private Interessen verkürzt haben.


Wie stark hat Bernhard Halbe denn Schmallenberg geprägt und wie stark hat die Stadt Sie geprägt?
Mich hat immer die Schmallenberger Denkweise beeindruckt. Die Schmallenberger wollen etwas erreichen und in vielem denke ich auch so und dadurch ist vieles gemeinsames entstanden. Eine Reihe von Impulsen und Ideen konnte ich zur Entwicklung der Stadt und der Dörfer sicherlich beisteuern.

Bernhard Halbe bei der Wisent-Diskussionsrunde in der Schmallenberger Stadthalle.
Bernhard Halbe bei der Wisent-Diskussionsrunde in der Schmallenberger Stadthalle. © WP | Lars-Peter Dickel

Eines meiner liebsten Leitworte ist ja nach wie vor, dass wir hier eine aktive Bürgergesellschaft des 21. Jahrhunderts haben.

Und das geschieht in einem ständigen Austausch mit den Akteuren vor Ort, woraus dann wiederum viele Themen entstehen. Wobei ich für mich in Anspruch nehme, gewisse Themen dann auch konsequent umgesetzt zu haben. Die Gefahr ist, dass man im Vergangenen erstickt. Stillstand heißt Rückschritt.


Gibt es Themen, die da hervorspringen?
Mit am schwierigsten war das Thema Andreas-Hermes-Akademie/Musikbildungszentrum in Bad Fredeburg, weil die politische Mehrheit sehr fragil war und weil wir am Anfang nicht wussten, was am Ende daraus wird. Da hat die Regionale 2013 uns am Ende Chancen eröffnet, die wir zehn Jahre vorher einfach nicht hatten.


Wenn Sie auf ihre Amtszeit zurückblicken, gab es Momente, die Ihnen am stärksten in Erinnerung geblieben sind? Die Platz in einem Buch - würden Sie es denn schreiben - finden würden?
Positiv waren alle Einweihungen - egal in welcher Größenordnung. Weil sich da Menschen über Monate und Jahre für ein Projekt engagiert haben und da ist eine Einweihung auch immer eine Belohnung. Dieses Herzblut, welches darin steckt, ist ganz besonders.

Auch interessant

Und es geht dann weiter. Stadthalle, Kurhaus und viel private Veranstaltungsstätten sind quasi der Bilderrahmen, der von den Akteuren immer wieder neu bespielt wird.


Gibt es auch negative Momente?
Natürlich, die gibt es auch. Aber die positiven Momente überwiegen. Zum Beispiel auch die kontinuierliche Entwicklung der Infrastruktur in allen Bereichen. Diese Stück-für-Stück-Verbesserung in vielen Dingen - das ist dann auch etwas, worauf ich durchaus stolz bin.


Bürgermeister Bernhard Halbe und seine Frau Iris an der Wahlurne in Schmallenberg 2014.
Bürgermeister Bernhard Halbe und seine Frau Iris an der Wahlurne in Schmallenberg 2014. © WP | WP

Bürgermeister waren Sie 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Konnte man da überhaupt richtig Privatmensch sein, einfach mal entspannt an der Theke stehen oder mit dem Stammtisch unterwegs sein?
Ich wehre mich immer etwas gegen die Unterscheidung zwischen Arbeit und Freizeit. Bürgermeister ist man immer. Und schwierig war es nur ab und zu.

Wenn es mal wirklich in Vorwürfen oder ähnlichem vor der Theke ausartete, dann habe ich immer gesagt „Lassen Sie uns das doch morgen im Büro besprechen“. Und dann ging das eigentlich auch immer relativ zivilisiert. Man braucht dann einfach auch eine Exit-Lösung, klar (lacht).


Sie wurden immer mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt. Wie schafft man es, allen Ortsteilen, allen Menschen hier gerecht zu werden?
Mit gleichgerichteter, konzeptioneller, berechenbarer Entwicklung in der gesamten Stadt. Es muss vorwärtsgehen. Und man muss zuhören und offen mit den Menschen reden. Wenn ein Problem da ist, hilft es in der Regel, das Auge in Auge anzusprechen. Vielleicht wird man sich nicht einig, aber der gegenseitige Respekt ist da.


Sie treten immer besonnen und wohlüberlegt auf. Ist das auch Teil ihres Erfolgsrezeptes? Oder einfach ihre westfälische Art?
Erstmal mein Naturell. Jeder Mensch ist anders. Ich habe mich immer bemüht, andere nicht zu verletzten. Dann überlegt man lieber zweimal und formuliert vielleicht etwas vorsichtiger.


Jetzt können Sie es ja sagen: Gab es Dinge, die Ihnen immer missfallen haben?
(Lacht). Die ewige Leier über die Benachteiligung der Dörfer (lacht). Weil es nicht so ist, bei weitem nicht. Und schon gar nicht bei der Wasserversorgung.


Welches Projekt hätten Sie gerne noch umgesetzt als Bürgermeister?
Beim Digitalen Bildungszentrum am Schulzentrum in Schmallenberg und beim Dritten Ort im Holz-Informationszentrum wäre ich gerne schneller gewesen. Wir leben im digitalen Zeitalter und diese beiden Projekte geben eine Vielzahl an Möglichkeiten, die wir momentan zur Teilhabe noch nicht haben.


Da hat Schmallenberg Nachholbedarf?
Nein, wir haben eher Vorsprung. Und den möchten wir verteidigen. Oder in sauerländischer Bescheidenheit gesagt: Wir wollten nie schlechter sein als andere.


Armin Laschet und Bernhard Halbe bei der Feierstunde vom Deutschen Wandertag in Schmallenberg 2019.   
Armin Laschet und Bernhard Halbe bei der Feierstunde vom Deutschen Wandertag in Schmallenberg 2019.    © Laura Handke

Sie haben einen Satz, den sie ihrem Nachfolger Burkhard König mitgeben können. Wie lautet er?
Mach dein Ding und vielleicht kannst du mich ja hin und wieder mal etwas fragen (lacht).


Stehen Sie da als Berater zur Verfügung?
Ja klar, auch wenn ich mich vielleicht nicht als Berater bezeichnen würde. Aber man hat so viel im Kopf und so viel Wissen und auch ich habe immer viele Menschen angerufen und um ihre Einschätzung gebeten - das hilft ungemein. Und die Hilfe möchte ich auch geben.


Hat Herr König Sie eigentlich vor seiner Kandidatur gefragt, wie das so ist als Bürgermeister?
Nein, ich glaube das brauchte er nicht. Als Büronachbar wusste er schon ziemlich gut Bescheid.


Was nehmen Sie Materielles aus ihrem Bürgermeisterbüro mit?
Ein paar kleine persönliche Erinnerungsstücke auf jeden Fall. Zum Beispiel das Wappen vom 750-jährigen Stadtjubiläum, das nehme ich mit. Aber wo ich es aufhänge, dass weiß ich auch noch nicht.


Sie haben Schmallenberg 30 Jahre begleitet. Wohin geht der Weg der nächsten Jahre?
Bis März hätte ich gesagt: Zweifelsohne positiv. Die Arbeitsplatzzunahme, immerhin über 40 Prozent seit 1990, wird weitergehen. Wir erleben eine Rückwanderung von Menschen aus den Ballungszentren in den ländlichen Raum.

Davon kommt einiges in Schmallenberg an. In Zeiten der globalen Corona-Pandemie halte ich jede Prognose für unseriös. Man muss von Tag zu Tag das Beste versuchen. Aber Schmallenberg hat eine gute Basis, wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht und investiert. Und wir werden die hohen Investitionssummen auch in kommenden Jahren weiter leisten.


Und jetzt, ihr Abschlusssatz als Bürgermeister?
Ich habe einen guten Platz im Leben gefunden.

Kurz und Knapp mit Bernhard Halbe

Skifahren oder Wandern?

Nicht das Skifahren (lacht).

Weltreise oder Urlaub zuhause?

Am liebsten Deutschland mit der Ente und dem Faltrad.

Bratkartoffeln oder Pasta?

Gnocchi und Spätzle (lacht). Ein Sauerländer isst und trinkt alles. Es gibt wenig, was nicht geht.