Meschede/Bestwig/Eslohe/Schmallenberg. Wolfgang Kubicki spricht vom Auftrag zu denunzieren: Corona-Verstöße können in Essen anonym online gemeldet werden. Das sagen die Ordnungsämter.
Den Nachbarn anschwärzen, wenn er in Pandemie-Zeiten eine wilde Party in seiner Wohnung feiert? Oder gleich die Kneipe um die Ecke beim Ordnungsamt melden, wenn man beobachtet hat, dass vielleicht doch der ein oder andere Abstand zwischen den Tischen zu knapp bemessen ist? Das kann man in der Stadt Essen seit dieser Woche bequem und anonym per Onlineformular erledigen. Noch ein Beweisfoto hochladen? Kein Problem, auch diese Funktion gibt es.
„Bürger werden zu Denunzianten gemacht“
Anlass genug für Vize-Bundestagspräsident und FDP-Mann Wolfgang Kubicki über seinen Facebook-Kanal scharfe Kritik an der der neuen Methode der Essener Verwaltung zu üben. „Die Tatsache, dass Bürgerinnen und Bürger jetzt im amtlichen Auftrag zu Denunzianten gemacht werden und Fotos aus dem öffentlichen Raum hochladen sollen, erinnert an schlimmste Zeiten“, schreibt Kubicki und ordnet das Onlineformular der Stadt Essen gleich in „chinesischen Verhältnisse“ ein.
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Dazu, ob und wie das Formular angenommen wird, liegen noch keine Informationen vor. Diese Zeitung hat die Debatte jedoch zum Anlass genommen, um bei den Ordnungsämtern in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg nachzufragen, wie häufig es hier auch ohne anonymes Onlineformular zu Beschwerden von Bürgern über Verstöße gegen die Corona-Regeln kommt.
Mehr Sensibilität im HSK
Auch wenn der Hochsauerlandkreis noch recht weit entfernt von einer bedrohlichen 7-Tage-Inzidenz ist, Stand 13. Oktober, 0 Uhr, liegt der Wert bei 14,2, mögliche Einschränkungen drohen erst ab einem Wert von 35, nimmt das Mescheder Ordnungsamt in den vergangenen drei Wochen mit steigenden Fallzahlen vermehrt Beschwerden wahr. „Man merkt, dass die Sensibilität der Bürgerinnen und Bürger größer wird“, bestätigt Stadtsprecherin Angelika Beuter und berichtet, dass Beschwerden von Bürgern vornehmlich den gewerblichen Bereich betreffen.
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„Es geht zum Beispiel darum, dass in Geschäften Masken nicht getragen werden, dass in Gaststätten die Mindestabstände der Tische nicht eingehalten werden“, nennt Beuter Beispiele für Beschwerden, die bislang von Meschedern bei der Verwaltung eingingen. „Das Ordnungsamt stattet dem betroffenen Betrieb dann einen Besuch ab, berät, was verändert werden muss.“ Nach wenigen Tagen kontrolliere das Ordnungsamt dann noch einmal, ob die Maßnahmen umgesetzt wurden. Nur in sehr wenigen Fällen komme es dann erneut zu Verstößen, die mit einem Bußgeldverfahren geahndet werden müssten. „Nach der ersten Kontrolle werden die Vorschriften fast immer eingehalten“, weiß die Stadtsprecherin, die auch für die Gemeinde Bestwig zuständig ist. Dort sei es bislang jedoch kaum zu Beschwerden gekommen. Weder im privaten, noch im gewerblichen Bereich.
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Überschaubar sind die Meldungen von Privatpersonen auch in der Stadt Schmallenberg. Bertold Vogt, Leiter des Schmallenberger Ordnungsamtes berichtet, dass zu Beginn der Pandemie etwa alle drei bis vier Wochen eingingen. In den letzten vier Monaten seien es insgesamt aber nur noch zwei oder drei Meldungen gewesen. „Es waren allgemein wenige Beschwerden und diese betrafen auch nie den privaten Bereich. Wenn, ging es um die Gastronomie oder den Einzelhandel“, so Vogt.
„Das kann man eigentlich nicht machen“
Auch in Eslohe sind die Beschwerden aus der Bevölkerung verschwindeng gering, wie Ordnungsamtsleiter Georg Sommer bestätigen kann. „Vereinzelt gingen Hinweise ein, dass Gewerbetreibende keinen Mundschutz getragen haben. Bei den Kontrollen solcher Meldungen konnten wir aber meist schon keine Verstöße mehr feststellen. Das waren dann Momentaufnahmen“, resümiert Sommer.
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Dass man in Essen nun auf ein Onlineformular zurückgreift, das man anonym ausfüllen und mit Beweisfotos bestücken kann, sieht Georg Sommer sehr kritisch. „Das kann man eigentlich nicht machen. Schon in der Ausbildung habe ich gelernt, dass man anonyme Beschwerden nicht beachtet. Außer natürlich, es geht um sehr sensible Themen, wie beispielsweise Missbrauch, wo sich Opfer vielleicht nicht anders zu helfen wissen“, sagt der Ordnungsamtleiter aus Eslohe. In seiner Gemeinde beobachtet er zwar, dass Bürgerinnen und Bürger sensibler gegenüber Corona werden, „sie bitten aber uns eher um Rat, als dass sie sich über Mitbürger beschweren.“