Ostwig. Sein erster Kaffee war Plörre aus einem Automaten. Jetzt röstet der Ostwiger Jörg Liese die Bohnen selbst. Und das hat seine guten Gründe.
Es rattert, es klackert und es dampft. Vor allem aber duftet es. Der Ostwiger Bäckermeister Jörg Liese röstet im Ladenlokal an der Hauptstraße jetzt seinen eigenen Kaffee. „Der Duft hat für mich etwas Magisches“, schwärmt er. Für ihn sei es wie ein Zauber, die Entwicklung der grünen Bohnen zu einer schwarzbraunen Aromabombe zu beobachten.
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Als Sohn einer Bäckerfamilie ist Liese zwar mit Kaffee groß geworden. Trotzdem habe er lange Zeit nichts für dieses Getränk übrig gehabt. Noch genau erinnert er sich an seine allererste Tasse. „Mit Genuss hatte die allerdings nichts zu tun“, sagt er. Es war das Jahr 1993. Damals musste Liese zu einer betriebswirtschaftlichen Vorlesung. Zu einer sehr langweiligen betriebswirtschaftlichen Vorlesung! Thema: Kostenstellenrechnung. „Der Vortrag des pensionierten Professors war so furchtbar und ich war sowieso schon so müde. Ohne Kaffee hätte ich das vermutlich nicht überlebt“, sagt Liese und lacht. Und so war der erste Kaffee in seinem Leben Plörre aus einem Automaten in einem Plastikbecher.
Eine andere Sicht auf die Dinge
Heute ist der Bäckermeister als Barista ein Kaffee-Profi und macht um derlei Automaten einen großen Bogen. Und mehr noch: Bei einem Besuch des Hochlandes von Guatemala mit dem Entwicklungshilfeverein Esperanza hat Jörg Liese auch die Arbeit auf den Kaffeeplantagen kennen gelernt und mit schmächtigen Kaffeebauern gesprochen, die auf 1800 Metern Höhe bei entsprechend wenig Sauerstoff und schwül-warmem Klima von Hand die Kaffeekirschen von den Pflanzen pflücken und mit 70 Kilo schweren Kiepen unterwegs sind, um ihr Leben und das ihrer nicht selten acht Kinder finanzieren zu können.
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„Da bekommt man eine ganz andere Sicht auf die Dinge“, sagt Liese. Um diesen Kaffeebauern zu helfen, schenkt der Ostwiger Bäckermeister bereits seit 1996 nur noch fair gehandelten Kaffee in seinem Café aus. Und konsequenter Weise röstet er nun auch hauptsächlich Kaffee der guatemaltekischen Kleinbauern.
Auf Entwicklung reagiert
Mit seiner eigenen Rösterei reagiert Liese auf die Entwicklung der vergangenen Jahre. Das Kaffee-Business wächst. „In anderen Regionen vielleicht schneller als bei uns im Sauerland“, sagt er. Aber auch hier sei der Trend inzwischen angekommen, hat er festgestellt und sich daher entschieden, in einen eigenen Röster zu investieren. Außerdem sei backen und rösten ja auch kein großer Unterschied, sagt er und schmunzelt - wohlweislich, dass das Kaffeerösten eine Wissenschaft für sich ist. Denn: Es ist keineswegs damit getan, oben die Bohnen hineinzuschütten und zu warten, dass sie unten fertig geröstet und duftend in einen Sammelbehälter fallen.
„Das Rösten ist ein traditionelles Handwerk und entscheidend für den Geschmack des Kaffees“, weiß Liese. Deswegen ist das Rösten im Café Liese auch ausschließlich Chefsache. Während die großen Röstereien die Bohnen in riesigen Mengen mit Heißluft rösten, weil es eben schnell gehen muss, nimmt sich Liese Zeit für das Trommelröstverfahren. Dabei werden die grünen und nach Heu riechenden Bohnen in die rotierende Trommel des Rösters gegeben.
Rund 210 Grad Hitze trocknet die restliche Feuchtigkeit aus den Bohnen heraus. Sie werden erst gelblich, dann bräunlich. Wenn nach knapp 15 Minuten der Druck in den Bohnen so groß wird, dass sie aufplatzen, ist für Liese der magische Moment gekommen: „Bei diesem so genannten First Crack entfaltet sich das gesamte Spektrum der Geschmacksvielfalt“, erklärt der Ostwiger.
Und er weiß: Ab diesem Moment kommt es auf jede Minute zu viel oder zu wenig an. In kurzer Zeit verändert sich die Farbe der Bohnen von hellbraun, über mittelbraun und dunkelbraun bis hin zu schwarzbraun. Ein wenig zu lang und die Bohnen sind verkohlt. Das gilt es zu verhindern.
Gewaltige Unterschiede
Dabei ist der Röstvorgang mehr als nur ein schlichtes „braun werden der Bohnen“. „Je länger ich röste, desto mehr Säure verlieren die Bohnen und desto bekömmlicher ist der Kaffee am Ende“, erklärt Liese. Allerdings sei ein gewisser Säureanteil durchaus erforderlich und erwünscht, damit der Kaffee einen Körper habe und letztlich rund schmecke. Und beim Geschmack gebe es gewaltige Unterschiede. „Wein setzt sich aus rund 400 verschiedenen Aromen zusammen, Kaffee aus mehr als 800“, weiß Jörg Liese.
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Der Geschmack des Kaffees hänge nicht nur davon ab, wie und wo er angebaut wurde, sondern vor allem eben auch von der Röstung und letztlich selbstverständlich von der Zubereitung. „Dunkel gerösteter Kaffee schmeckt zum Beispiel schokoladiger, weil durch die längere Röstung eine stärkere Karamellisierung stattfindet“, erklärt der Bäckermeister und Barista.
El Tukan und Black Panther
So hat die Sorte „El Tukan“ aus dem Hause Liese fruchtige Noten kombiniert mit Kakaobohne und Nussaroma zu bieten, während „Black Panther“ schokoladig, nussig, würzig und mit feinen Bitternoten versehen ist. Damit sei „El Tukan“ zum Beispiel besser für Cappuccino, Kaffee-Crema und Latte macchiato geeignet während „Black Panther“ speziell auf Espresso abgestimmt sei. Und weil der Kaffee am Ende nicht nur schmecken, sondern das Ganze auch recht schick sein soll, hat sich der Ostwiger entschieden, seinen „Glück-auf-Kaffee“ in eine schlichte schwarze Verpackung abzufüllen. Schließlich trinkt das Auge mit!