Meschede. Ein Mescheder Ehepaar hat die Johanneskirche gekauft. Die beiden verraten, was sie an dem Gotteshaus fasziniert hat und was sie jetzt planen.
Der schlichte, Bau mit den klaren Linien und den besonderen Fenstern an der Von-Westphalen-Straße hat Sandra Glados schon immer begeistert. „Ich bin hier in der Nähe aufgewachsen, habe die Marienschule besucht“, erzählt sie. Bis zuletzt feierten die Grundschulkinder in der evangelischen Johanneskirche ihre Gottesdienste, egal welcher Religion sie angehörten. Als Architektin schaue sie heute natürlich anders auf das Gebäude. Aber die Faszination ist geblieben.
Die Idee
2011 kehrte das Ehepaar Glados-Köster vom Rhein zurück ins Sauerland und ließ sich mit seiner Tochter in der Bauernsiedlung nieder. Das Interesse am Gebäude war immer noch da - und auch die Idee einer anderen Nutzung, umso mehr als sie hörten, dass sie zum Verkauf steht.
Mehr als vier Jahre, in denen in der Kirche der letzte Gottesdienst gefeiert wurde, in der sie entwidmet und ausgeräumt wurde, war das Paar der „ominöse Unbekannte“, der sich für den Kauf interessierte. „Wir standen immer in Kontakt mit Pastor Bäumer“ erzählt die Architektin. Im Juli nun wurde der Kaufvertrag unterschrieben.
Beide kommen vom Fach, Sandra Glados ist Architektin, Reimund Glados-Köster Bauingenieur. Angst vor den bautechnischen Herausforderungen haben sie nicht. „Die nehmen wir gern an.“ Man sehe sich so ein Gebäude mit Fachwissen sicherlich anders an, berichtet das Paar, „aber wir hatten sofort die Idee, dass es eine Ferienwohnung werden könnte.“
Beide sind viel gereist, erzählen sie, haben in unterschiedlichsten Häusern übernachtet, eine Kirche war nicht darunter. „Aber uns war klar: So eine ungewöhnliche Übernachtungsmöglichkeit, das könnte etwas sein, was Meschede noch fehlt.“ Die Stadt habe sich in den vergangenen Jahren so toll entwickelt mit Henneöffnung, Himmelstreppe und Henne-Boulevard. Warum sollte es nicht auch Menschen geben, die in einer Kirche übernachten wollen. „Hinzu kam, dass wir schon immer mit dem Gedanken gespielt haben, mal eine Ferienwohnung zu bauen.“
Die Planungen
Jetzt also die Johanneskirche. Da das Gebäude unter Denkmalschutz steht, darf es von außen nicht verändert werden, Turm und Fenster müssen erhalten bleiben. Doch das stand für das Paar sowieso außer Frage. Es steht in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde, die der Idee von Beginn an aufgeschlossen gegenüber gestanden habe. Aber auch im Innern bleibt das 230 Quadratmeter große Gotteshaus in seiner Trapezform erhalten, es bleiben der Schieferboden und die weißen Wände, selbst die Orgelempore und die Stufe zum Altar. Der Zugang erfolgt weiter über die wuchtige Eingangstür, die 1963 von Honsel gefertigt wurde. Der Umbau startet, sobald alle mündlichen Zusagen auch schriftlich vorliegen.
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„Die Kirche wird dann von innen energetisch gedämmt“, berichtet Reimund Glados-Köster. Auch alle Leitungen werden neu verlegt. „Was uns wichtig ist: Die Materialien entsprechen modernen ökologischen Standards.“ Die bunten Fenster erhalten eine Innenverglasung. Die neue Hybridheizung besteht aus einer Kombination aus Luft-Wärme-Pumpe und Photovoltaikanlage. In die Sakristei wird ein Bad eingebaut und der ehemalige Altarbereich wird zur Küche mit Esszimmer.
Damit in der Kirche - wie geplant - sechs Personen übernachten können, der Raum aber als solcher erhalten bleibt, hat sich das Paar für eine Kubus-Lösung, ein „Haus im Haus“ entschieden. Einer dieser Kuben steht später an der östlichen Wand der Kirche - zur Von-Westphalen-Straße - einer hoch auf der Orgelempore. Das Wohnzimmer liegt an der Westwand. Sandra Glados: „Es soll ein Haus werden, in dem man sich wohlfühlt.“
Die Gäste
Die Architektin kann sich viele Übernachtungsgäste vorstellen: „Fahrradfahrer auf dem Ruhrtalradweg, die nur eine Nacht bleiben, die Familie, die mit Kindern in Meschede wandern, radfahren und schwimmen will und natürlich auch alle, die sich für Architektur interessieren.“ Auch die evangelischen Gemeindemitglieder sind eingeladen, sich das Haus und die Planungen anzusehen, „sobald es die Corona-Bedingungen zulassen, werden wir das anbieten“, verspricht Sandra Glados und ist sicher, dass der Umbau auch für die Bauernsiedlung eine Bereicherung ist. „Das Ferienhaus passt ins Wohngebiet, hier kommt nichts rein, was laut ist. Es bleibe ein Ort der Besinnung. „Mit einem Buch kann ich hier im Licht der Farben weiterhin zur Ruhe kommen.“
>>>Hintergrund
Sandra Glados (45) ist in Meschede geboren und aufgewachsen.
Ihr Mann Reimund Köster (51) ist ebenfalls in der Kreisstadt geboren, wuchs aber in Gevelinghausen auf.
Sandra Glados studierte Architektur in Düsseldorf, ihr Mann Bauingenieurswesen in Detmold.
Mit Abschluss des Studiums arbeitete die Architektin erst in einem Krefelder Innenarchitekturbüro, später wechselte sie in ein Planungsbüro in Meschede. Ihr Mann arbeitete zunächst als Bauleiter bei verschiedenen Firmen, bevor er 1995 nach Meschede ging.
Das Paar ist verheiratet und hat eine Tochter.
Nach gemeinsamen Jahren in Düsseldorf entschied sich die Familie 2011 ganz ins Sauerland zurückzukehren, „als es darum ging, wo unsere Tochter aufwachsen sollte.“
Heute lebt die Familie in der Mescheder Bauernsiedlung, in direkter Nachbarschaft zur Johanneskirche.