Ramsbeck. Die Tücken des Denkmalschutzes: Ein Eigentümer muss für die Instandsetzung sorgen - auch bei einer Mauer. Ein Rentner in Ramsbeck zahlt dafür.
Andere würden dieses Geld investieren, um ihren Lebensabend zu genießen, um viel zu reisen zum Beispiel. Dieter Werder dagegen muss rund 40.000 Euro für eine Mauer ausgeben. Sie steht unter Denkmalschutz. Jetzt wird sie saniert. Dabei wurde eine Entdeckung gemacht, die wieder eine Lücke in der Geschichte von Ramsbeck schließt.
Der 81-Jährige wohnt oberhalb der 96 Meter langen Mauer an der Pfannenstraße am Ortsausgang von Ramsbeck.
Die fünf bis sechs Meter hohe Mauer markiert die Grundstücksgrenze. Bei seinem Hauskauf 2002 stand die Mauer bereits unter Denkmalschutz, daneben liegt auf öffentlichem Grund ein kleiner Park mitsamt Pochwerk, der an die Kinderarbeit im Ramsbecker Bergbau früher erinnert.
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Dieter Werder hielt sie nur für eine Stützmauer. Seit 2016 lässt sie ihn aber nicht mehr los: Denn da fing sie an zu bröckeln, ein Teilstück sackte ab. Eigentümer von Denkmälern aber sind verpflichtet, sie instand zu halten: „Du bist als Eigentümer immer dran“, sagt er. Fördergelder für den Denkmalschutz wurden gekürzt. Werder musste die Sorge haben, alles alleine bezahlen zu müssen – als Rentner.
Sorge vor Einsturz ausgeräumt
Die Mauer war seit dem Teileinbruch von der Gemeinde Bestwig abgesperrt worden. Werder hatte immer die Befürchtung, dass jemand verletzt werden könnte; etwa Kinder, die in dem Park spielten.
Diese Sorge vor einem Einsturz ist jetzt dauerhaft ausgeräumt. Die Mauer wird saniert, Ende August will das Schmallenberger Unternehmen Feldhaus Bergbau die Arbeiten beenden.
Inzwischen fließen, glücklicherweise für Dieter Werder, wieder Gelder. Rund 120.000 Euro kostet die Sanierung: 60.000 davon übernimmt das Land, 15.000 die Gemeinde Bestwig, 7500 der Landschaftsverband Westfalen-Lippe – den Rest muss Werder als Eigentümer aufbringen.
Ihr Geheimnis, warum sie gebaut wurde, gab die Mauer bei der Sanierung nicht preis – wurde sie schon als Stützmauer gegen den Hang angelegt? Historische Unterlagen fehlen. Sicher scheint inzwischen nur zu sein, dass die Mauer kein Überbleibsel der Fassade der ehemaligen Metallhütte ist. Auf dem heutigen Parkgelände war bis 1907 die Ramsbecker Metallhütte. In Öfen wurde hier das Bleierz vom Schwefel getrennt. Die giftigen Gase dabei mussten aus dem Valmetal durch einen 400 Meter langen Kanal abgeleitet werden, hin zu dem heute noch sichtbaren Rauchgaskamin am Bastenberg. 140 Höhenmeter wurden dabei überwunden.
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Per Zufall entdeckten die Bauarbeiter in der Mauer jetzt einen Hohlraum, der sich als Anschluss dieser Gasleitung von der damaligen Metallhütte erweist: „Wir haben das untere Ende gefunden“, sagt Dr.-Ing. Bettina Heine-Hippler, Referentin beim Landschaftsverband in Münster und Expertin für praktische Denkmalpflege.
Es ist der Beginn eines gemauerten Stollens mit Gewölbe – hergestellt aus gewölbten Ziegelsteinen aus Ramsbecker Produktion, handgeformt. Sie wurden erstmals gefunden. Am Boden des Stollens war eine mausgraue Schicht aus Bleikonzentrat und Asche abgelagert.
Bettina Heine-Hippler hat Verständnis für Dieter Werder: Beim Denkmalschutz denkt man an Häuser und Kirchen - aber an eine Mauer? „Eine Mauer zu erhalten gehört zu den schwierigsten Aufgaben eines Eigentümers“, sagt sie. Und: „Denkmalpflege kann nur mit dem Eigentümer funktionieren.“
Zusätzliche Attraktion für Besucher
Der Stollenbeginn in der Mauer wird jetzt so verschalt, dass er auch künftig zu sehen sein wird – darauf freut sich zum Beispiel Alfred Braun, Vorsitzender des Fördervereins Sauerländer Besucherbergwerk. Das wird eine weitere Attraktion für Gäste, die die Bergbaugeschichte Ramsbecks anschaulich macht. 50.000 Besucher hat das Bergwerk schließlich im Jahr, geschätzt 3000 bis 5000 Besucher kommen auf dem Bergbauwanderweg hinzu. Bettina Heine-Hippler spricht von einem weiteren „Ansatzpunkt, um Geschichte zu verstehen“. Dieter Werder nimmt dafür einen Kredit auf, damit das funktioniert.
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>>>HINTERGRUND<<<
Es gibt kaum Hinweise auf den Beginn des Hüttenwesens in Ramsbeck - vermutlich liegen sie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
1835 sind die Hüttengebäude verfallen, der gebürtige Neheimer Unternehmer Josef Cosack baut sie neu auf.
Zinkblende wird ab 1860 nach Dortmund gebracht, Blei und Kupfer werden in Ramsbeck geschmolzen.
Bis zur Fertigstellung der Oberen Ruhrtalbahn 1872 wird Zinkblende mit Pferdewagen zum Bahnhof Lippstadt gebracht.
Von 1897 bis 1952 fährt die Grubenbahn von Ramsbeck bis zum Bahnhof Bestwig.