Bad Fredeburg. Risse in der Hauswand, kaputte Fließen. Die Anwohner der Ortsumgehung L776n in Bad Fredeburg sind sauer. Was Straßen NRW zu den Schäden sagt.
Risse in der Hauswand, gesprungene Waschbecken, zerstörte Fließen. Die Faszination für die Größe der Baustelle ist für die Anlieger an der kommenden Bad Fredeburger Umgehungsstraße längst in Wut übergegangen. „Überall sind plötzlich Risse“, sagen sie. Inzwischen sei die Zahl der geschädigten Anwohner auf über 40 angestiegen: „Wir gehen davon aus, dass das mit den Sprengungen hier zusammenhängt.“ Die Baustelle bestimme fast schon den Lebensalltag an und um die eigenen vier Wände, sagen sie.
Seit Anfang Mai wurde dreimal wöchentlich gesprengt, um in dem massiven Schiefer-Gestein Platz für die Umgehungsstraße zu machen. „Wenn du im Garten saßest und plötzlich gesprengt wurde, fühlte es sich an, als würde eine Welle unter dir herrauschen. Alles wackelte“, sagt Holger Jäger, einer der Geschädigten - bei ihm sind die Fassadenrisse direkt neben der Haustür: „Die Kraft der Sprengung geht durch den ganzen Hang durch.“ Die Anwohner fordern jetzt Entschädigungen von Straßen NRW.
Gutachten vor den Sprengungen
Zum Glück seien Beweissicherungsgutachten vor den Sprengungen angefertigt worden, sagen die Anwohner. Ein Gutachter habe die Häuser rund um den Rohdauweg, Kapellenberg und abwärts vorher von außen inspiziert und Fotos gemacht.
Denn erste Beschwerden habe es schon bei den Testsprengungen im Frühjahr gegeben. Nahezu täglich steigerte sich die Zahl der geschädigten Anwohner, Ende Mai habe man sich dann zusammengetan: „Das können wir nicht auf uns sitzen lassen. Alleine kann man nichts ausrichten, aber vielleicht zusammen.“
Generell fühlen sich die Anwohner über die Sprengungen zu wenig informiert. Über das, was auf der Baustelle passiert, wann sie stattfinden und wie es weitergeht: „Und die Baustelle ist auch viel zu wenig gesichert. Am Wochenende kommen hier ganze Scharen und gucken sich das an. Auch für die Kinder ist das viel zu gefährlich, hier geht es sechs oder sieben Meter in die Tiefe.“
Gutachten dauern einige Wochen
Von den Schäden weiß Raimund Köster von Straßen NRW. Über die Sorgen der Anwohner ist er im Bilde. Deshalb sollen in den kommenden Wochen Gutachter die entstandenen Schäden in Augenschein nehmen, mit den Beweissicherungsgutachten abgleichen und dann festlegen, ob die Schäden durch die Sprengungen entstanden sind oder eben nicht: „Das Gutachten geben wir in Auftrag, das nimmt ein unabhängiger Gutachter für Sprengarbeiten vor - keiner von Straßen NRW.“
Während der Sprengungen seien immer drei bis fünf Messgeräte in direkter Umgebung der Baustelle und der Häuser platziert worden, um die Erschütterungen zu messen.
Die Sprengungen hätten aber alle unter den entsprechenden Vorschriften stattgefunden, Fachleute von Ordnungsamt und Arbeitsschutz hätten sich zuvor dazu beraten, sagt Köster: „Zum Teil lagen wir sogar deutlich unter dem erlaubten Wert.“
Kein ungewöhnliches Vorgehen
Er verstehe die subjektive Angst der Anwohner, das Spreng-Vorgehen sei aber in dieser Form nicht ungewöhnlich: „Ein Informationsaustausch mit den Anwohnern hat auch immer stattgefunden, wir haben uns auch vor Ort getroffen und darüber gesprochen.“
Ob die Schäden aber wirklich den Sprengungen zuzuordnen seien, das werde erst durch die Gutachten klar: „Und das kann jetzt einige Wochen in Anspruch nehmen. Alles andere ist spekulativ.“
Für die Anwohner heißt das: Warten. Zumindest die großen Sprengungen seien jetzt erst einmal vorbei, kleinere Sprengungen könnten durchaus noch vorkommen: „Es ist schon eine Belastung.“
Der aktuelle Stand der Baustelle:
Laut Straßen NRW kostet die knapp 2,5 Kilometer lange Ortsumgehung 17,5 Millionen Euro, die vom Land NRW getragen werden. Sechs Ingenieurbauwerke werden für die Umgehung neu gebaut.
Der Erdbau 1, der Forst- und Wanderwege betraf, sei inzwischen abgeschlossen, sagt Raimund Köster. Aktuell gehe es um den Bau der vier Brücken, die bis Herbst ebenso abgeschlossen sein sollen.
Erdbau 2, der den Abschnitt von der B511 bis zum Kreuzweg betrifft, soll im Frühjahr 2021 abgeschlossen sein.
Erdbau 3, der Anschluss bis zur bisherigen L776, soll noch in diesem Jahr ausgeschrieben werden, damit im Frühjahr 2021 damit gestartet werden kann.
„Wir sind im Zeitplan“, sagt Köster. Eine Prognose, wann das erste Auto über die L776n rollen könne, wolle er aber noch nicht abgeben: „Das ist auch immer von der Witterung und anderen Umständen abhängig und wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös.“