Meschede. Dana Keite war Missionarin auf Zeit in Brasilien, als die Corona-Pandemie ihre Pläne durchkreuzte. Die Rückkehr fiel ihr erstmal schwer.

Raus aus Meschede, rein ins Abenteuer Ausland hieß es am 13. August letzten Jahres für Dana Keite (20), nachdem sie ihr Abitur am Berufskolleg Bergkloster Bestwig bestanden hatte. Auf ihrem Plan stand ein zehnmonatiges Projekt als Missionarin auf Zeit in einem Jugendzentrum am Stadtrand von Leme in Brasilien. Dort werden Kinder aus sozial benachteiligten Familien zwischen sechs und zehn Jahren betreut. Dass nach sieben Monaten ihr Alltag plötzlich aus den Fugen gerissen wurde, damit hatte niemand gerechnet. Corona beendete ihren Aufenthalt, und brachte ihr eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Im Interview mit Druckreif erzählt die 20-Jährige über diese Zeit.

Wie entstand die Idee als Missionarin auf Zeit durchzustarten und mit welchen Erwartungen bist du abgereist?

Im Jahr vor dem Abitur habe ich eine Infoveranstaltung meiner Schule zu diesem Thema besucht und die Erfahrungen von Schülern, die selbst als Freiwillige im Ausland waren, haben mich überzeugt. Nach erfolgreichem Bewerbungsverfahren besuchte ich verschiedene Seminare zur Vorbereitung in Bestwig und Heiligenstadt. Dadurch kristallisierte sich immer mehr mein Interesse an Brasilien heraus und die Neugierde, dort im Jugendzentrum mit Kindern aus schwierigen sozialen Schichten zu arbeiten. Ich war allgemein sehr offen für alles, und ich wollte ein neues Land, die Kultur und neue Leute kennenlernen.

So bewirbt man sich

Zugangsvoraussetzungen für Missionare auf Zeit:

Alter: 18 und 27 Jahren, Zeitraum des Einsatzes: neun bis zwölf Monate

Erlernen der Sprache des jeweiligen Landes vor Reiseantritt

Ärztliche Bescheinigungen über körperliche und psychische Gesundheit

Nachweis über ein dreiwöchiges Praktikum im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit

Verpflichtende Teilnahme an Vor- und Nachbereitungsseminaren

Erstellen eines schriftlichen Zwischen- und Abschlussberichtes

Persönliche Stärken: Teamfähigkeit, Offenheit gegenüber einer fremden Kultur und Lebensweise, sowie positive Einstellung zum gelebten Glauben im Einsatzland

Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren und finanzielle Förderung durch das Programm Weltwärts unter https:// missionare-auf-Zeit.smmp.de

Bewerbungen um einen Platz al s Missionar oder Missionarin auf Zeit gehen an: maz@smmp.de oder MaZ-Team SMMP, Bergkloster 1,
59909 Bestwig

Wie war deine Tagesstruktur und welche Aufgaben hattest du im Jugendzentrum?

Nach dem Frühstück machten wir uns mit dem Fahrrad auf den Weg zum Jugendzentrum, wo wir um sieben Uhr mit unserer Arbeit begannen. Als erstes bereiteten wir für die Kinder eine Mahlzeit zu, die aus frischgepressten Orangensaft und Brot sowie gewärmten Essensspenden bestand. Um acht Uhr begann der Unterricht oder das Unterhaltungsprogramm durch die Lehrer und alle Freiwilligen. Wir lernten mit den Kindern Englisch, kochten, backten, tanzten und bastelten. Ein von uns initiiertes Projekt nannte sich „Aktion Zahnputzbecher“. Wir gestalteten aus Plastikflaschen einen Zahnputzbecher. Unser Ziel bestand darin zum einen, den Kindern die Wichtigkeit ihrer Zahngesundheit zu erklären und auf der anderen Seite, alte Plastikflaschen im Sinne des Umweltschutzes umzunutzen. Um 16.30 Uhr hatten wir Feierabend, den wir für sportliche Aktivitäten im Fitnessstudio und zum Tanzen nutzten.

Was hast du durch die Reise für dich persönlich gelernt, in wieweit hat sich deine Sichtweise verändert?

Ich bin gelassener geworden und kann Situationen besser auf mich zukommen lassen. Ich sehe ein, dass weniger Planbares auch positive Aspekte hat und man die Welt nicht verändern kann, sondern mit den Situationen wächst. Situationen, die mich bei Kindern damals aufgeregt haben, sehe ich jetzt sehr tolerant und familiäre Missstände schockieren mich weniger.

Auch interessant

Welchen Stellenwert haben Kinder aus Ländern wie Brasilien für dich und was würdest du dir für sie wünschen?

Die Kinder dort haben ihr Schicksal und umso mehr steht ihnen ein Recht auf Spaß zu. Diesen erleben sie im Jugendzentrum, wenn sie von zu Hause raus kommen. Leider liegt die Altersbeschränkung dort bei zehn Jahren. Die Schwestern hoffen, dass ihre Idee, ein neues Jugendzentrum für die 11- bis 18-Jährigen zu bauen, umgesetzt werden kann. Ich wünsche mir, dass dieser Ansatz wirklich zum Tragen kommt, denn gerade ab dieser Altersklasse und aufwärts steigt die Kriminalität. Für die Mütter wünsche ich mir, dass sie der Arbeit im Jugendzentrum mehr Offenheit zeigen und ihre Kinder zu uns schicken.

Auch interessant

Im März stellte Corona weltweit alles auf den Kopf und aus einer Ausreiseempfehlung wurde auch für euch eine Ausreisepflicht. Wie gestaltete sich das plötzliche Ende und welche Gefühle gingen damit einher?

Zuerst haben wir die Situation gar nicht so dramatisch eingeschätzt. Um uns herum waren alle gesund, warum sollten wir dann abreisen? Als es verpflichtend wurde, überschlugen sich organisatorische Dinge mit Beziehungsaspekten. Eine Umbuchung unseres geplanten Fluges war nicht möglich, eine Neubuchung musste her. Sang- und klanglos, ohne den Kindern Tschüss zu sagen, wollten wir nicht abreisen, also gingen wir von Haus zu Haus und übergaben ihnen unsere gebastelten Osternester. Am 22. März kamen wir am Düsseldorfer Flughafen an, wo uns unsere Eltern erwarteten. In Quarantäne begeben mussten wir uns nicht, das hatte meine Mutter im Vorfeld geklärt, aber für mich fühlten sich die ersten Tage zu Hause sehr unwirklich an. Ich wollte nicht hier sein, schon gar nicht immer wieder die Neuigkeiten in den Nachrichten zur Pandemie hören. Regelmäßig stand ich mit den Leuten aus Brasilien über Whats App im Kontakt, weil ich an der Zeit dort festhalten wollte.

Wirst du noch mal nach Brasilien zurückreisen, wenn sich die Pandemie gelegt hat und es wieder erlaubt ist?

Die Organisation Weltwärts und der Orden haben sich bereit erklärt, dass der Freiwilligendienst im vollen Umfang über zehn Monate wiederholt werden darf. Noch kann ich die gesamte Situation nicht einschätzen, weil ich mich auch um einen Studienplatz für Soziale Arbeit bewerben möchte. Ob ich genau an den Ort zurückkehren möchte, weiß ich auch nicht, weil es dann wahrscheinlich nicht mehr so wird, wie es war. Ich bin aber offen und möchte später eventuell noch ein anderes Land kennenlernen.