Meschede. Es ist ein intensives Jahr, die Zeit bei Theater Total. Die Meschederin Inga Tolksdorf berichtet davon, wie es war, bis Corona sie ausbremste.

Schauspiel, Tanz, Gesang und vieles mehr - das Projekt „Theater Total“ in Bochum. Inga Tolksdorf entschied sich nach dem Abitur ein Teil davon zu sein. Im Unterricht geht es nicht nur um Schauspielkünste, sondern auch um die ständige Arbeit an sich selbst. Mit ihrem Jahrgang bereitete sie das Stück „Ein Sommernachtstraum“ von Shakespeare vor, das eigentlich am 6. Mai in der Mescheder Stadthalle aufgeführt werden sollte, doch dann kam Corona. Die 18-jährige Meschederin erzählt von ihrem Jahr, bis das Virus sie ausbremste.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Was ist „Theater Total“? Was lernt man dort?

Inga Tolksdorf: Es handelt sich um ein Theaterprojekt, bei dem bis zu 30 junge Menschen im Alter von 16 bis 23 Jahren aus ganz Deutschland aufeinandertreffen. Der Unterricht findet in Bochum statt. Dort lernt man nicht nur Schauspiel, sondern auch Fechten, Bühnenkampf, Gesang, Tanz, Pressearbeit, Schneidern und auch Technik - also im Prinzip alles, was mit Schauspiel in Verbindung steht. Nebenbei lernt man aber auch viel über das eigene Körpergefühl und was unser Auftreten beim Gegenüber bewirkt. Das Projekt kann man mit einer Art „Lebensschule“ vergleichen, da es auf so viel vorbereitet.

Inga Tolksdorf  bei der Geisterpremiere von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“.
Inga Tolksdorf bei der Geisterpremiere von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“. © Theater Total

Die Meschederin  (links) bei der Tanz-Perfomance „Werden muss ich wohl allein“.
Die Meschederin (links) bei der Tanz-Perfomance „Werden muss ich wohl allein“. © Theater Total

Wie sieht das Leben im Theaterjahr aus? Für wen ist das geeignet?

Die Teilnehmer haben wenig Freizeit. Man beginnt morgens um 9 Uhr und um 13.15 Uhr gibt es Mittagessen. Häufig endet der Unterricht so um 22 Uhr, aber es gab auch schon Tage, an denen wir bis spät in die Nacht geprobt haben. Es ist sehr wichtig, dass man in einer Gruppe gut klarkommt. Man muss in diesem einen Jahr wirklich 100 Prozent geben. Für diejenigen, die nebenbei regelmäßig anderen Hobbys nachgehen wollen, wird es eher schwierig, schließlich ist man quasi 24 Stunden die Woche auf der Bühne. Das soziale Leben spielt sich daher eher im Theater ab, allerdings lernt man die Leute so besonders gut kennen.

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Wie verläuft die Bewerbungsphase? Wie stehen die Chancen?

Insgesamt gibt es mehr als 100 Bewerber, die zunächst eine schriftliche Bewerbung mit handgeschriebenem Lebenslauf und Anschreiben abgeben. Dazu zählt aber auch ein Fragebogen, bei dem ich persönlich mir sehr viele Gedanken gemacht habe, um kreative Antworten zu finden. Als nächstes wird man zum Kennenlernworkshop nach Bochum eingeladen, der an zwei Tagen läuft. Letztlich werden 30 Personen von den 100 Bewerbern angenommen.

Wie bist du auf „Theater Total“ aufmerksam geworden?

Vor ungefähr vier Jahren hat Linus Schläger, aus der Stufe meines Bruders, im „Wintermärchen“-Jahrgang 2015/16 von Shakespeare mitgespielt. Bei der Aufführung in Meschede haben wir uns damals als Gastfamilie für die Theatergruppe angeboten und seitdem haben wir das fast jedes Jahr wieder gemacht. Dadurch hatte ich sehr häufig Kontakt zu Schauspielern von „Theater Total“, so dass ich mich mit ihnen viel über das Projekt austauschen konnte und mein Interesse daran immer mehr gestiegen ist.

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Was ist das Tolle an dem Theaterprojekt?

Mir gefällt besonders gut, dass es so vielseitig ist, denn es gibt so viele verschiedene Arbeitsbereiche, in denen wir etwas lernen. Es ist für jeden etwas dabei. Wenn man weniger Lust auf Tanz hat, freut man sich beispielsweise umso mehr auf Technik. Insgesamt sind die Leute dort auch einfach mega cool, ganz egal wie anstrengend es ist. Durch die enge Zusammenarbeit entstehen schon nach kurzer Zeit ziemlich gute Freundschaften, so dass man täglich mit Leuten arbeitet, die man gern hat.

Damit alles klappt, wird intensiv geprobt.
Damit alles klappt, wird intensiv geprobt. © Volker Beushausen

Gibt es besondere Herausforderungen?

Die Tage, an denen wir schon mal bis 2 Uhr nachts immer dieselbe Stelle proben, weil sie einfach nicht klappt, sind schon sehr anstrengend. Da man nur wenig schläft, sinkt die Lust mehr und mehr. Wenn man jeden Tag unter Beobachtung steht, und darauf geachtet wird, wie man sich bewegt, verhält oder, ob man „den richtigen Untertext denkt“, ist das natürlich eine große Herausforderung. Jeder hat dazu noch an persönlichen Sachen zu arbeiten, egal ob es der Gang, die Stimme oder die Betonung ist.

Hast du nach dem Projekt vor, eine Karriere beim Theater zu beginnen?

Ich persönlich habe das gar nicht vor, das war mir auch schon von vorneherein klar. Aber es gibt definitiv viele, die das anstreben, schließlich wird man in diesem Jahr gut vorbereitet, um letztlich am Theater eine Karriere zu beginnen. Nach dem Abitur wusste ich noch nicht genau, was ich machen will, daher habe ich mich dazu entschlossen, erstmal coole Erfahrungen zu sammeln. Das ist bei „Theater Total“ der Fall und noch dazu lerne ich sehr viel fürs Leben.

>>>HINTERGRUND

Durch die Corona-Zeit war die Gruppe ausgebremst.

Es reichte für das gesamte Ensemble nur zu einer Geister-Premiere, die auch auf Video aufgenommen wurde und am 27. März ausgestrahlt wurde.

Ein Teil probte das Stück weiter. Premiere mit dem halbierten Ensemble ist jetzt am Freitag, 26. Juni, um 19.30 Uhr in Bochum.

Eine Tournee wird es nicht geben, auch keine Aufführung in Meschede, die eigentlich für den 6. Mai geplant war, aber einige weitere Aufführungen in Bochum. Alle Infos zu Karten und Zeiten unter theatertotal.de

Außerdem startet im kommenden Herbst ein neuer Jahrgang Theater Total. Wer sich für das Projekt interessiert, kann sich bis zum 25. Juni bewerben. Die Infos dazu findet man auch auf www.theatertotal.

Jeder Bewerber wird zu einem zweitägigen Kennenlern-Workshop mit Schauspielübungen, Improvisationen und Tanz eingeladen.