Meschede. Mädchen werden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Meschede in Baracken unterrichtet. So sah damals ihr Alltag aus.

In unserer Reihe „Schulen in Meschede nach dem 2. Weltkrieg“ zitieren wir aus einem Wettbewerbsbeitrag der Klasse 8a des Städtischen Gymnasiums aus dem Jahr 2000.

Das fiktive Tagebuch ist auf der Grundlage intensiven Archivstudiums und vieler Gespräche mit Zeitzeugen entstanden. Heute werfen wir mit Hilfe der Tagebucheinträge der 14-jährigen Hilde einen Blick auf die Situation der Mädchenmittelschule.

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10. Mai 1945

Endlich ist der Krieg vorbei! Ich erkenne unsere Stadt kaum wieder, über 80 Prozent der Häuser sind bei den Bombenangriffen am 19. und 25.2. zerstört worden, unter anderem auch unsere Schule. Ich heiße Hilde, bin 14 Jahre alt und habe zuletzt die 8. Klasse besucht. Mutter hat uns heute gesagt, dass unser Vater vielleicht nie wieder nach Hause kommen wird. Ich kümmere mich viel um meine kleine Schwester Margot, sie weint oft und kann abends nicht einschlafen.

18. Februar 1946

Heute war ich zum ersten Mal wieder in der Schule. Eine Schule kann man das allerdings nicht nennen, da wir in den alten Baracken in der Juliusruh direkt unter der Staumauer der Hennetalsperre untergebracht sind. Die Armen Schulschwestern haben die Schule wieder übernommen und sie sind alle sehr nett. Unsere Direktorin hat uns aufgefordert, Brennholz mit in die Schule zu bringen, um die Räume heizen zu können. Wir müssen zu dritt oder zu viert in einer Schulbank sitzen. Wenn es zu kalt ist, fällt der Unterricht aus. Neulich, als es regnete, mussten wir mit Schirmen und Mänteln im Klassenraum sitzen.

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4. November 1946

Im Handarbeitsunterricht lernen wir seit heute das Flicken und Ausbessern von Kleidung und das Stricken. Neue Kleidung gibt es nicht zu kaufen und wir könnten sie uns auch nicht leisten. Viele von uns müssen alte Sachen tragen, einige ziehen gefärbte Uniformen an, viele haben keine Strümpfe. In der Pause habe ich beobachtet, wie ein Mädchen Kleidung aus einem Rucksack gestohlen hat. Wir haben zwar auch nichts Gescheites zum Anziehen, aber ich würde nie klauen!

13. Mai 1947

Auch an unserer Schule gibt es die Schulspeisung. Obwohl wir nicht anspruchsvoll sind, schmeckt es uns meistens überhaupt nicht, deswegen geben wir sie den Ratten, die hinter den Baracken leben. Die schwächeren Schülerinnen bekommen mehr Schulspeise als die stärkeren. Viel bringt das allerdings nicht, das sieht man an den Ergebnissen der monatlichen Wiegungen im Walburga-Krankenhaus.

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1. Oktober 1947

Der Winter steht bevor, und obwohl Schwester Winfrieda vor einigen Wochen den Antrag auf ein neues Schulgebäude gestellt hat, werden wir auch diesen Winter in den heruntergekommenen Baracken verbringen müssen. Hoffentlich gibt es wenigstens genug Brennholz!

31. Mai 1949

Meine letzte Eintragung ist eine erfreuliche: Heute hatten wir eine große Feier anlässlich der Grundsteinlegung für unser neues Schulgebäude. Wir müssen zwar in den nächsten Monaten beim Steineklopfen helfen, aber die Vorfreude auf die neue Schule, die wir im nächsten Jahr beziehen können, macht die Mühen erträglich.

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