Grafschaft. Die erste Corona-Welle hat das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft gemeistert. Ein Dank geht an die Mitarbeiter und ein Appell an die Patienten.

Es sei eine Zeit der enormen Anspannung gewesen, sagt Dr. Dominic Dellweg, Chefarzt der Pneumologie am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft. Der Ausbruch der Corona-Pandemie habe das Krankenhaus vor enorme Herausforderungen gestellt. „Ein gewisser Respekt“, so Dellweg, sei immer vorhanden gewesen. Jetzt, wo die Zahl der Corona-Infizierten stetig abebbt und sich die Lage im Schmallenberger Land deutlich beruhigt hat, zieht Dellweg ein erstes Fazit - ein positives: „Die ganze Mannschaft hier im Krankenhaus ist mit der Situation sehr professionell umgegangen.“

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Die Vorbereitung auf die Infektionswelle sei intensiv gewesen - insbesondere, weil zahlreiche Schutzartikel nicht verfügbar gewesen seien: „Wenn man dann von den Todesfällen und den Situationen in anderen Ländern hört, bekommt man natürlich Respekt.“ Er selbst, als Chefarzt im Bereich der Lungenerkrankungen, habe dabei versucht, ein Vorbild zu sein: „Seit dem 13. März war ich sieben Tage die Woche im Krankenhaus, um quasi voranzugehen in dieser Zeit.“ Die Schlaflabortechnik sei umgerüstet worden, Monitore bereitgestellt, um schnelle Lösungen zu finden und allen Patienten, besonders den Intensiv-Patienten, gerecht zu werden: „Das hat wirklich toll funktioniert. Da muss ich allen Mitarbeitern ein Kompliment aussprechen.“

Dramatische Lage in Italien und Spanien

Glücklicherweise habe sich die Lage in Deutschland, insbesondere im Hochsauerlandkreis, nicht so rasant und dramatisch wie beispielsweise in Italien oder Spanien entwickelt, sagt Dellweg: „Ich war mit Kollegen aus den Regionen in Kontakt. Die waren absolut am Limit.“ Die Anzahl der Erkrankten im Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft sei gut zu bewerkstelligen gewesen: „Wir hatten genug Kapazitäten, genug Intensivbetten.“ Auch wenn das gesamte Krankenhaus, die Stationen an sich umstrukturiert werden mussten, um Isolationsstationen zu schaffen.

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18 Intensivbetten habe es in der Akutphase gegeben, für weitere 22 wäre Platz gewesen. „Wir hätten zu jeder Zeit mehr Patienten behandeln können“, so Dellweg. Die zwischenzeitliche Belegung habe bei 30 Prozent gelegen, weil OP- und Behandlungstermine von Nicht-akut-Patienten verschoben wurden. „Das ganze ist natürlich auch ein wirtschaftlicher Faktor“, sagt Geschäftsführer Stefan Schumann: „Wir haben jetzt eine Belegungsschwäche, sind bei knapp 60 Prozent. Normalerweise haben wir da 85 Prozent.“ Für die Kureinrichtung, die geschlossen worden sei, gebe es eben keinen staatlichen Rettungsschirm. „Wir können und wollen die Leute nicht in Kurzarbeit schicken, sondern wollen ein zuverlässiger Partner sein.“

Hoffen auf Finanzhilfen

Schumann hoffe jetzt auch auf finanzielle Hilfen, um etwaige Verluste auszugleichen: „Wir sind jetzt wieder im Normalbetrieb, aber viele Bürger haben nun Angst, ins Krankenhaus oder zum Arzt zu gehen, weil sie glauben, sich dort mit dem Corona-Virus anstecken zu können.“ Das sei ein gefährlicher Trugschluss, so Dellweg. Er appellierte, bei Problemen und Symptomen unbedingt einen Arzt aufzusuchen: „Ansonsten kann sich das zu lebensbedrohlichen Erkrankungen entwickeln, die aber problemlos behandelbar wären.“

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Wie es weitergehe, ob es möglicherweise eine zweite Corona-Welle gebe, sei nicht absehbar: „Die Variablen kann keiner überblicken.“ Das Klima könne einen Einfluss haben, möglicherweise werde das Virus durch Wärme und Trockenheit abgetötet. Es werde auf einen Impfstoff ankommen, denn: Von einer Durchseuchung der Gesellschaft spreche man bei 70 Prozent, aktuell liege die Zahl bei 1 bis 1,5 Prozent. Dellweg: „Um das zu erreichen, sprechen wir von Jahrzehnten.“

Positiv habe sich die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt herausgestellt, Schlüsse habe man einige gezogen. Unter anderem die Vorratshaltung von Schutzmaterialien: „Für eine nächste Infektionswelle werden wir auf jeden Fall gerüstet sein.“ Abläufe würden im Nachhinein nochmals durchleuchtet, alles nochmals nachvollzogen: „Aber das fand hier schon sehr reibungslos statt. Wir wissen, dass wir uns hier auf jeden verlassen können.“

https://www.wp.de/staedte/meschede-und-umland/grafschafter-starten-bewegende-aktion-fuer-pflegekraefte-id228744655.html

>>>HINTERGRUND

Insgesamt wurden 43 Coronafälle seit dem 25. März im Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft behandelt.

Mitte April zur Zeit der höchsten Erkranktenzahlen lagen zeitweilig bis zu 16 Coronafälle gleichzeitig in dem Haus.

Von Anfang bis Ende April wurden immer bis zu sechs Corona Patienten auf der Intensivstation versorgt.