Grafschaft. Grafschafter Fachkrankenhaus spürt Auswirkungen des Coronavirus - Besucher stehlen Desinfektionsmittel. Vorkehrungen für mögliche Fälle getroffen
Das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft spürt die Auswirkungen des Coronavirus in der Region - und hat Vorkehrungen für mögliche Fälle getroffen. Geschäftsführer Stefan Schumann, der Chefarzt und Ärztliche Direktor Dr. Peter Haidl sowie PD Dr. Dominic Dellweg (Chefarzt Pneumologie I, Intensivmedizin, Frührehabilitation, Schlafmedizin) ordnen die aktuelle Situation im Interview ein.
Welche Auswirkungen des Coronavirus spüren Sie am Fachkrankenhaus in Grafschaft?
Stefan Schumann: Zunächst möchte ich betonen, dass es hier Stand Freitagmorgen keinen bestätigten Fall gibt! Auswirkungen spüren wir natürlich dennoch - auch wenn sie vergleichsweise gering sind.
Auch interessant
Wir beobachten, dass einige Male Desinfektionsmittel aus den aufgestellten Spendern gestohlen wurde. Die Angst lähmt die Menschen. Es gibt auch Situationen, in denen Menschen in unser Krankenhaus kommen und fragen, ob wir ihnen Desinfektionsmittel verkaufen. Das machen wir nicht. Bei unseren Patienten beobachten wir keine stark zunehmende Besorgtheit. Unser Personal ist sehr gut geschult und geht mit der Situation professionell und besonnen um.
Es gab zwei Quarantäne-Fälle in Schmallenberg, jetzt einen dritten. Viele Menschen brechen in Panik aus - Desinfektionsmittel sind ausverkauft, die Menschen legen sich Vorräte an. Können Sie die aktuelle Situation einordnen? Gibt es einen Grund für diese Panik?
Dr. Peter Haidl: Nein. Es gibt keinen Grund zur Panik. Dennoch sollte man mit dieser Situation ernsthaft umgehen. Zur Einordnung ist wichtig, dass man die Zahl der Erkrankten betrachtet und die der Quarantäne-Fälle. Bei Influenza gibt es ein kürzeres Isolierungsintervall von zwei bis drei Tagen, also rund ein Drittel der Zeit, die es bei einem Coronaverdacht ist.
Auch interessant
80.000 Influenza-Fälle gibt es in diesem Winter in Deutschland, 15 stationäre Fälle haben wir bei uns in diesem Jahr gehabt, was nicht unüblich ist. Zum Vergleich: Etwas mehr als 500 Menschen sind in Deutschland mit Corona infiziert, einige davon auch erkrankt. Die Gefahr sich mit Influenza anzustecken ist um ein Hundertfaches wahrscheinlicher, als sich mit Corona zu infizieren.
Woher kommt dann diese Panik?
Dr. Dominic Dellweg: Das liegt sicherlich auch daran, dass man das Virus nicht kannte. Man wusste zunächst nicht, wie schnell es sich verbreitet und wie gefährlich es nach einer Infektion ist. Jetzt weiß man: Es ist auf ähnliche Weise ansteckend wie Influenza.
Auch interessant
Für valide Zahlen zur Gefährlichkeit musste man aber die Entwicklungen abwarten - und auch da gibt es Unterschiede von Land zu Land. Am Anfang lag die Sterblichkeitsrate in China bei circa 3 Prozent, in Italien bei 3,8 Prozent. In Deutschland gibt es bisher keine Todesfälle. Für Influenza liegt die Rate bei 0,1 bis 0,5 Prozent je nach Saison.
Warum ist die Sterblichkeitsrate so unterschiedlich? Und wie ist die Situation in Deutschland?
Dr. Dominic Dellweg: Hier gibt es eine geringe Dunkelziffer - es gibt etwas mehr als 500 Fälle, aber keinen Todesfall. In anderen Fällen liegt die Rate höher, weil dort dort weniger gut gescreent wird.. Das bedeutet, dass in diesen Ländern nur kranke Patienten mit Symptomen auffallen, es aber eine hohe Dunkelziffer an Virusträgern gibt, die nicht bekannt sind.
Wie gehen Sie an Ihrem Krankenhaus mit der Situation um?
Stefan Schumann: Wie gesagt: Die Mitarbeiter handeln besonnen. Wir haben mehrere Informationsveranstaltungen abgehalten - zentral aber auch für einzelne Abteilungen. Sie wurden noch einmal zusätzlich im Hygiene-Bereich geschult.
Auch interessant
Dort sind wir aber unabhängig von der aktuellen Situation gut aufgestellt - unter anderem beschäftigen wir am Krankenhaus zwei Hygienebeauftragte.
Was passiert, wenn jemand mit Symptomen vorstellig wird?
Dr. Peter Haidl: Der Umgang mit dem Patienten hängt auch davon ab, ob er aus einem Risikogebiet stammt. Deutschland gehört nicht dazu. Kommt ein Patient mit den typischen Symptomen wird er zunächst in einen Isolationsraum gebracht, wo dann auch ein Arztgespräch stattfindet. Dort werden dann verschiedene Dinge abgefragt, wie der Kontakt zu bestätigten Fällen. Gibt es einen Verdachtsfall melden wir diesen an das Gesundheitsamt. Gegebenenfalls wird der Patient dann zunächst bei uns stationär in einem der sechs Isolationszimmer untergebracht. Der Umgang unterscheidet sich generell nicht von einem Influenzaverdacht.
Dr. Dominic Dellweg: Wir handeln hier nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts. Generell sind wir hier in Grafschaft gut gerüstet, um Infektionsfälle zu behandeln.