Meschede/Hochsauerlandkreis. Anja Menne leitet den Corona-Krisenstab des Hochsauerlandkreises in Meschede. Auch dort ist die Entspannung offenbar spürbarer geworden.
Seit März kümmert sich der Krisenstab im Mescheder Kreishaus um die Eindämmung des Coronavirus im Hochsauerlandkreis. Anja Menne ist Leiterin des Krisenstabes. Sie berichtet über die tägliche Arbeit – und sieht Zeichen der Entspannung.
Auf Corona schon vorbereitet
Gibt es ein Drehbuch für den Ausbruch einer Epidemie? Wurde ein Fall wie Corona schon geprobt?
Grundsätzlich sollte ein Krisenstab bei einer Großeinsatz- oder Katastrophenlage einberufen werden. Im Bereich der Tierseuchen haben wir das schon geprobt, Stichwort Schweinepest. Im humanmedizinischen Bereich gab es diese Probe noch nicht. Wir üben allerdings jedes Jahr ein- bis zweimal mit dem Krisenstab und der Einsatzleitung zusammen: Deshalb waren wir auf einen Fall wie Corona auch schon vorbereitet. Der Krisenstab ist mehr für die administrativ-organisatorischen Fragen zuständig, die Einsatzleitung erledigt die taktisch-operativen Dinge, zum Beispiel bei Hochwasser, sehr großen Waldbrände, Flugzeugabstürzen. Bei Corona haben wir darauf verzichtet, die Einsatzleitung einzuberufen, weil darin vor allem die Feuerwehr eingebunden ist.
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„Ein wenig im normalen Fahrwasser“
Verhält sich das Virus nach Drehbuch?
Normal ist bei einer Krise, dass es anfangs sehr viel zu tun gibt – bei Hochwasser oder einem Waldbrand handelt man unter enormen Zeitdruck und muss schnell Entscheidungen treffen. Das war mit Corona ein bisschen anders: Hier mussten nach und nach einzelne Entscheidungen getroffen werden. Inzwischen ist die Arbeit ein wenig im normalen Fahrwasser. Anfangs kam der Krisenstab zweimal am Tag zusammen, jetzt nur noch alle zwei Tage.
Was war die größte Herausforderung?
Sicherlich das Fallmanagement im Gesundheitsamt: Wenn jemand Corona-positiv getestet wird, müssen die Kontakte ermittelt werden. Außerdem wird derjenige regelmäßig angerufen und nach seinem Gesundheitszustand befragt. Das hat das Gesundheitsamt am Anfang sehr beschäftigt. Das wird vom Krisenstab begleitet. Und wir haben uns darauf vorbereitet, wenn in Pflegeeinrichtungen das Coronavirus um sich greift. Im Moment ist diese Lage entspannt, wir haben das gut im Griff. Aber im Rheinland zum Beispiel hat es schon Einrichtungen gegeben, die evakuiert werden mussten. Auf so etwas müssen wir auch vorbereitet sein.
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„Man kann im Moment vorsichtig optimistisch sein“
Entscheiden Sie im Krisenstab? Oder gibt es Abstimmungen?
Im Krisenstab sind alle Fachdienste und Fachbereiche sowie Behörden beteiligt, die irgendwie mit Corona zu tun haben – Gesundheitsamt, Bevölkerungsschutz, Soziales, Recht und Ordnung, Schulen, die Polizei, der Kreisbrandmeister, die Hilfsorganisationen. Eine Sitzung beginnt mit einem Lagebericht des Gesundheitsamtes, dann werden die Lageberichte der Bezirksregierung, der Nachbarkommunen und unserer Städte und Gemeinden besprochen. Alle anderen im Krisenstab haben Gelegenheit, diese Berichte zu ergänzen. Dann kommen wir in die Diskussion, welche Aufträge bereits erledigt sind, welche fortgeschrieben oder vielleicht auch verändert werden, welche neuen Aufträge hinzukommen. Die Beschlüsse werden immer einvernehmlich getroffen.
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Wie ist Ihre Einschätzung zu den Zahlen der Corona-Betroffenen im Hochsauerlandkreis?
Wir sind anfangs erst etwas im oberen Durchschnitt gewesen, inzwischen stagnieren oder sinken die Zahlen sogar. Man kann im Moment vorsichtig optimistisch sein. Wir konnten jetzt zum Beispiel sogar die Kollegen vom Gesundheitsamt mal übers Wochenende nach Hause schicken oder ihnen die Gelegenheit geben, Überstunden abzubauen. Im Moment haben wir die Situation gut im Griff. Durch die Lockerung der Maßnahmen könnten die Zahlen aber auch wieder ansteigen.
Skifahrer und ihre Kontaktpersonen brachten das Virus hierher
In Ihrer Analyse: Wie ist Corona hierhergekommen?
Eindeutig durch die Skifahrer und deren Kontaktpersonen. Die sind ermittelt worden und davon ist auch der ein oder andere krank geworden, der wiederum andere angesteckt hat. Letztlich war das alles auf Winterurlauber zurückzuführen. Als das dann abebbte, kamen die ersten Fälle in Pflegeeinrichtungen. Die können auch mit dem Wintersport zu tun haben, wir wissen es aber nicht. Durch das Gesundheitsamt sind die Kontaktpersonen sehr schnell ermittelt worden, so dass wir rasch entsprechende hygienische Maßnahmen umsetzen konnten. Dadurch, dass diese auch eingehalten wurden, konnte das Virus eingedämmt werden.
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Wenn Corona vorbei ist, was macht man künftig anders? Müsste vorsorglich mehr Schutzausrüstung vorhanden sein?
Grundsätzlich ist jeder, der Schutzausrüstung braucht, selber gefordert, sich zu versorgen. Rettungsdienst, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen müssen normalerweise immer einen kleinen Vorrat haben. Aber der reicht natürlich in solchen außergewöhnlichen Situationen nicht aus. Wenn man sich darauf vorbereiten will, muss viel Geld in die Hand genommen werden – es müssten zum Beispiel Lagerkapazitäten entstehen und die Ablaufdaten der Schutzausrüstung regelmäßig überprüft werden. Klar wäre es schön, so ein Lager zu haben, wenn ein Fall wie Corona eintritt. Das ist eine Frage der Abwägung.
„Das Virus irgendwie managen“
Wann ist für Sie ein Ende der Coronakrise absehbar?
Wenn das Management so weiterlaufen kann wie im Moment, dann ist die Coronakrise ganz gut zu bewältigen. Wie lange das dauert, darüber sind die Experten ja unsicher. Wahrscheinlich wird sich die Lage erst wirklich entspannen, wenn ein Impfstoff verfügbar ist. Bis dahin wird man dieses Virus irgendwie managen müssen. Im Moment gelingt das ganz gut bei uns im Hochsauerlandkreis.
>>>HINTERGRUND<<<
Anja Menne leitet im Alltag den Fachbereich Ordnung, Umwelt und Gesundheit der Kreisverwaltung. Dazu gehören auch die Fachdienste Gesundheitsamt und Rettungsdienst/Feuer- und Katastrophenschutz, die in der Coronakrise besonders beteiligt sind.
Der Krisenstab trat am Freitag, 13. März, erstmals zusammen: „Ich bin nicht abergläubisch, aber das werde ich nicht vergessen“, sagt Anja Menne.
Die erste Sitzung konnte sie noch mitmachen, dann kam sie selbst zwei Wochen in Quarantäne, erkrankte jedoch nicht: Als Mitglied der Verwaltungsleitung war sie als Kontaktperson von Kreisdirektor Dr. Drathen nach dessen Urlaub in Ischgl/Österreich eingestuft worden.
Für zwei Wochen übernahm dann Andreas Schäfer, der Leiter des Fachdienstes Rettungsdienst/Feuer- und Katastrophenschutz.