Freienohl. Vor dem Amtsgericht Meschede geht es um Psycho-Terror in Freienohl. Dabei kommt auch Ortsklatsch zur Sprache. Die Vorwürfe sind brisant.
Wenn sich diese Vorwürfe vor Gericht bestätigen lassen, dann grenzt das in Summe an Psycho-Terror, was ein 45 Jahre alter Mann aus Freienohl da erlebt. Räuberische Erpressung, Nötigung, Beleidigung und gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr werden einem 34-jährigen Freienohler vorgeworfen. Dabei wird auch viel Ortsklatsch bekannt.
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Eine Dashcam wird eine wichtige Rolle spielen. Das Amtsgericht Meschede hat das Verfahren wegen der dahinter steckenden Vorwürfe hochgestuft: Vom ursprünglichen einfachen Strafprozess nun zur Verhandlung vor dem höheren Schöffengericht - mit einer dann möglichen höheren Strafe. Der 45 Jahre alte ehemalige Polizist hatte erst spät Strafanzeige gestellt. Ein Fehler: Denn das legte der 34-Jährige womöglich als Freibrief aus, um offenbar gefahrlos immer bedrohlicher werden zu können.
Garage als Rattengrube
Es beginnt 2017, als der Kläger vom Vater des Angeklagten eine von dessen Garagen in Freienohl mietet. Die erweist sich buchstäblich als Rattengrube: Ratten zerbeißen ihm die Kabel einer teuren Kaffeemaschine, die der 45-Jährige dort kurz lagert. Vorher soll ihm der Vater zugesichert haben, die baufällige Garage zu sanieren. Es passiert aber nichts. Unterm Strich will der 45-Jährige die Garage nur sieben Tage genutzt haben. 50 Euro Miete im Monat sollen ausgemacht gewesen sein. Einen Mietvertrag gibt es nicht. Nach dem Ratten-Zwischenfall verzichtet er auf die Garage, die Schlüssel lässt er – in Absprache mit dem Vater – einfach stecken.
Jetzt mischt sich der Sohn ein. Er verlangt ausstehende Miete, seiner Berechnung nach 680 Euro – aus der Luft gegriffen, findet der 45-Jährige. Er will eine Rechnung und eine Kontonummer. Der 34-Jährige will Bargeld, es soll nichts versteuert werden, behauptet der 45-Jährige vor Gericht. Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Er lässt seinen Verteidiger eine schriftliche Erklärung verlesen, Rückfragen werde er nicht beantworten: Der 45-Jährige sei ihm aus dem Weg gegangen, „um keine Miete zu zahlen“.
Faust gegen die Oberlippe
„Zu keinem Zeitpunkt habe er den Mann genötigt“, liest Verteidiger Thorsten Hönnscheidt (Dortmund) vor. Nicht? Im März 2018 zieht der 45-Jährige an der Volksbank in Freienohl Geld. Der Angeklagte trifft ihn dabei: Bei der Gelegenheit solle er ihm auch gleich sein Geld holen, „um Ärger zu vermeiden“. Der 45-Jährige sagt, „die Summe stimmt nicht“, darauf drückt ihm, so die Anklage, der Jüngere seine Faust gegen die Oberlippe. Schriftlich will er ihm die Forderungen nicht geben. Stattdessen: „Du bekommst nichts schriftlich. Du bekommst eine aufs Maul!“ Beim zweiten Mal soll der Mann zur Wohnung des 45-Jährigen gekommen sein: Auch dort droht und beleidigt er.
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Der 45-Jährige geht immer noch nicht zur Polizei: Er wollte als Jäger möglichen Ärger mit Behörden vermeiden, sagt er. Im Juni 2018 fährt der 45-Jährige mit dem Auto über die Bahnhofstraße. Der 34-Jährige soll ihm entgegen gekommen sein und ohne Grund die Spur gewechselt haben: „Er fuhr voll auf meine Straßenseite.“ Er weicht knapp über einen Teil des Gehwegs aus. Danach legt er sich eine kleine Kamera fürs Auto zu, eine so genannte Dashcam. Die filmt den zweiten Vorfall im Juli: Wieder fährt der 45-Jährige auf die Seite des 34-Jährigen herüber, wieder muss er auf den Bürgersteig ausweichen. Diesmal sitzt seine dreijährige Tochter mit im Auto.
Als das Fass überläuft
Das Fass zum Überlaufen bringt der dritte Vorfall im August. Wieder ein bedrohliches Wechseln auf die andere Seite – aber diesmal soll der 34-Jährige direkt neben dem Auto des 45-Jährigen angehalten haben: Er spuckt dem Älteren durch die offene Scheibe direkt ins Gesicht in die Augen. Jetzt zeigt der 45-Jährige den Mann an. Jedes Mal will er den Fahrer als den 34-jährigen Anklagten erkannt haben. Als ehemaliger Polizist sei er schließlich darin geübt. Und: „Das Zufahren auf mich war wie eine Drohung – dass er mich jederzeit von der Straße schieben könnte!“ Der Angeklagte lässt über seinen Anwalt erklären, er habe sein Auto häufig an Mitglieder seiner Familie verliehen.
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Der 45-Jährige hat versucht, die Familie des 34-Jährigen schlichtend einzuschalten: „Sie ist in Freienohl bekannt.“ Dem Bruder des Angeklagten schickt er Nachrichten. Der antwortet nur: Er könne da nichts machen – der Bruder „geht sofort hoch auf 500!“ Er solle lieber das Geld bezahlen. Der 34-Jährige sei als aggressiv bekannt, behauptet der 45-Jährige – auch das sei in Freienohl bekannt: Einmal soll er sich einen Hahn zugelegt haben, der ihn dann gebissen habe – woraufhin der 34-Jährige den Hahn totgetreten hätte. Der Prozess geht weiter. Nächstes Mal sollen die Dashcam-Filme angeschaut werden.
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Die Verteidigung versucht, das Finanzverhalten des 45-Jährigen als fragwürdig darzustellen: Der räumt ein, dass er bei der Bezahlung von Rechnungen an die Spedition des Bruders des Angeklagten mit 161 Tagen in Verzug gewesen sei.
Das wiederum sei eine Reaktion auf den Vater des Angeklagten gewesen, sagt der 45-Jährige: Der habe bei ihm eine Eiswürfelmaschine gekauft, sie dann aber nicht bezahlt und kaputt an ihn zurückgegeben – „auf der einen Seite will die Familie Geld, auf der anderen Seite kaufen sie aber ein und bezahlen nicht.“
Dieses Finanzverhalten sei in Freienohl bekannt: „Die Zahlungsmoral ist bei denen gleich Null“, so der Vorwurf, Handwerker etwa würden gar nicht mehr für sie arbeiten.