Meschede/Eslohe/Bad Fredeburg. Geburtsvorbereitung per Videochat, Einzeltermine und Clips zur Rückbildung. Die Hebammen in der Region müssen in der Corona-Krise kreativ werden.

Hebammen gehen neue Wege, um Schwangere während der Coronakrise auf die Geburt vorzubereiten. Die ersten Praxen bieten Kurse per Videochat an. „Das ist schon gewöhnungsbedürftig, aber die Frauen – gerade die Erstgebärenden – sind dankbar, dass wir zumindest auf diesem Weg eine Vorbereitung ermöglichen“, sagt Hebamme Nadine Rüther von der Hebammenpraxis am Mescheder Krankenhaus. Das sei natürlich nicht das Gleiche wie ein klassischer Geburtsvorbereitungskurs – „aber wir machen das Beste aus der Situation.

So pragmatisch sehen und handhaben es auch die Sauerland Hebammen Maya Wiese und Kristina Link aus Meschede. Allerdings bedauern es beide, dass den Frauen der Austausch untereinander fehlt. Kristina Link: „Die ersten Gespräche beginnen ja schon beim Schuheausziehen im Flur. Dann werden WhatsApp-Gruppen gebildet und der Kontakt bleibt oft lange, sogar bis zur gemeinsamen Krabbelgruppe, bestehen.“ Dass dieser Austausch unter Gleichgesinnten – gerade in dieser schwierigen Zeit – nun fehle, sei sehr schade, so die Sauerland Hebammen. Maya Wiese: „Es hilft schon sehr, wenn man weiß, man ist mit seinen Sorgen nicht allein.“

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Wichtige finanzielle Grundlage

Ob sich diese persönlichen Kontakte auch weiterentwickeln, wenn sich die Frauen nur virtuell treffen, ist noch offen. Die ersten Online-Kurse sind nun gestartet. Auch die Hebammen selbst sammeln derzeit ihre Erfahrungen mit diesem neuen Weg der Geburtsvorbereitung. Live-Kurse können über die Krankenkassen abgerechnet werden. „Da gibt es jetzt zum Glück eine Regelung“, erklärt Nadine Rüther. Denn ohne diese Kurse, fehlt auch den Hebammen eine wichtige finanzielle Grundlage. Dazu zählt auch die Rückbildungsgymnastik nach der Geburt, die die Hebammenpraxis am Mescheder Krankenhaus jetzt ebenfalls online anbietet. Die Sauerland-Hebammen haben Clips gedreht, die sie jetzt wochenweise für die Frauen freischalten.

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Während sich unter anderem auch die Hebammenpraxis Bad Fredeburg für diesen Weg entschieden hat, scheut Hebamme Janet Küper von der Praxis Lichtblicke in der Mescheder Waldstraße das Online-Format. „Dafür bin ich einfach nicht der Typ“, sagt sie. Und weiter: „Ich glaube auch nicht, dass ein solches Angebot die gleiche Qualität hat.“ Teamarbeit sei nicht möglich, der persönliche Kontakt fehle und auch der Datenschutz sei ein schwieriges Thema. Je nach politischer Entscheidung, möchte Janet Küper werdenden Müttern – gerne auch zusammen mit den Partnern – dann anbieten, sie in Einzelgesprächen auf die Geburt vorzubereiten. „Dann geht es um die wesentlichen Themen wie Atemübungen, das Wochenbett usw.“

Esloher Hebammen bieten Einzeltermine an

Auch die Esloher Hebammenpraxis hat sich gegen Online-Kurse entschieden: „Das passt irgendwie nicht zu unserem Berufsbild“, sagt Hebamme Tina Feldmann mit einem Schmunzeln. Um die werdenden Eltern auf die Geburt vorzubereiten, bietet sie Einzeltermine an. Als Ersatz für die Rückbildungsgymnastik besuchen Tina Feldmann und ihre Kolleginnen die Frauen länger im Wochenbett und zeigen ihnen die Übungen. „Wir haben im Moment fast mehr zu tun als früher“, ergänzt Tina Feldmann. Viele Frauen kämen zur Vorsorge jetzt lieber in die Hebammenpraxis anstatt im Wartezimmer des Gynäkologen zu sitzen. Einige Frauen seien verunsichert und suchten Rat bei den Hebammen.

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Außerdem würden jetzt immer mehr Frauen ambulant im Krankenhaus entbinden, um die Klinik schon wenige Stunden nach der Geburt zu verlassen, da auch die Partner vom Besuchsverbot in den Krankenhäusern betroffen sind. Feldmann: „Wir unterstützen die Frauen dann sobald sie aus dem Krankenhaus kommen und betreuen Mutter und Neugeborenes engmaschig zu Hause.“

Auch die Nachsorge hat sich verändert

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Jedoch habe sich durch die Coronakrise auch die Nachsorge stark verändert. Die meisten Hebammen orientieren sich beispielsweise an den Richtlinien des Deutschen Hebammenverbandes, da es vom Gesundheitsamt des Kreises bislang keine Anweisungen gegeben hat. Der Hausbesuch soll demnach mit Schutzkleidung erfolgen und auf eine Dauer von 15 Minuten beschränkt werden. Die Dokumentation soll im Auto erfolgen, die Kleidung nach jedem Besuch komplett gewechselt und auf 60 Grad gewaschen werden. Maya Wiese: „Das schränkt unsere Arbeit schon sehr ein. Gerade die ersten Besuche nach der Geburt dauern oft länger als eine Stunde. Die Frauen haben Fragen und wir schauen nicht auf die Uhr.“

>>> Weitere Informationen:

- Zum Schutz vor COVID-19 sind derzeit in den umliegenden Kliniken (Hüsten, Brilon, Attendorn, Bad Berleburg, Lennestadt) keine Besucher erlaubt. Zum Ausnahmen gibt es bei Angehörigen von Patienten der Palliativ- und Intensivstation sowie bei einer Begleitperson während der Geburt.

- Besuche von Mutter und Kind auf der Wochenstation sind aktuell jedoch nicht erlaubt.

- Im Fall eines Kaiserschnitts ist im OP in den meisten Kliniken keine Begleitung möglich.

- Bei Einsetzen der Geburt wird um telefonische Kontaktaufnahme gebeten. Die Kreißsäle seien vorbereitet und betreuen am Coronavirus erkrankte Schwangere.

- Im Falle einer Corona-Infektion muss die Gebärende bei der Geburt einen Mundschutz tragen. Das ärztliche und pflegerische Personal trägt dann die komplette Schutzausrüstung. Eine Begleitung ist dann im Kreißsaal in einigen Häusern nicht möglich.

- Laut Berufsverband der Frauenärzte sind Schwangere durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) nicht gefährdeter als die allgemeine Bevölkerung.

- Zur Frage, welche Auswirkungen das Coronavirus auf das Baby hat, wenn bei der Mutter eine Infektion diagnostiziert wird, heißt es: „Da es sich um ein sehr neues Virus handelt, fangen wir gerade erst an, etwas darüber zu lernen. Es gibt keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass das Virus während der Schwangerschaft auf das Baby übertragen werden kann.“