Meschede. Die Pesa-Züge im Sauerlandnetz der Bahn sorgen weiter für Probleme. Im Mescheder Kreishaus hagelt es Kritik. Die Fahrgastzahlen gehen zurück.

Es wird einfach nicht besser mit den Pesa-Zügen auf den Bahnstrecken. Im Gegenteil: Die Ausbesserungsarbeiten beim polnischen Hersteller über den Winter haben nur neue Probleme hervorgebracht. Die Pesa-Züge müssen demnach zu einer weiteren Überholung nach Polen. Im Mescheder Kreishaus hagelte es Kritik.

Pünktlichkeit „nicht zufriedenstellend“, Ausfallquote „grottig schlecht“

„Wenn Sie mit einem Pesa-Zug fahren, wissen Sie nicht, ob Sie damit tatsächlich ankommen“, sagte Thomas Ressel, Leiter der Abteilung Planung beim Nahverkehr Westfalen-Lippe in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Struktur und Tourismus des Hochsauerlandkreises in Meschede.

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Sein NWL hat einen regulär bis zum Jahr 2028 geltenden Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn: Die Bahn muss demnach die Beförderung der Fahrgäste sicherstellen - eigentlich mit den Pesa-Zügen. Ressel nennt die bislang erbrachten Leistungen „ein unrühmliches Kapitel“: Die Pünktlichkeit sei „nicht zufriedenstellend“, die Ausfallquote „grottig schlecht“. Pesa schramme „haarscharf an der Insolvenz vorbei“ und „lebe nur vom Geld der Deutschen Bahn“: „Da ist ein Partner zwangsbeatmet worden.“

Wie jetzt bekannt wird: Die so genannte „Rollkur“ der Pesa-Züge über den Herbst und Winter hinweg hat keine Lösung gebracht. Nach den massiven technischen Problemen mit den Pesa-Zügen im letzten Jahr, seien die Züge zur Aufbereitung zurück nach Polen gegangen – das war die von Bahn und Pesa angekündigte so genannte „Rollkur“. Wie Ressel jetzt sagt: „Wenn das eine Problem gelöst ist, kommt das nächste“ – Züge, die in der Zwischenzeit in Polen waren, mussten demnach erneut zurück ins Herstellerwerk, um die nächsten Probleme zu beseitigen. „Unterm Strich laufen die Fahrzeuge nicht wirklich besser“, so Ressel.

So gelingt die Verkehrswende nicht

Im Sauerlandnetz müssen deshalb wieder gebrauchte Ersatzfahrzeuge eingesetzt werden – obwohl der Zugverkehr doch moderner werden sollte: „Das ist unerträglich.“ Die Kreisverwaltung des HSK spricht von „altersbedingten Mängeln“, die sich auf Komfort und den Fahrplan auswirkten: Sie nennt beispielhaft den 23. Februar, als im östlichen Abschnitt der Oberen Ruhrtalbahn mehrere Stunden Fahrten ausfielen, weil ein alter Zug versagte. Zumal: Nicht jeder Lokführer hat für jeden Fahrzeugtyp und für jede Strecke automatisch auch eine Fahrberechtigung – deshalb fallen Fahrten auch aus.

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Das hat unmittelbare Folgen: Auf den Strecken RE 17 und RE 57 gingen in den Jahren 2016 bis 2018 400.000 Fahrgäste verloren – obwohl eigentlich mehr Menschen auf die Bahn umsteigen sollen. Die Einnahmen stagnieren derzeit, in der Prognose geht Ressel von sinkenden Einnahmen aus. Der Spielraum, um zum Beispiel günstigere Tickets anbieten zu können, sinkt damit ebenfalls. Der NWL kann wiederum die Bahn finanziell abstrafen, wenn sie ihre Leistungen aus dem Verkehrsvertrag nicht erfüllt: Das ist der Fall, wenn Züge gar nicht fahren, unpünktlich sind, zu wenige Wagen eingesetzt werden – oder eben kein Pesa-Modell verwendet wird.

„Ein totes Pferd“

Jetzt wird juristisch geprüft, was machbar ist, kündigte Ressel an. Der NWL hat intern eine eigene Taskforce eingesetzt, um nach Lösungen zu suchen – bis hin zu der Frage, wie Bahnreisende schneller an ihre Erstattungsformulare kommen, wenn ihr Zug nicht fahre oder verspätet sei.

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Seine bildhafte Umschreibung vom Verhältnis zu Pesa: „Wir sind in der Wüste mit einem Pferd, was tot ist, und schleppen den Sattel mit. Wir haben die ganze Zeit versucht, das Pferd noch zu tränken und zu füttern. Wir konnten nur noch nicht feststellen: Ist das Pferd wirklich tot? Das müssen Juristen klären. So eine Situation hatten wir noch nie.“ Der NWL ist bereits bundesweit auf der Suche nach möglichen Ersatzfahrzeugen, die im Sauerlandnetz alternativ zum Einsatz kommen könnten.

Auch Dr. Klaus Drathen, Kreisdirektor des Hochsauerlandkreises, spricht von einem „Bild des Elends“. Ihn erreichen die Probleme über viele andere Stellen, sagte er: Über den Tourismus kämen Beschwerden von Bahnreisenden an, selbst ein Arbeitskreis zum Ruhrtalradweg kritisiere Zugausfälle auf der Strecke zwischen Dortmund und Winterberg. Kritik von der CDU kam unter anderem auf, weil die Bahn offenbar bei ihrer europaweiten Ausschreibung nicht die Leistungsfähigkeit von Pesa ausreichend geprüft habe.