Meschede. Meditation, Achtsamkeit, Stille und Ruhe - das finden Menschen in der Abtei Königsmünster in Meschede. Sie kommen aus ganz Deutschland hierher.

Zur Ruhe kommen, mit sich ins Reine kommen – diese Angebote bestehen in der Abtei Königsmünster. Pater Jonas Wiemann verrät im Interview, wie man auch fürs neue Jahr neue Kraft schöpfen kann.

Der Anker im Alltag

Merken Sie ein gestiegenes Interesse an den Themen Zeit-Management, Stille, Achtsamkeit und Meditation bei sich im Kloster?

Wir haben hier im Haus der Stille längere Kurse, außerdem bieten wir jede Woche in unserem Gastbereich dienstags einen Meditationsabend und einmal im Monat einen ganzen Samstag dazu an. Die Anfrage ist sehr gestiegen. Die Leute kommen aus dem Bonner Raum, aus dem Ruhrgebiet zu uns, gar nicht nur aus Meschede und der Umgebung. Sie sagen ganz oft: Das ist der Anker in meinem Alltag geworden.

Haben Sie eine Erklärung für diese Nachfrage?

Unsere Welt wird immer schneller und die Eindrücke prasseln nur so auf uns ein. Das hält uns rund um die Uhr auf Trab. Wir merken aber langsam, dass unsere Psyche dafür nicht geschaffen ist und wir Räume der Stille, der Auszeit und des Runterkommens brauchen.

Pater Jonas Wiemann am Haus der Stille, im Hintergrund die Abteikirche.
Pater Jonas Wiemann am Haus der Stille, im Hintergrund die Abteikirche. © Jürgen Kortmann

Bei der Meditation konzentriere ich mich nur auf den Atem und auf einen Sinn. Da merkt man plötzlich, wie gut uns das tut und wie erholsam es ist, mal unplugged zu sein. Ich glaube, dass es in unserer Gesellschaft ein Interesse nach Spiritualität gibt, wie es das selten gab. Menschen heute suchen die Erfahrung Gottes, die Erfahrung der Transzendenz. Das finden sie auf einem meditativen oder kontemplativen Weg. Man möchte erfahren, dass es etwas Größeres gibt.

Die Architektur bringt einen zum Schweigen

Wer kommt zu Ihnen?

Menschen aus einem ganz normalen Alltag, die keinen großen religiösen Hintergrund haben. Uns ist auf dem Klosterberg der interreligiöse Dialog wichtig. Hier werden Sie auch Menschen mit einem buddhistischen Hintergrund finden. Da guckt man gar nicht drauf. Wir üben zusammen und schauen auf das, was uns verbindet – und nicht auf das, was uns trennt. Hier im Haus der Stille bringt einen die Architektur zum Schweigen. Ich sage oft zur Begrüßung: „Dieses Haus ist so, dass Sie zum Grunde gehen – aber hoffentlich nicht zugrunde!“ In Gesprächen geht es aber auch darum, wie man seinen Alltag hinbekommt mit all seinen Ansprüchen.

Oh, wie schafft man das? Verraten Sie Ihr Patentrezept?

(lacht) Ich glaube, es gibt kein Patentrezept. Aber ich glaube tatsächlich, Ihr ganzes Leben wird sich verändern, wenn Sie eine Form der Stille oder der kurzen Meditation in Ihr Leben einbauen! Probieren Sie es aus, den Kopf frei zu bekommen und sich auf den Atem zu konzentrieren: Zehn Minuten am Tag – und es passiert etwas Positives mit Ihnen! Dadurch ist nicht alles anders, aber es wird alles ein Stück geordneter. Wir kennen das alle: Wir liegen morgens im Bett und es stürzt innerlich alles auf uns ein, was uns heute und in den nächsten Tagen erwartet. Wir denken, dass schaffst du sowieso nicht alles. Wenn ich aber meditiere, dann relativiert sich vieles. Dann merke ich: Da hast du mal wieder aus einer Mücke einen Elefanten gemacht.

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Die Wolken sollen weiterziehen

Dann sitzt die Gelassenheit in Person vor mir?

(lacht) Nein! Ziel der Meditation ist ja nicht, dass keine Gedanken mehr kommen. Es kommen 1000 Gedanken, völlig ungeordnet. Ich verzweifle auch manchmal: Es kommen und kommen Gedanken.

Ein ganz besonderer Raum, um zur Ruhe zu kommen: Die Kapelle im Haus der Stille.
Ein ganz besonderer Raum, um zur Ruhe zu kommen: Die Kapelle im Haus der Stille. © Jürgen Kortmann

Da kommt der letzte Mist, nur um zu denken. Dann denke ich, du machst jetzt Meditation seit 32 Jahren und trotzdem kommen Gedanken. Dann denke ich an dieses Bild: Ich bin der Berg -- und die Gedanken sind wie Wolken. Wolken werden immer ziehen. Das Ziel in der Meditation soll sein, dass die Wolken diesen Berg nicht einnebeln – sondern weiterziehen. Manchmal gelingt das ein bisschen. Aber manchmal denkt man: Meine Güte. Und ist schon wieder am Denken. So ist der Mensch.

Ihr Tipp zum Jahreswechsel, wenn doch Wolken aufziehen könnten?

Ich garantiere Ihnen, dass sich Ihr ganzes Leben ändern wird, wenn Sie zehn Minuten Stille am Tag halten werden. Ich finde das Bild von einem Teppich mit Fransen schön: Wenn Sie an einer Franse ziehen, dann bewegt sich der ganze Teppich. So ist das mit unserem ganzen Leben. Wir müssen uns nicht die Riesendinge zum neuen Jahr vornehmen, sondern einfach sagen, ich ändere mal einen Punkt. Zehn Minuten Stille und Meditation – und ich verspreche, der gesamte Lebensteppich wird sich bewegen. Wenn ich das konsequent mache!

Achtsamkeit in der Natur

Achtsamkeit ist neu aufgekommen. Was verbinden Sie damit?

Achtsamkeit ist der Inhalt der Meditation. In der Meditation geht es darum, sich auf den Atem achtsam zu konzentrieren und alle Gedanken loszulassen. Diese Achtsamkeit kann ich dann auch im Alltag üben: Mich auf eine Sache zu konzentrieren. Beispielsweise in die Natur zu gehen und dort einfach nur die Schöpfung wahrzunehmen – und eben nicht nur in den Wald zu rennen und dabei in 1000 Gedanken zu versinken. Dabei gilt wie in der Meditation: Einfach ganz hier zu sein!

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Heute müssen wir in der Natur aber unbedingt eine Fitnessuhr haben oder unsere Schritte zählen…

…oder wir haben Ohrstöpsel drin und hören Musik. Das ist der falsche Weg. Wir nehmen die Natur in ihrer Schönheit gar nicht wahr. Was ich im Arnsberger Wald faszinierend finde: Da gibt es ja ganz einsame Ecken, wo man die Stille hören kann! Das bekomme ich nicht mit, wenn ich Musik auf den Ohren habe oder die ganze Zeit auf mein Handy starre, weil da jemand was posten könnte. Meditation und Achtsamkeit hat immer etwas mit Loslassen zu tun. Das ist heute dringend notwendig, wo wir von allen Seiten bedrängt werden. Loslassen tut mir gut.

„Das ist das Original hier“

Es gibt einen Markt für Meditation, Stille, Achtsamkeit?

Ja! Was mir dabei wichtig ist: Dieser Markt sollte von denen, die das anbieten, auch von ihrem Leben gedeckt sein. Es gibt zum Beispiel eine Homepage „Urlaub im Kloster“: Da gibt es viele Adressen, wo Sie meditieren und achtsam sein können. Wenn Sie genau hinschauen, dann stellen Sie fest: Das sind gar keine Klöster mehr, sondern nur noch die Gebäude, wo irgendwer etwas anbietet. Deshalb ist es mir wichtig, dass auch zu leben. Bei uns merken die Menschen, dass sie im Haus der Stille sind, dass sie sich ins Stundengebet der Mönche einklinken können. Das ist das Original hier.

>>>HINTERGRUND<<<

Pater Jonas Wiemann ist 50 Jahre alt. Im Jahr 2000 trat er der Gemeinschaft der Benediktiner in Meschede bei. Er war zunächst Seelsorger in der Veramed-Klinik, danach zehn Jahre als Novizenmeister für die Ausbildung der jungen Brüder am Klosterberg zuständig. Seit zwei Jahren gehört er zum Leitungsbereich des Gastbereichs und ist vor allem für das Haus der Stille zuständig. Dort hat er den leisesten Arbeitsplatz im ganzen Kloster: „Diese Architektur fährt herunter. Es kommt alles ans Licht.“

Wer die Meditation kennen lernen möchte: Einmal im Monat findet im Kloster als Einstieg ein Tag für Ungeübte statt, mit einer Einführung durch Pater Jonas. Infos unter www.koenigsmuenster.de oder 0291/2995321. Dazu verlosen wir zwei Plätze.

Geübte können zum Meditationstreff dienstags kommen. Es findet jeweils von 19.30 bis 21 Uhr statt.

>>>VERLOSUNG<<<

Wir verlosen zwei Plätze für den Gewinner in einem Meditations-Seminar der Abtei Königsmünster.
Wer mitmachen möchte, schickt eine Mail mit Namen und Adresse an gewinnspiel-meschede@westfalenpost.de, Betreff: Abtei

Einsendeschluss ist am Montag, 30. Dezember, 11 Uhr.